Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
war; und ich war mir eine Zeit lang sicher gewesen, dass auch Mama gefallen war, wenn auch anders – es war ein Fall, der als Tätowierung auf dem Unterarm des verschwundenen Red Woodrow dokumentiert war.
Ich hatte herausgefunden, dass mein Daddy die Beherrschung verlieren konnte. Ich hatte herausgefunden, dass Mr. Nation betteln und weinen konnte und dass seine Söhne schnell laufen konnten.
Miss Maggie war Reds Mutter, und vielleicht war Red ein Mörder. Aber hatte er Miss Maggie und Mrs. Canerton umgebracht? Und wenn ja, warum? Und wo war er?
Menschen, die ich kannte, stellten sich als fremd und brutal heraus. Sie hatten Mose gehängt und mich und meinen Vater getreten und geschlagen.
Es hätte mich nicht überrascht festzustellen, dass man den Mond berühren kann, wenn man auf den höchsten Baum klettert, und dass man ihn mit einer Schere entzwei schneiden kann.
22.
Wir alle gingen zu Mrs. Canertons Beerdigung. Meine Familie und ich saßen in der ersten Reihe der Baptistenkirche. Cecil war da. Alle waren da, aus der Stadt und auch von außerhalb, bis auf die Nations und ein paar von den Leuten, die dabei waren, als Mose aufgehängt wurde.
Sogar Dr. Stephenson kam, er stand hinten in der Kirche und sah eher enttäuscht als traurig aus. Auch Dr. Taylor war da. Er saß neben Dr. Stephenson, die Hände im Schoß, sein Gesicht so leer wie der Wind. Man sagte, ihn habe Mrs. Canertons Tod besonders hart getroffen und dass sie und er sich in letzter Zeit näher gekommen waren.
Innerhalb einer Woche kamen Daddys frühere Kunden in den Friseurladen zurück, unter ihnen einige von denen, die Mose gelyncht hatten, und die meisten von ihnen wollten, dass er ihnen persönlich das Haar schnitt. Er arbeitete wieder regelmäßig. Ich wusste nicht, was er fühlte, wenn er die Haare derer schnitt, die ihn und mich geschlagen und Mose gehängt hatten. Er schnitt ihre Haare und nahm ihr Geld an. Vielleicht sah Daddy darin eine Art Racheakt. Vielleicht fiel es ihm leicht, zu vergeben und zu vergessen. Und vielleicht brauchten wir auch einfach nur das Geld.
Mama nahm eine Stelle im Stadthaus an. Sie fuhr jeden Tag mit Daddy in die Stadt. Also waren wir mit Grandma allein, die es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, zweimal die Woche in die Stadt zu fahren, die Männer im Friseurladen zu ärgern und sich mit Mr. Groon zu treffen.
Die beiden fuhren durch die Stadt und unternahmen Ausflüge ins Umland. Manchmal fuhr er sie den ganzen Weg bis nach Tyler, um sie zu einem Dinner in einem Café einzuladen oder eine Show anzusehen.
Wie das immer so ist – das Gerede über die Morde erstarb. Daddy trocknete das zusammengerollte Papier, das er in Mrs. Canertons Leiche gefunden hatte, aber wie die anderen war es zu verrottet und durchnässt, um etwas erkennen zu können. Und selbst wenn es anders gewesen wäre, konnte man sich nur schwer vorstellen, wie es etwas hätte bedeuten können.
Mose wurde nicht mehr erwähnt. Es war, als hätte er nie existiert. Obwohl Mrs. Canerton auf die gleiche Weise ermordet worden war wie die anderen Opfer, bestanden immer noch einige darauf, dass Mose der Mörder sei. Die verbreitetste Geschichte war jetzt, dass Red es getan und sich dann abgesetzt hatte, wohin auch immer, und niemals wiederkommen würde. Niemand behauptete mehr, Postkarten von ihm zu bekommen – was wieder einmal zeigt, wie wankelmütig die Leute sind.
Das Leben wurde wieder so normal, wie es nach all dem noch werden konnte, obwohl es in meinen Augen nicht mehr so klar, rein und deutlich umrissen war wie früher; und nichts, was ich tun konnte, würde das alte Leben wieder zurückbringen.
Was den Mörder betrifft, waren Tom und ich nicht sehr überzeugt davon, dass es Red war – und auch nicht, dass die Morde aufhören würden. Für uns war der Täter immer noch der Ziegenmann. Eines Tages, als Mama und Daddy bei der Arbeit waren und Grandma losgezogen war, um mit Mr. Groon zu flirten, beschlossen wir, zu Moses Hütte zu gehen. Wir nahmen die Schrotflinte mit.
Bei der Hütte war der Ziegenmann zuletzt gesehen worden, und ich wollte mehr über ihn herausfinden, ihn vielleicht sogar gefangen nehmen. Es gab einen Teil in mir, der ein Held sein wollte. Deshalb nahmen wir die Büchse mit und ein gutes, starkes Seil.
Wenn ich auf all das zurückblicke, scheint mir diese Aktion verdammt töricht; damals aber glaubten wir, dass es der perfekte Plan sei. Wir dachten, wir könnten den Ziegenmann mit dem Gewehr stellen und in Schach
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