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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Fluss runtergefahren, Daddy.«
    Daddy nickte und klopfte die Pfeife gegen seine Schuhsohle. »So könnte es gewesen sein. Die Sache ist nur: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Red so etwas getan hat. Ich habe ihn lange Zeit sehr gut gekannt. Vielleicht hat er Miss Maggie getötet, und schon das ist schwer zu glauben … Jesus, ich kann nicht fassen, dass er farbig ist. So, wie er aussieht.«
    »Dr. Tinn hat’s uns gesagt.«
    Daddy steckte die Pfeife in seine Tasche und sah auf den Fluss. »Dr. Tinn ist kein Schwätzer. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, passt es auch irgendwie. So, wie Red von den Farbigen dachte … und als er dann herausfand, dass er selbst farbig ist, ist er wahrscheinlich ausgerastet. Vielleicht hat er es sogar schon eine ganze Zeit lang gewusst – und deswegen aus Zorn all diese farbigen Frauen getötet.«
    »Nicht alle waren farbig«, sagte ich.
    »Ja. Aber mit farbigen hat es angefangen.«
    Ich erzählte ihm, was Dr. Tinn uns über diese Art von Mördern gesagt hatte, von den Gedanken, die er sich darüber gemacht hatte.
    Daddy hörte aufmerksam zu, bückte sich, hob einen Stein auf und warf ihn ins Wasser. »Komm, wir gehen den Pfad da runter.«
    Wir kletterten die Uferböschung hoch und gingen den Weg am Fluss entlang. Er war schmal, und wir mussten Äste und Gestrüpp aus dem Weg treten. Die Bäume waren schwer und dunkel und voller Regenwasser; sie tropften wie Regenwolken.
    Ich sah Daddy aus den Augenwinkeln an. Sein brauner Hut war nass von Regentropfen, sie waren von der Krempe auf seine Schultern gefallen und bildeten einen dunklen feuchten Fleck. Er wirkte wieder groß, so, als sei er in kürzester Zeit zehn Zentimeter gewachsen.
    Man konnte den Fluss von hier aus nicht gut sehen, aber ein paar Fuß entfernt, hinter und unter den dichten Bäumen und Büschen, hörten wir ihn knurren wie einen zufriedenen Löwen. Sein Geruch von verwestem Fisch wehte zu uns herüber, von nassem Dreck und anderen undeutlichen Gerüchen, vermischt mit der Süße der Kiefern.
    »Wonach suchen wir, Daddy?«
    »Das weiß ich noch nicht genau.«
    Wir gingen eine oder zwei Stunden am Fluss entlang, bahnten uns ab und zu den Weg durchs Gestrüpp, schauten auf den Fluss und suchten nach was auch immer.
    Während wir gingen, sagte Daddy: »Dr. Tinn hat mir erklärt, wenn eine Leiche im Fluss treibt, wird sie am Bauch aufgeschürft. Louise hatte keine derartigen Verletzungen; nur vom Messer dieses Irren. In der ganzen Gegend um Clems Haus und drei Kilometer flussaufwärts gibt es nichts als Sand. Der Sturm muss die Kiesel im Fluss aufgewühlt haben, aber sie hat keine Verletzungen davon. Und das heißt, dass sie nicht in einer Gegend in den Fluss geworfen wurde, wo es Kiesel gibt. Es gibt nur noch eine Stelle am Fluss, die so sandig ist wie hier, sie ist meilenweit weg, und zwischen dieser Stelle und hier gibt’s massenhaft Kiesel.«
    »Das versteh ich nicht, Daddy.«
    »Er muss sie an einer Stelle ins Wasser geworfen haben, wo der Fluss sandig war. Ansonsten hätte sie, gerade nach dieser letzten Flut, überall Kieselspuren haben müssen.«
    »Sicher?«
    »Na ja, nein … aber ich finde das ziemlich logisch.«
    »Und das hier wäre diese sandige Gegend?«
    »Ja. Ich wette, es war nicht weit von hier. Und es gibt hier nicht mehr als zwei oder drei günstige Stellen, wo er sie in den Fluss schmeißen konnte; überall sonst ist es so wie hier, wo wir jetzt langgehen, all das dichte Gestrüpp und die ganzen Bäume um uns rum. Natürlich hätte er sich auch durch die Büsche kämpfen können. Aber wenn es so ist, wie ich denke, nämlich, dass wir’s mit jemand zu tun haben, der sich an diesem Fluss sehr gut auskennt, dann kennt er die günstigen Stellen.«
    Das Sonnenlicht schien nur schwach durch das Dickicht der Wälder, und während wir gingen, wurde es später und das Licht noch schwächer. Wo der Wald sich etwas lichtete und die Äste sich nicht ineinander verschlungen hatten, fiel es hindurch, in rotgoldenen Klecksen, wie in Honig getunkte Apfelscheiben.
    Schließlich wurde der Pfad breiter, die Bäume machten Platz für einen Weg, der sich zum Fluss herunterwand und als sandiger Abhang darin verschwand.
    »Normalerweise ist das Wasser hier so klar, dass du bis auf den Grund sehen kannst.«
    Heute konnte man nicht bis auf den Grund sehen. Das Wasser war schmutzig und schäumte, Äste und Stücke von Rinde trudelten in der Strömung.
    »Ich wüsste nicht, was es da zu sehen gäbe«, sagte ich.
    Daddy

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