Die Visionen von Tarot
Flut aus dem Sand freikam. Doch ehe die Schaluppe folgen konnte, drehte sich der Wind und hielt sie in der Bucht zurück. John Murray konnte nicht weiter. Auf dem Schiff gab es nichts zu essen; daher ging er von Bord, um sich etwas zu besorgen. Er ging durch einen Waldstreifen an der Küste und gelangte zu einer recht ansehnlichen Kirche, die ganz einsam in dem dichten Wald stand. Erstaunt fragte er im nächsten Haus danach und erfuhr, daß ein ungebildeter Bauer die Kirche auf eigene Kosten Gott als Dank für seinen Erfolg errichtet hatte. Die Baptisten hatten sich darum beworben, die Kirche nutzen zu dürfen, aber der Mann hatte ihnen gesagt: ‚Wenn ihr mir beweisen könnt, daß der Allmächtige Gott ein Baptist ist, dann könnt ihr sie haben.’ Das gleiche sagte er zu anderen Gläubigen, denn er wollte, daß dort alle Menschen gleich willkommen wären. Nun wartete er nur noch auf einen Prediger, der der gleichen Ansicht war – und er sagte, Gott habe ihm mitgeteilt, John Murray sei dieser Mann. John protestierte in seinem Kummer dagegen und sagte, er sei kein Prediger, da er weder die Ausbildung noch die Neigung dazu besäße. Er wolle nur weiter nach Norden in Richtung New York ziehen, um dem Kapitän die Schaluppe zurückzubringen, sobald der Wind wieder günstig stehe. ‚Der Wind’, informierte ihn der Mann, ‚wird sich nicht drehen, Sir, bis Ihr uns nicht in diesem Haus dort eine Botschaft von Gott überbracht habt.’
John kämpfte dagegen an, unwillig, sich einem so augenscheinlichen Zufall zu überlassen, und wollte nur die notwendigen Dinge für die Matrosen seiner Schaluppe kaufen. Der Mann gab ihm reichlich und weigerte sich, Geld dafür entgegenzunehmen, während er ihn in der anderen Sache weiter drängte. Und als die Tage in jener Woche verstrichen und der Sonntag näherrückte, hatte sich der Wind immer noch nicht gedreht. Schließlich, am Samstagnachmittag, gab John nach, bereitete aber für den nächsten Tag keinen Text vor.
Wenn Gott wirklich wollte, daß er hier predigte, würde er ihm auch die Worte eingeben. Am Sonntagmorgen strömten die Leute aus einem Umkreis von zwanzig Meilen herbei und füllten die Kirche, und John Murray stand vor ihnen und predigte die Botschaft der universalen Erlösung; daß jedes menschliche Wesen gerettet werde und niemand zu ewigem Leid verdammt sei. Mit einer solchen Predigt bewegte er sich in jener Zeit hart am Rand der Ketzerei, aber er rührte seine Gemeinde zutiefst. John Murray hatte sein Ziel gefunden. Als er geendet hatte, drehte sich der Wind, und er brachte die Schaluppe nach New York. Aber sogleich kehrte er zurück, und diese Kirche wurde zu der seinen, seine Heimat in der Neuen Welt. Andere verfolgten ihn, wollten seine Meinung unterdrücken, denn sie glaubten, nur einer ausgewählten Minderheit werde die Erlösung zuteil – aber er war klug, indem er seine Sache der religiösen Freiheit durch die Gerichte erstritt und sicherte: genau jene Freiheit, die Amerika so groß gemacht hatte. Der Wind hatte ihn gegen ihn selber geleitet und an sein Ziel gebracht. Und dieses Ziel war bedeutsam für die Menschheit.“
Die Universalistin sah Bruder Paul an. „Nun will ich, ebensowenig wie mein geschätzter Kollege, dich zu irgendeiner Handlung treiben“, sagte sie. „Aber es scheint, daß die Qualität von Animationen bislang unbekannt geblieben ist und von daher nicht als gut oder böse bezeichnet werden konnte. Auf ähnliche Weise kann auch das Ziel Gottes zuzeiten im Detail verschwommen erscheinen, so daß niemand im voraus um den richtigen Weg wissen kann. Bist du sicher, daß es richtig ist, diese Küste zu verlassen, ohne den Rang der Erscheinung zu sichern, wenn du auch persönliche Vorurteile haben magst? Aus welcher Richtung bläst der Wind in deinem Leben?“
Plötzlich fühlte sich Bruder Paul kalt. „Du meinst … ich soll in die Animation zurückgehen?“
„Nein!“ schrie Pastor Runford. „Höre nicht auf die Schmeicheleien des Satans! Ein Mann im Schock, ein Kind verloren, die Mission gescheitert – weil es Jehovas Wille war, daß sie scheitere. Animation ist der Fluch des Bösen!“
Das verlorene Kind. Wie sollte es jemals seinen Weg hinaus aus diesem Bilderdschungel finden? Wie sollte er jemals wieder leben können, wenn man es nicht fand?
„Aber wir haben abgestimmt!“ rief ein anderer. Nach einem Moment der Konzentration erkannte ihn Bruder Paul als Malcolm von der Islamischen Nation, der sich plötzlich von einem
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