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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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grinste. »Ich auch nicht. Aber ich glaube, dass der Mörder Louises Auto nicht nur genommen hat – er hat es auch verschwinden lassen. Er hat sie mit ihrem Auto zum Fluss gebracht, oder vielleicht ist sie gefahren. Als er sie umgebracht hatte, musste er’s loswerden. Würde mich nicht wundern, wenn er’s zu einer dieser günstigen Stellen gefahren hat, von denen ich dir erzählt habe, und es dann in den Fluss geschoben hat. Man kann mit einem Auto zum Beispiel diesen Weg hier runterfahren, bis zum Ufer. Es gibt höchstens noch zwei weitere Stellen, an die man trotz des Sandes fahren kann.«
    »Wenn er das Auto hat verschwinden lassen, wie ist er dann hier weggekommen?«
    »Das hab ich noch nicht rausgefunden, Harry. Aber ich glaube, er ist einer, der alles sorgfältig plant. Es ist das erste Mal, dass er das Auto seines Opfers genommen hat – keine von den anderen Frauen hatte eines. Dieses Mal sieht’s aus, als habe er es genommen. Er kommt hierher, ermordet Louise, wirft sie in den Fluss, so verschnürt, wie er’s mag, und dann muss er das Auto loswerden. Vielleicht hat er es in den Fluss geschoben, vielleicht hat er es einfach stehen gelassen.«
    »Reds Auto wurde einfach stehen gelassen.«
    »Das stimmt«, sagte Daddy. »Ich sag dir was, Harry. Jetzt, wo ich nicht mehr an der Flasche hänge, habe ich das Gefühl, wieder ein wenig denken zu können. Du hasst mich doch nicht, mein Junge, oder?«
    »Nein, Sir«, sagte ich. »Nicht mal ein bisschen.«
    »Gut. Dann ist alles in Ordnung.«
    Wir gingen ein Stück auf dem breiteren Weg entlang, kamen zurück an den Fluss und gingen wieder den schmalen Pfad am Ufer entlang. Kurze Zeit später kamen wir zu einer weiteren Stelle, von der Daddy gesprochen hatte, an der man ohne weiteres etwas in den Fluss befördern könnte. Wie die andere war auch diese wie eine sandige Rutschbahn, die direkt in den Fluss mündete; aber man konnte sehen, dass hier das vom Wasser umspülte Gestrüpp niedergedrückt worden war. Die Sonne, die durch die geknickten Büsche fiel, ließ einzelne Sandkörner funkeln wie geschliffene Diamanten.
    Unten im Fluss sah man das Dach eines Autos. Es war, natürlich, das von Mrs. Canerton.
    »Du hattest recht, Daddy.«
    »Das glaube ich auch«, sagte er. »Das ist vielleicht die erste wirklich erfolgreiche Detektivarbeit, die ich in dieser ganzen Sache geleistet habe.«
    *
    Daddy fand erst am nächsten Tag Leute, die ihm halfen, das Auto aus dem Fluss zu holen. Darin waren zwei aufgeweichte Bücher, Die Zeitmaschine und Wolfsblut . Außerdem ein metallener Flachmann mit etwas Whiskey und eine Dose mit Kopfschmerztabletten, die dem Etikett nach von Dr. Stephenson verschrieben worden waren.
    Daddy war der Ansicht, dass Mrs. Canerton mir zwei neue Bücher hatte vorbeibringen wollen. Ihr Mörder war ihr in seinem Auto nachgefahren und hatte sie entweder überredet oder gezwungen, ihm zu folgen. Es könnte jemand gewesen sein, den sie kannte. Jemand, wegen dem sie ganz selbstverständlich angehalten hatte.
    Und dann hat er sie und ihr Auto im Fluss abgeladen. Wahrscheinlich stand sein eigenes Auto in der Nähe, sodass er damit nach Hause fahren konnte.
    Es schien logisch, und es machte mich krank.
    Mrs. Canerton hatte mir Bücher vorbeibringen wollen – und das schlug auf mich ein wie auf einen Amboss. Ich fühlte mich schuldig.
    Vor kurzem noch war ich ein glückliches und sorgloses Kind gewesen; dass es die Depression gab, wusste ich nicht einmal, und schon gar nicht, dass es Mörder gab, die außerhalb der Groschenheftchen im Friseurladen existierten – und in keinem dieser Heftchen war ein Mörder vorgekommen, der diese Dinge tat. Und Daddy, der trotz seiner kurzfristigen Verwirrung ein aufrichtiger und ehrlicher Mann war, war deshalb noch lange kein Doc Savage.
    In den Kriminalgeschichten in den Groschenheften fanden die brillanten Polizisten und Detektive schnell ein paar heiße Spuren, fügten alle Anhaltspunkte zusammen, und der Fall war gelöst. Im wirklichen Leben gab es viele solcher Anhaltspunkte, aber statt den Fall zu vereinfachen, machten sie alles nur noch komplizierter.
    Im Grunde wusste heute niemand mehr als damals, in der Nacht, als ich die tote Frau gefunden hatte, die mit Stacheldraht an den Baum gefesselt war.
    Ich hatte gelernt, dass die Menschen, die ich kannte – oder glaubte zu kennen – ihre eigenen Probleme und ihr eigenes Leben hatten. Mama und Daddy hatten eine Vergangenheit. Ich hatte gesehen, wie Daddy abgestürzt

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