Die vollkommene Kämpferin (German Edition)
wirst mit Zähnen und Klauen kämpfen und immer wieder mit ihnen aneinandergeraten, bis du glaubst, du hältst es nicht länger aus. Aber das kannst du“, fügte er hinzu. „Für alle von uns, die ihretwegen leiden mussten: Denk immer daran, dass du es kannst.“
Ich wurde still. Das war meine Familie, von der er da sprach – dieselben Leute, die mir mehr Zeit mit meiner Mutter gewährt hatten. Die in den letzten sechs Monaten freundlich zu mir gewesen waren. Die mich meine Prüfungen hatten bestehen lassen, obwohl ich mehrmals fast versagt hätte. Trotz der Mythen, die ich mir während dieser Zeit eingeprägt hatte, war ich nie auf die Idee gekommen, sie wären irgendetwas anderes als wohlwollend. Sie waren immerhin Götter. Was hatten sie zu verlieren, wenn sie gütig waren?
Doch in den vier Tagen seit meiner Abreise hatte ich genug gesehen, um zu wissen, dass Lux recht hatte. Sie waren nicht perfekt. Sie waren nicht immer gütig. Und manchmal machten sie Fehler. Die Olympier besaßen menschliche Züge, auch wenn sie niemals sterblich gewesen waren. Es würde einfach nur eine Weile dauern, bis ich mich an diesen Gedanken gewöhnen könnte.
Was würde geschehen, wenn ich mich tatsächlich mit ihnen anlegte – was unausweichlich schien? Sie waren verhaftet in ihren Traditionen, während ich nur den Teil der Geschichte begriff, den ich vor mir sah. Den Teil voller Schmerzen und Leid. Diesmal hatte ich Glück gehabt, weil ich Ellas Gefühle hatte beeinflussen können, um ihr Mitgefühl für Lux zu wecken. Weil ich ihr hatte begreiflich machen können, dass das, was der Rat den Zwillingsbrüdern antat, schlicht und ergreifend grausam war. Ich stand allein, und ich würde nicht jeden Kampf gegen den Rat gewinnen können.
Doch ich konnte die Siege in Erinnerung behalten, so unbedeutend sie auch scheinen mochten. Wegen dem, was James und ich getan hatten, würden Casey und Lux eine kleine Weile länger zusammen sein. Das würde reichen müssen, um mir über jegliche Niederlagen hinwegzuhelfen, die ich mit der Zeit einstecken würde. Und wenn Lux recht behielt, wären das einige.
Den Rest des Weges legten wir schweigend zurück, während Cupcake hinter uns hertrottete. Wohin auch immer wir unterwegs waren, Lux schien genau zu wissen, wie wir dort hinkamen. Nachdem wir bereits einige Meilen zurückgelegt hatten, erschütterte Donnergrollen den Himmel über uns. Lux zuckte zusammen und verschärfte das Tempo. Ich beschwerte mich nicht.
Schließlich erreichten wir den Eingang einer Höhle, und obwohl ich nichts Besonderes daran sah, hielt Lux den Atem an. Vorsichtig beugte er sich in die Dunkelheit vor, achtete jedoch peinlich genau darauf, keinen Fuß hineinzusetzen. „Casey?“
Nichts. Ich biss mir auf die Unterlippe. Hoffentlich war das keine Falle. Aber so niederträchtig war Henry nicht – schon allein meinetwegen nicht. Und James würde definitiv nicht lügen. Casey und Lux würden wieder vereint sein und alles würde gut werden.
Aber was, wenn nicht? Was, wenn ich Henry und den Rat vollkommen falsch eingeschätzt hatte und jetzt den Rest der Ewigkeit in dem Wissen verbringen müsste …
„Lux?“ Caseys Stimme war leise, aber unverkennbar. Langsam trat er aus dem Schatten hervor. „Ihr habt ja ganz schön lange gebraucht.“
Auf Lux’ Gesicht erstrahlte das erste echte Lächeln, seit ich ihn kennengelernt hatte. „Hey, na ja, ich hab unterwegs noch bei einer Bar angehalten und ein paar Bier getrunken. Hab mir gedacht, du kannst warten.“
Noch immer betrat er nicht die Höhle, doch sobald Casey in Reichweite war, packte Lux ihn beim Arm und zerrte ihn über die Schwelle. Gemeinsam purzelten sie im Sonnenschein auf den Boden, doch keiner der Brüder beschwerte sich.
„Geht’s dir gut? Der Bastard hat dir nicht wehgetan?“, wollte Lux wissen, während er Casey von oben bis unten betrachtete.
„Alles in Ordnung – nur um dich hab ich mir Sorgen gemacht.“ Casey hielt inne und warf einen misstrauischen Blick auf Cupcake, die sich im Schatten hielt. „Äh, Lux?“
„Was? Ach ja.“ Lux verzog das Gesicht. „Meine Strafe dafür, dass ich ihr den Kiefer gebrochen habe. Wir müssen auf sie aufpassen, solange sie sich erholt.“ Dann erhob er sich und reichte seinem Zwillingsbruder die Hand. „Was hat Hades denn nun mit dir angestellt?“
Casey ließ sich von ihm auf die Beine ziehen. „Hat mich in den Palast gebracht und die meiste Zeit einfach nur angestarrt. Er hat ausgesehen, als hätte er
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