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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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erlaubte ihnen die Teilnahme, aber niemals irgendwelche Verantwortung.
    Traurig schüttelte Jesus den Kopf. „Ich hätte nicht gedacht, daß es so werden würde“, murmelte er, während er den Apostel Paulus im Streit mit den anderen Aposteln beobachtete. Bruder Paul empfand gemischte Gefühle. Wieviel besser war es doch, seinen Namensvetter aus der historischen Perspektive zu sehen als diese engherzige Person! „Er hat ein paar exzellente Predigten geschrieben“, sagte er.
    Dann, mit einem Blick in die Zukunft, merkten sie, daß nicht alle Episteln des Apostels Paulus in die Bibel aufgenommen worden waren und daß nicht alle vierzehn aufgenommenen von Paulus auch autorisiert waren. Jesus beobachtete, wie man die Epistel Paulus’ an die Hebräer einfach mit dessen Namen versah, um sie für die Veröffentlichung akzeptabel zu machen, und plötzlich lachte er. „So wie Paulus mich mit Vorzügen versieht, die ich nie besessen habe, so werden ihm nun Briefe zugeschrieben, die er nie verfaßt hat! Wahrlich, mein Vater ist gerecht!“ Aber bald wurde er wieder ernst, denn all dies vergröberte nur die Verzerrungen von Jesu Botschaft.
    „Laßt uns einen anderen Aspekt betrachten“, schlug Bruder Paul vor. Er hatte sich immer gern vorgestellt, daß die vierzehn Karten einer jeden Tarotfarbe die vierzehn paulinischen Episteln widerspiegelten, doch einige davon waren ungültig …
    „Vielleicht machen sie es in Amerika besser?“ fragte Jesus.
    Bruder Paul war verdutzt. Das war ein grober Anachronismus. Amerika war noch gar nicht entdeckt! Das würde noch Jahrhunderte dauern! Lee hatte seine Rolle überzogen. „Sagtest du Rom?“ fragte Bruder Paul, um ihm ein Stichwort zu liefern.
    „Ich sagte Amerika. Die andere Seite vom Globus – aber wir können ja in einem Augenblick dort sein.“
    Manchmal geschah so etwas: ein geistiger Kurzschluß, der sich fortpflanzte. Was taten die Schauspieler in einem solchen Stück, um die Situation zu korrigieren, ohne daß das Publikum es merkte? Hier gab es zwar kein Publikum, aber es schien eine zutreffende Analogie zu sein. Sie konnten nicht auf den Spuren wahrer Geschichte wandeln, wenn sie Ungenauigkeiten hineinbrachten.
    Bruder Paul versuchte es noch einmal. „Ich glaube, diese Stadt kenne ich nicht.“
    Jesus blickte ihn an. „Mehr als nur eine Stadt, Freund Paul. Ein Kontinent. Komm … ich zeige ihn dir.“
    „Ach … ja“, stimmte Bruder Paul schwach zu. Immerhin hatte er es versucht.
    Sie erhoben sich hoch in die Luft, einen Kilometer, drei Kilometer und weiter. „Mir scheint, du kennst die Jarediten und Nephiten nicht“, meinte Jesus.
    „Ich fürchte, nein.“ Konnte er noch hoffen, die Szene würde sich wieder zusammenfügen? Oder wirkte die Präzession sich zu stark aus?
    „Ich werde es während des Flugs erklären.“ Sie befanden sich nun in zehn Kilometern Höhe und blickten hinab auf treibende Wolken. Bruder Paul dachte traurig an seine Pseudotochter Carolyn im Flugzeug, als sie einen ähnlichen Ausblick genossen hatten. „Zu Zeiten der Sprachverwirrung nach dem Turmbau zu Babel gab es einen Mann namens Jared und seinen Bruder, der ein Prophet war, und der Herr, mein Vater, verfügte, daß sie von der allgemeinen Verwirrung ausgenommen bleiben sollten. Der Herr erhörte ihr Gebet und wies sie zum Meer, wo sie acht große Schiffe bauten und Segel setzten. Ihr einziges Licht bestand aus leuchtenden Steinen. Nach fast einem Jahr landeten sie an den Gestaden Amerikas, ungefähr zweitausend vierhundert Jahre vor meiner Geburt.“
    „2400 v. Chr.“, murmelte Bruder Paul, fasziniert von dieser sonderbaren Geschichte aus dem Munde dieses Phantomjesu. Diese Parabel hatte er noch nie gehört! Nun flogen sie so hoch, daß sie unter sich die Erdkrümmung sehen konnten. Sie flogen in östlicher Richtung über den Rand des Indischen Ozeans auf die riesige Landmasse Asiens zu. Wohin führte bloß diese Animation?
    „In Amerika vermehrten sie sich und gediehen zu einer blühenden Nation“, fuhr Jesus fort. „Aber dann spalteten sie sich in untereinander zerstrittenen Parteien auf und starben nach etwa achtzehnhundert Jahren wieder aus. Aber ungefähr zu jener Zeit machte sich eine zweite Expedition von Jerusalem aus auf den Weg, sechshundert Jahre vor meiner Geburt. Angeführt wurden sie von einem jüdischen Propheten namens Lehi aus dem Stamm der Manasser, seiner Familie und seinen Freunden. Sie zogen bis an das Arabische Meer und bauten ein Schiff und machten es

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