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Die Voegel

Die Voegel

Titel: Die Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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dann senkte er den Blick auf den Zettel. »Ich weiß es nicht«, sagte er zögernd. »Hier steht, sie sollen ausgehungert ein.«
    Er zog eine Schublade auf und nahm Hammer und Werkzeug heraus.
    »Was hast du vor, Nat?«
    »Die Fenster abdichten und die Schornsteine auch, wie es angeordnet ist.«
    »Du glaubst doch nicht etwa, dass sie hier eindringen können, wenn die Fenster geschlossen sind? Spatzen, Rotkehlchen und all das kleine Federvieh. Wie sollte denn das möglich sein?«
    Er gab keine Antwort. Er dachte nicht an Spatzen und Rotkehlchen. Er dachte an die Möwen ...

    Dann ging er nach oben und verbrachte den Rest des Vormittags damit, die Fenster in den Schlafräumen zu verschalen und die Kamine zu verstopfen. Ein Glück, dass er seinen freien Tag hatte und nicht auf dem Hof zu arbeiten brauchte.
    Es war wie vor Jahren, bei Kriegsbeginn. Damals war er noch nicht verheiratet gewesen und hatte im Haus seiner Mutter in Plymouth alle Verdunklungsvorrichtungen angebracht. Hatte auch den Luftschutzraum angelegt.
    Nicht, dass all dies von besonderem Nutzen gewesen wäre, als es dann losging.
    Er fragte sich, ob sie wohl auch auf dem Hof diese Vorsichtsmaßnahmen trafen. Er bezweifelte es. Zu leichtsinnig, diese beiden. Harry Trigg und seine Frau.
    Wahrscheinlich lachten sie darüber und verbrachten irgendwo einen vergnügten Abend.
    »Das Essen ist fertig«, rief seine Frau von der Küche herauf.

    »Gut, ich komme.«

    Er war mit seinem Werk zufrieden. Die Verschalungen passten genau vor die Fenster und die Bretter vor die Kaminöffnungen.
    Nach dem Mittagessen spülte seine Frau das Geschirr, und Nat drehte die Ein-Uhr-Nachrichten an. Es wurde dieselbe Bekanntmachung wiederholt, die seine Frau am Vormittag notiert hatte, jetzt aber war sie durch eine neue Mitteilung erweitert: »Die Vogelschwärme haben in allen Gegenden Unruhe hervorgerufen«, verkündete der Ansager, »und in London war heute Morgen um zehn Uhr der Himmel wie von einer riesigen schwarzen Wolke verdunkelt. Die Schwärme ließen sich auf Dachfirsten, Fenstersimsen und Schornsteinen nieder. Man beobachtete die verschiedensten Arten, wie Schwarzdrosseln, Finken, Sperlinge und, wie es für die Hauptstadt zu erwarten war, eine zahllose Menge von Tauben und Staren und, in der Nähe der Themseufer, Lachmöwen. Dieser ungewöhnliche Anblick brachte in vielen Straßen den Verkehr zum Stillstand, die Arbeit in den Geschäften und Büros wurde unterbrochen, und Fahrdämme und Bürgersteige waren voller Menschen, die die Vögel beobachteten.«
    Der Ansager berichtete anschließend von verschiedenen Zwischenfällen, gab als mutmaßlichen Grund für das Zusammenscharen der Vögel aufs Neue Kälte und Hunger an und wiederholte die Ratschläge an die Haushaltvorstände. Seine Stimme klang unbewegt heiter; Nat hatte den Eindruck, als behandle er die ganze Angelegenheit wie einen ausgemachten Spaß. Andere würden ebenso reagieren, die meisten, die nicht wussten, was es hieß, sich in der Finsternis gegen einen Schwarm Vögel zu wehren. In London würde man heute Abend sicher Partys geben, wie an Wahltagen. Die Leute würden schwatzend und lachend herumstehen und allmählich beschwipst werden. »Kommt, wir schauen uns die Vögel an.«
    Nat stellte das Radio ab. Er stand auf und begann, an den Küchenfenstern zu arbeiten. Seine Frau sah ihm verwundert zu, der kleine Johnny hing an ihrem Rockzipfel.
    »Was, auch hier unten Bretter?«, fragte sie. »Da muss ich ja jetzt schon Licht machen. Hier sind doch keine Bretter nötig.«
    »Vorsicht kann nicht schaden«, antwortete Nat, »ich will kein Risiko eingehen.«

    »Eigentlich hätte die Regierung dafür zu sorgen, dass Militär eingesetzt wird und man die Vögel abschießt. Damit würde man sie schon vertreiben.«
    »Selbst wenn sie es wollten, wie sollten sie es denn anfangen?«, fragte Nat.
    »Sie schicken ja auch Militär auf die Docks, wenn die Dockarbeiter streiken.
    Dann gehen die Soldaten an Bord und löschen die Ladung.«

    »Gewiss, aber London hat eine Bevölkerung von über acht Millionen, stell dir all die Wohnungen vor, all die Gebäude und Häuser. Glaubst du, wir haben genug Soldaten, um von jedem Dach die Vögel herunterzuknallen?«
    »Das weiß ich nicht, aber irgendetwas muss doch getan werden. Sie haben die Pflicht, etwas zu unternehmen.«

    Nat dachte im Stillen, dass »sie« dieses Problem zweifellos in diesem Augenblick besprachen, aber was sie auch in London und den großen Städten

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