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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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mageren Ressourcen des Planeten Tarot bei einer solchen nostalgischen Vorstellung vergeudet?
    Aber als er darüber nachdachte, begann er es schon besser zu begreifen. Auch er kannte nostalgische Gefühle. Es war schön, die reibungslose, technozentrierte Vergangenheit wiederzusehen, wenn auch nur kurz, wenn auch nur als Attrappe. Es war so viele Jahre her, seit er zum letzten Mal in einem Flugzeug gesessen hatte – und das war lange nicht so groß und fein gewesen wie dieses hier. Warum sollte er sich nicht einfach entspannen und die Show genießen?
    Sie beendeten ihre Mahlzeit. Leicht verärgert bemerkte er, daß Carolyn viel zurückließ. Er konnte Vergeudung nicht leiden. Die Stewardeß räumte die Tabletts fort.
    Nun flogen sie hoch über den Wolken in 37.000 Fuß Höhe, wie der Pilot verkündete, was Bruder Paul veranlaßte, in seinen Spekulationen innezuhalten, um die Höhe in Meter umzurechnen: ungefähr elf einhalb Kilometer – und er hätte schwören können, daß seine Ohren blockiert waren. Der Flug verlief gleichmäßig und sanft. Einige andere Passagiere lasen, andere schliefen, genau als hätten sie schon viele Reisen dieser Art hinter sich. Aber selbst aus nostalgischen Gründen begann die Sache ihn zu langweilen. Es reichte ihm.
    „Wer war Will Hamlin?“ fragte Carolyn plötzlich.
    Erstaunt blickte Bruder Paul sie an. „Was weißt du über Will Hamlin?“
    „Nichts“, erwiderte sie strahlend. „Deswegen frage ich dich ja, Daddy.“
    Bruder Paul dachte über die Frage nach und ließ für den Augenblick all die anderen Sonderbarkeiten dieser Reise außer acht. Es hatte nämlich wirklich einmal einen Will Hamlin gegeben …
    Paul hatte Wilfried G. Hamlin zuerst im Alter von achtzehn Jahren als frischgebackenen Student kennengelernt. Paul ging umher und befragte die Lehrkräfte, wie es in diesem kleinen, ungewöhnlichen Institut der Brauch war. Er versuchte herauszufinden, welche Kurse am besten seinen angeborenen intellektuellen Bedürfnissen entsprachen.
    Eigentlich war Paul auch wegen dieser Besonderheit an dieses College gegangen. Es forderte keine irrelevanten Eintrittsbedingungen, veranstaltete keine Prüfung, verlangte keine Abschlüsse und stellte keinen bestimmten Lehrplan auf. Die Studenten redeten mit den Dozenten, von denen jeder eine kleine Anpreisungsrede für sein Seminar hielt, und wählten dann die für sie vielversprechendsten Kurse aus. Wenn sich eine zu geringe Anzahl von Studenten für ein Seminar entschied, wurde dieser Lehrgang noch vor Beginn aufgelöst. Irgendwie klappte es aber in jedem Semester, wenn es auch anfänglich immer unmöglich und chaotisch erschien. Die Kurse selber bestanden hauptsächlich aus Diskussionen und weniger aus Vorlesungen; die Lehrer versuchten lediglich, ihre Meinungen darzulegen und die Hauptgesichtspunkte während der Diskussionen zu erläutern. Alles lief sehr entspannt ab: Bildung ohne Zwang.
    Will Hamlin war ein kleiner Mann ohne besondere Merkmale, abgesehen von einem leichten Stottern. Er bewohnte ein winziges Loch als Büro, das an der unfertigen Wandelhalle zum Heuschober-Saal lag.
    Bruder Paul schüttelte in der Erinnerung daran den Kopf. Drei Jahre später hatte er ein bestimmtes Abenteuer in dieser Halle erlebt – aber das würde ein Kind kaum interessieren.
    „Doch, Daddy!“ beharrte Carolyn. „Erzähl mal, Daddy!“
    Mmm. Nun gut.
    Einer von Pauls Kommilitonen, nennen wir ihn einmal Dick, und ein weiterer Junge, den wir Guy nennen – wenn auch vielleicht noch zwei weitere Leute bei dieser kleinen Eskapade beteiligt waren … Nun, also die drei und ihre drei Freundinnen, die wir mal namenlos lassen … (Nein, Carolyn, das ist einfach meine Art von Moral, man sagt nämlich nichts gegen Mädchen, wenn man es vermeiden kann. Sie sollen unbeschadet bleiben.) Die Großmutter (oder war es der Großvater? Bleiben wir bei der ersteren) einer dieser sechs hatte damit angefangen, Wein selber zu machen, und ach, es gab auch eine erste Weinprobe im College. Löwenzahn wein aus heimatlichem Unkraut – der auch nicht sehr gut schmeckte. In wahrhaft kollegialer Art und Weise haben diese klugen jungen Leute – und sie waren ganz schön klug, wenn auch diese Handlung nicht auf ihre schulischen Leistungen Rückschlüsse zuläßt – beschlossen, diesen Wein zu verbessern, indem man ihn destillierte. Im Chemielabor errichteten sie über Nacht eine kleine Brennerei (die Nacht war ihre Tatzeit, denn am Tag mußte man schlafen und manchmal die eine

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