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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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von einem Zusammenbruch der großen Firmen geprägt, so wie wirtschaftlicher Niedergang häufig dem Ausbruch von großen Kriegen vorangeht. Weltunternehmen wie das seit über hundertfünfzig Jahren prosperierende Haus Welser in Augsburg wurden zahlungsunfähig; Sebastian Wilfing schildert im Roman diese Situation anhand der Beispiele in Wien, die letztlich Agnes’ Vater Niklas Wiegant in die Abhängigkeit von seinem Beinahe-Schwiegersohn bringen.
    1617 war die Widerstandskraft des Kaisers so weit erlahmt, dass er zustimmte, die böhmische Krone abzugeben und einen Nachfolger wählen zu lassen. Rudolfs Schicksal wiederholte sich bei seinem Bruder. Die böhmischen Stände entschieden sich dafür, Erzherzog Ferdinands Wahl zuzustimmen, obwohl dieser als Jesuitenschüler verhasst und als Protestantenfresser gefürchtet war, denn er bekannte sich offen zu einem möglichst harten Kurs in der Gegenreformation und soll unter anderem öffentlich gesagt haben, dass es bessersei, eine Wüste zu regieren als ein Land voller (protestantischer) Ketzer. Die Stände gingen damit den Weg des geringsten Widerstands in einer unsicher gewordenen Zeit, in der die wirtschaftlichen Schwierigkeiten überall im Reich, die neu aufgeflammten Feindseligkeiten zwischen Spanien und den Vereinigten Niederlanden und der desolate Zustand des Kaisers eher zu diplomatischen als zu entschlossenen Lösungen zu raten schienen. Außerdem verließen sie sich darauf, dass ihnen der Majestätsbrief die Macht verlieh, den König im Ernstfall wieder abwählen zu können.
    Ferdinand hatte jedoch nicht vor, ein katholischer König von der Gnade protestantischer Stände zu sein.
    Sofort nach seiner Wahl begann er, jesuitische Schulen in ganz Böhmen zu gründen und im Gegenzug protestantische zu schließen. Alle Befehlsgewalt wurde in der Kanzlei des Königs, in seiner Person sowie in seinen Statthaltern zentriert, die ausschließlich Katholiken waren. Dies alles verstieß grob gegen den Majestätsbrief. Die Schließung der neu gebauten protestantischen Kirche in Braunau und der Abriss der ebenfalls neuen protestantischen Kirche in Klostergrab Anfang 1618 machten das Maß voll. In Braunau stand die fast gänzlich protestantische Bürgerschaft auf, verjagte den mit der Schließung beauftragt gewesenen Abt des Benediktinerklosters, Wolfgang Selender, und alle seine Mönche. Das Kloster wurde geplündert, die Schätze in seiner Bibliothek zerstört.
    Die Vertreter der protestantischen Stände trafen sich im Frühjahr 1618 in Prag und formulierten eine Beschwerde an den Kaiser. Die Antwort kam prompt und in schärfstem Ton: Der Kaiser verbot jegliche weitere Versammlung. Der Majestätsbrief war jetzt nicht einmal mehr das Pergament wert, auf dem er geschrieben war. Dass der Kaiser derart schroff reagierte, muss wohl dem schwächer gewordenen Einfluss seines Ministers Melchior Khlesl zugeschrieben werden. Der Kardinal hatte sich stets um Ausgleich zwischen den Konfessionenbemüht, aber im Jahr 1618 war Matthias nur noch der Schatten eines Regenten, und der ständig reisende und durch mehrere Mordanschläge in seiner Zuversicht erschütterte Kardinal Khlesl verlor das Gehör des Kaisers gegen die Herren Ferdinand von Habsburg und Maximilian von Wittelsbach. Aus dramaturgischen Gründen habe ich die Schwäche des Kardinals eher den Verwicklungen um die Teufelsbibel zugeschoben und darauf verzichtet, mit den Mordanschlägen gegen ihn noch einen weiteren Handlungsstrang aufzumachen, obwohl dies natürlich reizvoll gewesen wäre. Tatsache ist, dass der Kardinal noch im Sommer des Jahres 1618 (im Roman: im Frühjahr) verhaftet, seines Ministeramts enthoben und zuerst auf Schloss Ambras, später im Kloster Sankt Georgenberg und schließlich in Rom unter Hausarrest gestellt wurde. Kaiser Matthias tat nichts, um den Mann zu schützen, ohne den nach seinem eigenen Bekunden seine Tage trüb und melancholisch waren.
    Die Empörung über die grobe Reaktion des Kaisers bei den böhmischen Ständen war groß. Man glaubte, die Handschrift des Königs und seiner Statthalter darin zu erkennen. Und man beschloss, ein Zeichen zu setzen, dass man um seine Religions- und sonstige Freiheit zu kämpfen bereit war. Unter Führung des Grafen Matthias von Thurn, der bis dahin eher dadurch aufgefallen war, dass er nur schwer einsah, warum er als Herr über eine Grafschaft in Böhmen auch die Landessprache lernen sollte, zog eine Abordnung der Ständevertreter am 23. Mai 1618 zur Prager Burg,

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