Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
Teufelsbibel danach befand, haben Sie im Verlauf dieses Romans erfahren. Die Wunderkammer Kaiser Rudolfs schließlich, die vorletzte Heimat der Bibel, wurde sowohl nach dem Tod des Kaisers als auch am Ende des Dreißigjährigen Krieges erbarmungslos geplündert, ihre Schätze wurden in alle Welt verstreut. Lediglich die Königliche Bibliothek in Stockholm, der die Teufelsbibel heute gehört, ist bislang von größerem Unheil verschont geblieben. Das könnte einen natürlich zu der Überlegung bringen, ob die Schweden tatsächlich die richtige Teufelsbibel besitzen. Aber ich wollte in diesem Anhang zu meinem Roman ja eigentlich bei den Fakten bleiben …
Der Weg in den Krieg
1612–1618
Man muss den Weg , der in die Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges führte, im Grunde genommen viel früher ansetzen. Tatsächlich sind die Jahre, in denen der vorliegende Roman spielt, eher als die Zeitspanne zu verstehen, in der sich das Geschehen so dramatisch zuspitzte, dass das Ende fast unausweichlich war – wenngleich die Anführer aller Parteien auch dann noch mehrere Chancen gehabt hätten, den Krieg abzuwenden.
Aus dramaturgischen Gründen schien es mir nicht sinnvoll, auch das Jahr 1609 noch mit in die Handlung aufzunehmen, obwohl es einen wichtigen Meilenstein auf der Route hin zu dreißig Jahren Krieg und vier Millionen Toten (ein Fünftel der Gesamtbevölkerung des Reichs) darstellt. * Die Personen in meiner Geschichte nehmen allerdings mehrfach Bezug darauf. Die Rede ist vom Majestätsbrief Kaiser Rudolfs II., in seiner Position als Herr des Heiligen RömischenReichs zugleich König von Böhmen. Der Majestätsbrief sicherte den protestantischen böhmischen Ständen (adligen Fürsten und Vertretern der freien Städte) Religionsfreiheit zu. Die Protestanten stellten die Mehrheit der böhmischen Ständevertreter, und Kaiser Rudolf benötigte ihre Unterstützung und Frieden im Land wegen seines ständigen Streits mit seinem Bruder Matthias. Obwohl sie in der Mehrzahl waren, waren die Protestanten erst mit dem Majestätsbrief faktisch der katholischen Minderheit in Böhmen gleichgestellt. Die Urkunde sicherte ihnen auch das Wahlrecht über den König zu. Bereits einen Tag nach Inkrafttreten des Majestätsbriefs gründete der bayerische Herzog Maximilian eine Allianz, um die einzig wahre katholische Religion zu verteidigen. In dieser »Katholischen Liga« auf der einen und in der »Union« der protestantischen böhmischen Stände auf der anderen Seite finden sich die Hauptprotagonisten des ersten Teils des Dreißigjährigen Kriegs wieder, dem sogenannten Böhmisch-Pfälzischen Krieg.
1612 starb Kaiser Rudolf, und sein Bruder Matthias folgte ihm in allen Ämtern nach – die böhmische Königswürde hatte er Rudolf sogar schon ein Jahr vor seinem Tod abgerungen. Matthias war zeit seines Lebens überzeugt gewesen, ein besserer Kaiser als sein großer Bruder zu sein, eine Annahme, die durch seine diplomatischen Erfolge als Beauftragter des Kaisers und später als König von Ungarn in keiner Weise gestützt wurde. Die Zustimmung, die er in seinem Kampf gegen Rudolf bei diversen Ständevertretern, im Königreich Ungarn und in der Markgrafschaft Mähren fand, muss wohl eher der Opposition gegen Rudolf als dem Vertrauen in Matthias’ Fähigkeiten zugeschrieben werden. Folgerichtig verwandelte er sich auch, kaum dass er auf dem Kaiserthron saß, von einem ständig ränkeschmiedenden Zänker in eine schwermütige, tatenlose, zu Depressionen neigende Kopie seines Vorgängers,ohne dessen künstlerische Leidenschaft und ehrliche Hinwendung zur Wissenschaft zu besitzen (unter dem Begriff »Wissenschaft« muss man in der damaligen Zeit allerdings hauptsächlich Alchimie und Astrologie verstehen). Er verlegte die kaiserliche Residenz von Prag zurück nach Wien (ein Affront), entdeckte der Legende nach vor den Toren der Stadt den »schönen Brunnen«, der zum Bau des Schlosses Schönbrunn führte, fügte der Reichskrone einige Preziosen hinzu und war ansonsten damit beschäftigt, hilflos zwischen den Kräften hin- und herzupendeln, die ihn lenkten: dem Habsburger Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich und dem Wittelsbacher Herzog Maximilian von Bayern sowie Kardinal Melchior Khlesl, seinem Minister. Seine Kinderlosigkeit führte schon unmittelbar nach seiner Amtsübernahme dazu, dass man sich Gedanken über seine Nachfolge machte – oder, wie im Fall Erzherzog Ferdinands, Hoffnungen.
Die nächsten Jahre waren vornehmlich
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