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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Rote Röstmischung. Schafft sofort einen klaren Kopf. Nein?«
    William lehnte ab.
    »Warum tust du dies alles, Herr de Worde?«, fragte Gutenhügel. Er schnupfte mit beiden Nasenlöchern jeweils eine enorme Menge. »Was meinst du?«
    »Ich will keineswegs behaupten, dass wir es nicht zu schätzen wissen, ganz im Gegenteil«, sagte Gutenhügel. »Immerhin verdienen wir Geld damit. Die Akzidenzdrucke werden immer weniger. Offenbar haben alle Graveure in der Stadt nur darauf gewartet, endlich drucken zu können. Wir haben den jungen Burschen nur einen Vorwand geboten. Früher oder später drängen sie uns ganz aus dem Geschäft. Sie haben ganz einfach eine bessere finanzielle Basis. Um ganz ehrlich zu sein: Einige von uns spielen bereits mit dem Gedanken, alles zu verkaufen und zu den Bleiminen zurückzukehren.«
    »Das könnt ihr nicht!«
    »Nun«, erwiderte Gutenhügel, »du meinst sicher, das möchtest du nicht, was ich durchaus verstehe. Wir haben Geld auf die hohe Kante gelegt, es sollte also keine Probleme geben. Vermutlich können wir die Presse jemandem verkaufen, was bedeutet: Wir kehren gewiss nicht mit leeren Taschen heim. Darum ging es uns von Anfang an. Ums Geld. Und worum geht es dir?«
    »Mir? Ich…« William zögerte. Die Wahrheit lautete, dass er nie eine bewusste Entscheidung getroffen hatte. Eins führte zum anderen, und die Presse wollte gefüttert werden. Sie wartete auch jetzt. Man arbeitete hart und fütterte sie, und eine Stunde später war sie wieder hungrig, während draußen in der Welt das Ergebnis der Bemühungen in Richtung Behälter sechs auf Pisse-Pauls Hof unterwegs war – womit die unangenehme Reise erst begann. Plötzlich hatte er einen richtigen Job mit einer Arbeitszeit, doch das Resultat seiner Anstrengungen war nicht realer als eine Sandburg auf einem Strand, der jederzeit von der Flut überspült werden konnte.
    »Ich weiß nicht«, gestand er. »Vielleicht schreibe ich, weil ich mich nur damit auskenne. Und weil ich mir nicht vorstellen kann, einer anderen Arbeit nachzugehen.«
    »Aber ich habe gehört, dass du aus einer sehr reichen Familie stammst.«
    »Ich bin zu nichts nütze, Herr Gutenhügel. Ich wurde dazu erzogen, zu nichts nütze zu sein. Von Leuten wie mir hat man immer nur verlangt, dass sie warten, bis es irgendwo zu einem Krieg kommt – um dann ein Beispiel für unglaublich dumme Tapferkeit zu bieten und zu sterben. Unsere Hauptbeschäftigung bestand darin, an Dingen festzuhalten. Vor allem an Ideen.«
    »Du scheinst davon nicht viel zu halten.«
    »Mir liegt nicht unbedingt etwas daran, mein Herz auszuschütten, verstehst du? Mein Vater ist nicht besonders nett. Muss ich dir Einzelheiten nennen? Er mag mich nicht besonders, und ich mag ihn nicht besonders. Es scheint überhaupt kaum jemanden zu geben, den er mag. Zwerge und Trolle verabscheut er mehr als alle anderen.«
    »Es ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, Zwerge und Trolle zu mögen«, sagte Gutenhügel.
    »Ja, aber es sollte gesetzlich verboten sein, ihnen die Art von Abneigung entgegenzubringen, wie es mein Vater tut.«
»Ah, du hast gerade ein Bild für mich gemalt.«
    »Ist dir jemals der Begriff ›minderwertige Rassen‹ zu Ohren gekommen?«
    »Und jetzt hast du dem Bild Farbe hinzugefügt.«
    »Inzwischen lehnt er es sogar ab, in Ankh-Morpork zu wohnen. Er meint, die Stadt sei verschmutzt.«
»Wie aufmerksam von ihm.«
    »Nein, damit meint er…«
    »Ich weiß, was er meint«, sagte Gutenhügel. »Ich habe Menschen wie ihn kennen gelernt.«
    »Du hast eben gesagt, euch sei es von Anfang an ums Geld gegangen. Stimmt das?«, fragte William.
    Der Zwerg nickte in Richtung der Bleibarren, die neben der Presse aufgestapelt waren. »Wir wollten Blei in Gold verwandeln«, sagte er. »Wir haben viel Blei. Aber wir brauchen Gold.«
    William seufzte. »Mein Vater behauptete immer wieder, dass Zwerge nur an Gold denken.«
    »Nun, wir denken ziemlich oft daran.« Gutenhügel schnupfte erneut. »Aber in einem Punkt irren sich die Leute… Wenn ein Mensch nur an Gold denkt, so ist er ein Gierhals. Aber wenn ein Zwerg an Gold denkt, ist er nur ein Zwerg. Siehst du den Unterschied ? Wie nennst du die schwarzen Menschen, die in Wiewunderland leben?«
    »Ich weiß, wie mein Vater sie nennt«, sagte William. »Ich nenne sie ›Menschen, die in Wiewunderland leben‹.«
    »Tatsächlich? Offenbar gibt es einen Stamm, in dem Folgendes üblich ist: Bevor ein Mann heiraten kann, muss er einen Leoparden töten und das Fell

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