Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
Vom Netzwerk:
dann haben andere Projekte Unsere Aufmerksamkeit beansprucht. Dein Name war auch mit der Teufelsbibel verknüpft.«
    »Auch ich bin nichts weiter als ein Suchender.«
    Der Papst trommelte erregt auf die Tischplatte. »Wir haben das Geheime Archiv umstrukturieren lassen. Könnte die Teufelsbibel dort sein, ohne dass Wir es wissen?«
    »Wenn es sie überhaupt gibt, Heiliger Vater.«
    »Willst du Uns bei der Suche helfen, hier in Rom?«
    »Natürlich«, sagte Melchior.
    »Wir ernennen dich zum Geheimen Kämmerer des Archivs.«
    »Das würde nützen, Heiliger Vater.«
    »Sie werden die Teufelsbibel niemals finden, wenn Sie ihn damit beauftragen, Heiliger Vater!«, heulte Wolfgang. »Er verfolgt nur seine eigenen Zwecke!«
    »Es muss schwer sein, wenn man eine Aufgabe übernommen hat, für die man zu klein war«, sagte der Heilige Vater milde. »Du hättest in Schottland bleiben sollen, mein Sohn.«
    Reichskanzler Lobkowicz stand auf; er schichtete seine Unterlagen zusammen. »Dann darf ich Seiner Hoheit König Ferdinand von Böhmen und Seiner Majestät Kaiser Matthias melden, dass der Heilige Vater die Anklage gegen Seine Eminenz Kardinal Khlesl als nicht fundiert betrachtet und eine weitere Verfolgung der Angelegenheit ablehnt?«
    »Absolut«, sagte der Papst zerstreut. »Mein Freund Melchior wird darüber hinaus hier in Rom bleiben, damit der Kaiser und der König dafür gestraft werden, einen derart fähigen Mann so falsch behandelt zu haben. Der Bischofssitz in Wien bleibt außerdem bei meinem Freund Melchior mit all seinen Einkünften.«
    »Auch Hoheiten müssen wissen, wenn sie verloren haben«, sagte der Reichskanzler. Er stapfte zu Melchior hinüber und schüttelte ihm die Hand. Wolfgang hatte das Gefühl, dass eine unsichtbare und unhörbare Kommunikation zwischen den beiden erfolgte. Plötzlich wusste er, dass der Reichskanzler nicht ein Beispiel der Inkompetenz abgeliefert hatte, sondern im Gegenteil höchst kompetent gewesen war: darin, eine Anklage so zu führen, dass man gar nicht anders konnte, als sie abzuschmettern. Selbst die entlassenen Sekretäre hatten wahrscheinlich nur eine entspannte Rückreise nach Prag angetreten, wo sie sich bei der Rückkehr des Reichskanzlers ohne großes Aufhebens in ihre alten Positionen zurückbegeben würden. Mit anderen Worten: Die Anklage war eine Farce gewesen.
    Wolfgang erhob sich halb von seinem Stuhl, dann ließ er sich wieder auf ihn niedersinken. Keiner würde auf ihn hören.
    Ihm wurde klar, dass er nun auch noch das Letzte verloren hatte: den Glauben daran, dass die Gerechtigkeit siegen würde.
    2
    Als Kardinal Melchior auf die Pforte der Sakramente zuschritt, um die Petersbasilika zu verlassen, bemerkte er aus dem Augenwinkel einen hellen Schimmer. Er wandte sich um. Vor der Kapelle der Pietà stand eine weiß gekleidete Gestalt. Die Marmorstatue Michelangelos ragte hinter ihr auf, und für einen Moment schien es, als sei die einsame Figur in ihrer Weiße ein Teil der Darstellung, die unendlichen Kummer und den Glauben an einen neuen Anfang miteinander vereinte. Er warf dem vorangeschrittenen Reichskanzler einen Blick zu, doch dieser war weitergestapft und tat so, als habe er nichts gesehen. Melchior blieb stehen, dann wandte er sich um und ging langsam zu der Kapelle hinüber. Er neigte den Kopf.
    »Gott sei mit Ihnen, Eminenz«, sagte Polyxena von Lobkowicz.
    »Und mit Ihnen, meine Tochter.«
    Sie hielt ihm ein zerknittertes Pergament hin. Er nahm es entgegen. Es war seine hingekritzelte Darstellung der Stammbäume der Häuser Pernstein und Lobkowicz. Das eine zusätzliche Feld, in dem sich ein Fragezeichen in einen totenkopfähnlichen Klecks verwandelt hatte, trug nun ein Datum. Er kniff die Augen zusammen; das Datum lag ein paar Wochenzurück. Ein Kreuz war dahinter gemalt. Polyxena von Lobkowicz nickte.
    »Ich bin sicher, sie war bemerkenswert«, sagte Kardinal Melchior.
    »Unser Vater glaubte, der Teufel persönlich habe ihm einen Streich gespielt, als er sie zum ersten Mal erblickte. Unsere Mutter glaubte, dass tägliche Gebete und rigoroses Bibelstudium verhindern würden, dass der Teufel von ihr Besitz ergriff. Was hätte sie glauben sollen, außer dass ihr Schicksal vorherbestimmt war?«
    »Sie machen es sich zu einfach.«
    Die Frau des Reichskanzlers zuckte mit den Schultern. »Sie war immer ein Teil von mir. Ich wollte nichts weiter, als sie einmal glücklich zu sehen. Nun fehlt mir die Hälfte meiner Seele. Sie hat so schreckliche Dinge getan, dass

Weitere Kostenlose Bücher