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Die Vogelfrau - Roman

Die Vogelfrau - Roman

Titel: Die Vogelfrau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Blatter
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entschieden zur Ordnung. Philosophische Gedanken brachten ihn in dieser Vernehmung nicht weiter.
    »Jetzt erinnere ich mich wieder. Das war bei den Straßenbauarbeiten zur Erweiterung des Stadtzubringers der B 33. Ist Hoffmann nicht bei dieser Gelegenheit auf seinen interessanten Fund gestoßen?«
    »Wie Sie vielleicht wissen, werden bei Aushubarbeiten in unserer Region ziemlich häufig Archäologen mit hinzugezogen. Nicht wenige alemannische Grabstellen oder sogar die Fundamente ganzer prähistorischer Siedlungen wurden von Baggerführern entdeckt.«
    »Wie soll denn das funktionieren?« Der Kommissar wunderte sich. Für ihn waren Bauarbeiter eher grobe Gesellen, die im Akkord tonnenweise Schutt und Geröll bewegten, ohne sich über tiefere Zusammenhänge des Bodengrundes Gedanken zu machen.
    »Oft ist es nur eine Verfärbung des Bodens«, belehrte ihn die Löble. »Oder die Konsistenz verändert sich. Dann merkt es der Baggerführer am verminderten Widerstand des Bodenmaterials oder er stößt auf deutlichen Widerstand. Teilweise haben wir die entsprechenden Leute in den Firmen geschult, auf solche Details zu achten. Oft sind sie sogar regelrecht daran interessiert, uns zu unterstützen. Vielleicht wünscht sich so mancher auch einmal, so einen tollen Fund zu machen wie die beiden Schatzsucher, die ganz zufällig über die berühmte Himmelsscheibe von Nebra gestolpert sind.«
    Der Kommissar erinnerte sich an diesen Fall.
    »War die Himmelsscheibe nicht ein höchst umstrittenes Objekt und sind nicht die zwei Subjekte, die sie gefunden hatten, inzwischen vor Gericht gelandet?«
    »Ja, tatsächlich, es ist viel über Fälschung diskutiert worden; aber die beiden Schatzräuber – anders kann ich sie nicht nennen – wurden lediglich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. – Nun, wenn eine solche Sache bei Bauarbeiten passiert, ist natürlich nicht jeder damit glücklich. Es kommt zu Verzögerungen, Finanzierungsprobleme entstehen, Verträge müssen eingehalten werden – oft bleibt uns nichts anderes übrig, als in einer so genannten Notgrabung zu retten, was zu retten ist, damit die Bauarbeiten ungestört weiter gehen können.«
    »Wie war es denn in diesem Fall? Waren die Bauarbeiter kooperativ?«
    »Hier war es ein seltener Glücksfall. Eine Brücke sollte abgerissen werden. Dadurch kam es jedoch zu solchen Schwingungen, dass nahe stehende Häuser Einsturz gefährdet waren. Die Bauarbeiten wurden also für eine gewisse Zeit unterbrochen. Der gesamte Bodengrund war aufgebrochen und durchwühlt. Niemandem war etwas Besonderes aufgefallen. Es war Professor Hoffmann, der eines Tages einen Blick in die verlassene Baugrube warf und ...«
    »Was hat er denn dort gesehen?«
    »Eigentlich nicht viel – lediglich eine Reihe gleichmäßig behauener Steine. Etwa pflastersteingroß. Sie gehörten ganz offensichtlich nicht in diese moderne Baugrube. Schon am nächsten Tag untersuchten wir die Sache genauer. Es zeigte sich, dass die Steine in einem regelmäßigen Muster ausgelegt waren; wenn Sie erlauben, zeichne ich es Ihnen auf.« Sie blickte in Cenks Richtung. Nachdem er ein leeres Blatt aufgeschlagen hatte, schob er ihr wortlos seinen Notizblock zu. Mit schnellen Strichen skizzierte die Löble einen fünfzackigen Stern.
    »Ein Davidsstern«, stellte der Kommissar fest.
    »Nein, kein Davidsstern. Der hat sechs Zacken und besteht aus zwei ineinander geschobenen Dreiecken.« Sie zeichnete den Davidsstern. Er sah tatsächlich anders aus als das erste Gebilde. Die Löble verfiel wieder ins Dozieren. »Hierbei handelt es sich um einen so genannten Drudenfuß. Zu zeichnen in einem Zug mit nur einem Strich. – Der Drudenfuß ist ein magisches Zeichen. Ein Hexenzeichen. Sie können sich vorstellen, wie elektrisiert Hoffmann von diesem Fund war. – Churchill, lass das.« Bei der Erwähnung von Hoffmanns Namen winselte der Hund. »Der Hund gehört mir eigentlich gar nicht.«
    »Sondern?«
    »Er gehörte Hoffmann. Jetzt werde ich ihn wohl am Hals haben. Mich kennt er, auf mich hört er – und wer nimmt schon freiwillig so ein Monster?«
    Armer Hund.
    Offenbar hatte die Löble doch keinen übertriebenen Sinn für Humor. Dafür erschien sie jedoch überaus pflichtbewusst.
    Nach einem erneuten Seitenblick auf Cenk, dessen Mienenspiel glatt und nichtssagend blieb, blätterte sie die nächste Seite in seinem Notizblock auf und begann einen Lageplan des Ausgrabungsgeländes zu skizzieren. »Kreisel, Schänzlebrücke, Zufahrt Paradies.«

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