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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sich dabei handelte. Traditionell denkende Zwerge sprachen nicht über die Frage des Geschlechts, vielleicht aus Scham, vielleicht auch deshalb, weil sie sich kaum dafür interessierten. Und natürlich, weil sie die Ansicht vertraten: Was zwei Zwerge miteinander anstellten, ging nur sie beide etwas an.
    »Vielleicht hatte ich es ein wenig zu eilig«, erwiderte sie schließlich. »Hast du herausgefunden, wie viel das Geld wiegt?«
    »Ja, danke.«
    »Möchtest du die Waage noch einige Tage lang behalten, um noch mehr Geld zu wiegen?«
    »Ich glaube, ich bin mit dem Wiegen fertig, Frau Arkanum, trotzdem besten Dank.«
    »Das Frühstück hat bereits begonnen, Herr de Worde, aber ich glaube, in diesem besonderen Fall kann ich ein Auge zudrücken.«
    Er bekam ein zweites gekochtes Ei, was ein sehr seltener Gunstbeweis war.
Am Tisch diskutierten sie über die letzten Nachrichten.
    »Ich bin wirklich erstaunt«, sagte Herr Wagenbauer. »Es ist mir ein Rätsel, wie sie solche Dinge herausfinden.«
    »Da fragt man sich, wie viele Dinge uns nicht mitgeteilt werden«, meinte Herr Windling.
    William hörte eine Zeit lang zu und konnte sich dann nicht länger gedulden.
    »Steht was Interessantes in der Zeitung?«, fragte er unschuldig.
    »Eine Frau in der Kickelburstraße behauptet, ihr Mann sei von Elfen entführt worden«, sagte Herr Schmitzenmacher und hob den Kurier. Die Überschrift ließ keinen Zweifel:
    ELFEN ENTFÜHRTEN MEINEN MANN!
    »Das ist erfunden!«, sagte William.
    »Unmöglich«, widersprach Herr Schmitzenmacher. »Hier sind Namen und Adresse der betreffenden Frau angegeben. Das würde man wohl kaum in die Zeitung setzen, wenn’s gelogen wäre.«
    William las Namen und Adresse. »Die Frau kenne ich«, sagte er. »Na bitte.«
    »Im vergangenen Monat hat sie gesagt, ihr Mann sei von einer großen silbernen Scheibe entführt worden, die vom Himmel kam«, sagte William, der ein gutes Gedächtnis für solche Dinge hatte. Er hätte fast in seinem Nachrichtenbrief darüber berichtet, in der Rubrik ›Amüsantes‹, hatte es sich dann aber anders überlegt. »Und du, Herr Flach, hast bei dieser Gelegenheit gesagt, es sei allgemein bekannt, dass er sich mit einer Frau namens Flo aus dem Staub gemacht hat, die als Kellnerin in Hargas Rippenstube arbeitete.«
    Frau Arkanum bedachte William mit einem Blick, der deutlich machte, dass das Thema des nächtlichen Diebstahls von Küchenutensilien jederzeit wieder aktuell werden konnte, ob zusätzliches Ei oder nicht.
    »Ich mag es nicht, wenn bei Tisch über solche Dinge gesprochen wird«, sagte sie kühl.
    »Nun, ist doch ganz klar«, ließ sich Herr Wagenbauer vernehmen. »Er muss zurückgekehrt sein.«
»Von der silbernen Scheibe oder von Flo?«, fragte William.
    »Herr de Worde!«
    »Ich habe nur gefragt«, sagte William. »Ah, wie ich sehe, nennt der Kurier den Namen des Mannes, der neulich beim Juwelier eingebrochen hat. Wie schade, dass es der Schuldige Schuft ist, armer Kerl.«
    »Scheint ein notorischer Krimineller zu sein«, meinte Herr Windling. »Ich finde es empörend, dass die Wache ihn nicht verhaftet.« »Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass er sich jeden Tag an sie wendet«, erwiderte William.
    »Warum?«
    »Um eine warme Mahlzeit und ein Bett für die Nacht zu bekommen«, sagte William. »Der Schuldige Schuft gesteht jedes Verbrechen. Die Erbsünde, Morde, Diebstähle – einfach alles. Wenn er verzweifelt ist, stellt er sich der Wache, um eine Belohnung zu kassieren.«
    »Sie sollte etwas gegen ihn unternehmen«, sagte Frau Arkanum. »Ich glaube, normalerweise gibt sie ihm einen Becher Tee«, sagte William. Er zögerte kurz und fragte dann: »Und die andere Zeitung?«
    »Oh, sie behaupten noch immer, dass Vetinari gar kein Verbrechen verübt hat«, entgegnete Herr Schmitzenmacher. »Und der König von Lancre meint, dass die Frauen in Lancre keine Schlangen gebären.«
    »Nun, kein Wunder, dass er das sagt«, warf Frau Arkanum ein.
    »Vetinari muss schuldig sein«, sagte Herr Windling. »Warum hilft er der Wache sonst bei ihren Ermittlungen? So verhält sich kein unschuldiger Mann, meiner bescheidenen Meinung nach.« *
    »Ich glaube, es gibt viele Anhaltspunkte, die seine Schuld fraglich erscheinen lassen«, sagte William.
    »Ach, tatsächlich?«, fragte Herr Windling, und sein Tonfall machte deutlich, dass Williams Meinung erheblich bescheidener war als seine eigene. »Soweit ich weiß, treffen sich heute die Oberhäupter der Gilden.« Er schniefte. »Es

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