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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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konnte ein College heiraten? Statt dessen reproduzierte es sich durch Spaltung wie ein Wesen aus der Nath-Sphäre, bildete einen Satellitenkampus und damit auf eigene Weise eine neue Spezies. Paul selbst hatte in diesem Lebensabschnitt geheiratet, nachdem er als anderer Mensch vom Planeten Tarot zurückgekommen war. Aber welcher Mensch konnte auch schon auf der Suche nach Gott die Hölle selbst sehen und unverändert bleiben?
    „Und in den letzten sechs Jahren“, schloß Will, „bildete sich die Autonomie für die fünf verschiedenen entwickelten Lernprogramme unter dem umfassenden Oberbegriff: ‚Erziehung als rhythmischer Wechsel zwischen Aktion und Reflektion, statischer und dynamischer Erfahrung, dem Analytischen und dem Kreativen’. Die Pädagogik war schließlich bei den Erziehern angekommen!
    Auch Paul hatte neue Programme entwickelt. Eines davon war seine Tochter Carolyn. Nun war er einundvierzig, fast zweiundvierzig, und immer noch vier Jahre älter als das College. Wenn man sein Leben als beispielgebend für das College annehmen wollte, so schien es eine vielversprechende Zukunft zu haben. Es würde weiteren Fortschritt erleben und sich verändern, um sich den Gegebenheiten einer veränderten Welt anzupassen. Der Mikrokosmos spiegelte den Makrokosmos wieder – hier war freier Wille nur eine Illusion.
    Will zog ein Blatt Papier aus seinem Aktenberg. „Man hat die Philosophie des Colleges in verschiedenen Beschreibungen dargelegt“, sagte er. „Der erste Katalog befürwortete eine Erziehung junger Männer und Frauen im Hinblick auf ein realistisches Leben, indem man sie innerhalb der Ausbildung mit echten Problemen konfrontierte. Es legte Wert darauf, daß die Studenten bei der Formulierung der Prinzipien und an der Verwaltung des Colleges teilnahmen …“
    „Das glaube ich“, entgegnete Paul, „aber ich wurde ausgeschlossen, weil ich das auch praktiziert habe.“
    „Sie wurden ausgeschlossen? Das habe ich ganz vergessen.“
    Offensichtlich hatte der Vorgang Wills Leben nicht so lange überschattet wie Pauls. Warum auch? Das minderte nicht die Bedeutsamkeit. Will hatte sich an die damalige Zielsetzung gehalten, während der übrige Lehrkörper sie schon aus dem Auge verloren gehabt hatte. Will hatte dies getan, weil er eben so beschaffen war. Vielleicht nahm er an, andere, die derartige Ideale propagierten, würden sie auch in der Praxis ausüben.
    „Ich hatte mehr Probleme mit der Praxis als der Theorie“, sagte Paul. „In der Theorie lernten wir über das praktische Leben, indem wir im Praktikumssemester arbeiteten. Die Praxis sah aber so aus, daß das College im Winter Heizkosten sparte.“
    Will sah ihn an. „Fanden Sie denn das Arbeitsprogramm nicht nützlich?“
    „Es war schon wichtig – aber nicht in der beabsichtigten Weise.“ Es hatte sich als fast unmöglich herausgestellt, nur für die beiden Wintermonate einen Job zu bekommen. Nicht, wenn man die Wahrheit sagte. Einige Studenten bedienten sich der Lüge. Sie sagten, sie suchten eine permanente Beschäftigung, und hörten dann auf, wenn das Semester wieder begann. Jene, die die Wahrheit sagten, verbrachten mehr Zeit bei der Jobsuche, als sie arbeiteten. Die Lektion hieß also: Um im Leben vorwärts zu kommen, muß man lügen.
    Paul hatte nicht gelogen – und hatte fast die Anerkennung für das Arbeitssemester nicht bekommen. Eine echte Suche – und echtes, schuldloses Scheitern – konnte man kaum akzeptieren. Man mußte das Spiel richtig mitspielen! Aber es hatte keinen Zweck, Will damit zu behelligen. Das Leben war nun einmal rauh und voller Unfairneß, und das hatte er schließlich gelernt. Die Gedankenlosigkeit des Colleges hatte er als Anpassung an die Realität des Lebens interpretiert.
    „Viele Dinge entwickeln sich so“, stimmte Will ihm zu, sich Pauls Gedanken nicht bewußt. „Die Geschichte des Colleges kennt noch andere Beispiele.“
    „Oh?“
    „Das eine war die Aktionsgruppe. Sie bestand aus ausgewählten Fakultätsmitgliedern und Studenten, die in der Nähe außerhalb des Campus wohnten. Sie versuchten, statt durch wissenschaftliche Zusammenkünfte, Texte und Vorträge durch Handeln und Problemorientierung das wirkliche Bedürfnis nach Studienintensität entsprechend der jeweiligen Fähigkeit und Befriedigung der Individuen zu suchen.“
    „Das hört sich kaum anders an als das Leben selber“, meinte Paul.
    „So stellte es sich auch heraus. Einige Studenten erwiesen sich für die Kooperation und

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