Die Voegel der Finsternis
niedersank. Widerstrebend reichte Jasper ihm den Traumwenstein. Irgendwie ahnte er, dass es das war, was der junge Mann am nötigsten brauchte.
Devin hatte Jaspers Kleider aufgelesen. Auf den Piers über ihnen herrschte ein solcher Lärm, dass ein Gespräch unmöglich war. Jasper begann, dem jungen Mann die triefende Jacke auszuziehen, und winkte dem Mädchen, ihm zu helfen. Gemeinsam zogen sie dem unterkühlten Fremden Jaspers trockene Kleider an. Die Hosenbeine und die Hemdsärmel waren zu kurz. Als sie fertig waren, sagte das Mädchen etwas, das Jasper nicht verstand. „Was?", fragte er. Sie deutete auf ihren Mund.
Natürlich. Die dunkel geränderten Augen, die kratzige Stimme, die Erschöpfung. Sie hatte Durst. Jasper brachte ihr schnell die Wasserflasche. Bevor sie selbst trank, flößte sie Dorjan etwas davon ein. Als die Flut zu steigen begann, hatte Dorjan sich etwas erholt. Jasper wrang das Salzwasser aus Dorjans Kleidung, krempelte die Hosenbeine hoch, schlug die Ärmel hoch und zog sie an.
Sie mussten los, sonst würde ihnen die Flut den Weg abschneiden. Außerdem war Bewegung das beste Mittel, um warm zu werden. Jasper musste schreien, um sich verständlich zu machen. Er fragte Dorjan nach Verletzungen, dieser schüttelte den Kopf.
„Wir müssen gehen!", schrie Jasper und zeigte auf das steigende Wasser.
Sara nickte. Sie half Jasper, Dorjan auf die Füße zu stellen. Müde und angespannt ging Jasper, so schnell er konnte, voran. Die beiden Fremden sahen aus, als würden sie jeden Augenblick zusammenbrechen, vor allem Dorjan, der ihm aber klaglos folgte. Schon nach kurzer Zeit wateten sie knietief durchs Wasser, die Flutwellen schlugen gegen ihre Beine. Jasper reichte Devin die Hand, der nur noch mit Mühe durch das Wasser stapfen konnte.
Als sie endlich das Ende der Lagerhäuser erreichten, wurden sie von Fortunas Wiehern begrüßt. Sie war immer noch da! Vielleicht hatte das Glück sie doch nicht ganz verlassen. Erleichtert kamen sie zum offenen Strand, wo sie endlich miteinander sprechen konnten. Jasper nahm Fortunas Zügel und ging weiter landeinwärts, wo die Flut nicht hinkam.
Alle setzten sich, nur Devin streckte sich aus und schlief sofort ein. Jasper überlegte, wann er zuletzt geschlafen hatte. Er war mit Maeve und Devin nachts nach Mantedi gekommen. Lag das erst zwei Nächte zurück? Er blickte von Sara zu Dorjan. „Wie habt ihr den Stein gefunden und aus dem Meer gefischt?" Sara sah ihn finster an. „Wir brauchen noch mehr zu trinken", sagte sie rau.
Jasper reichte ihnen auch Brot und Käse und sah zu, wie sie mit bebenden Händen aßen und tranken. Als er
den Eindruck hatte, dass sie den schlimmsten Hunger und Durst gestillt hatten, fragte er noch einmal: „Wie seid ihr an den Traumwenstein gekommen?" Dorjan sah ihn neugierig an. „Woher weißt du seinen Namen?"
Jasper verfluchte seine Unachtsamkeit. Maeve wollte nicht, dass ihr Geheimnis ausgeplaudert wurde. Seine Übermüdung schien ihn jedoch abgestumpft zu haben. „Maeve hat es mir gesagt", platzte er heraus. „Deine Augen. Sie sehen aus wie ihre." Er sah Maeve vor sich: ihre Haut, deren Ton irgendwo zwischen dem Gelb von geschmolzener Butter und dem Braun einer frischen Brotkruste lag, ihr Haar, das wie das reife Getreide aussah, das sie auf ihrer Reise nach Mantedi gesehen hatten. Und ihre Augen, die von demselben tiefen Blau waren wie die des Fremden.
Der große junge Mann beugte sich zu ihm vor. „Du kennst Maeve?"
Jasper entschied sich, Dorjan zu vertrauen. Vielleicht lag es an seinen Augen. Er erzählte, wie sich alles zugetragen hatte, von der ersten Kutschfahrt bis zu Maeves Gefangennahme auf den Piers. Während er sprach, wechselte Saras Gesichtsausdruck von feindseligem Misstrauen zu warmherzigem Mitgefühl. Sie und Dorjan lauschten aufgeregt seinem Bericht und waren entsetzt, als sie erfuhren, dass Maeve eine Sklavin gewesen und dann ausgerissen war. „Ich habe versucht herauszufinden, wohin sie sie gebracht haben", endete er betrübt
„Jasper", sagte Dorjan, „wenn meine Augen dich an Maeve erinnern, könnte es daran liegen, dass wir vielleicht denselben Vater haben. Sara und ich sind nach Sliviia gekommen, um sie zu finden. Ich dachte, sie trüge den Traumwenstein an sich, deshalb konzentrierte ich mich ganz auf ihn und landete unten am Meeresgrund." Derselbe Vater! „Das hat sie mir nie erzählt", sagte Jasper.
„Sie weiß es nicht" Dorjan sah Sara an. Nachdem sie getrunken
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