Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
zwischen die Menschen hinter mir. Ich war dreizehn Jahre alt und ich wusste nicht, was ich tun sollte – und hier war ein Junge, der genauso alt war wie ich, der starb und nannte mich ›Mister‹ und bettelte um meine Hilfe.
    Sie zündeten den Wagen an. Nicht mal zwei Tage später fanden sie die verstreuten Kleider des Mädchens, und die Spur führte zu einem kleinen Lagerplatz, wo man noch ein paar Sachen des Mädchens fand, und einen toten farbigen Mann. Neben ihm lag ihre kleine Tasche. Ich weiß nicht, ob der tote Mann der Täter gewesen war, aber ich bin ziemlich sicher, dass Donald es nicht war. Ich nehme an, die Menge war aufgebracht, einer hatte behauptet, es wär ein Nigger gewesen, und dann warf man ihnen den nächstbesten zum Fraß vor. Armer Donald. Ich glaube, der Mann, den sie gefunden haben, hatte es getan.«
    »Wie ist der gestorben, Daddy?«
    »Einfach so, schätze ich. Sie nahmen die Leiche des Mannes, zogen sie durch den Wald und die ganze Straße der Prediger entlang, und dann haben sie die Leiche angezündet. Der Körper, hauptsächlich Knochen, lag einen Monat lang am Straßenrand, bevor Tiere oder sonstwer ihn weggeschafft haben.
    Donalds Vater, dieser Hurensohn, starb irgendwann, als er versuchte, in ein Haus in Mission Creek einzubrechen. Er kletterte durchs Fenster und wurde erschossen. Ich erinnere mich, dass ich dachte: Ein Glück, dass er weg ist. Donald war ein guter Junge. Er war nicht schlechter oder besser als jedes andere Kind in diesem Alter, und er ist umgebracht worden, einfach so. Die Erinnerung daran hat sich in meinen Kopf eingebrannt, das ist es, was ich versuche, dir zu sagen; und es ist nicht gerade eine Erinnerung, die ich mag.
    Kurz gesagt: ich bin kein so guter Kerl, Harry. Ich hab nichts getan, um Donald zu helfen.«
    »Daddy – da gab es auch nichts, was du tun konntest.«
    »Ich wünschte, das wäre wahr. Aber danach bin ich nicht mehr derselbe gewesen. Ich hasse niemanden wegen seiner Hautfarbe – wenn es mir gelingt. Manchmal holen mich noch schlimme Dinge ein, aber ich tue mein Bestes, Harry. Ich tue mein Bestes. Allein schon für deine Mutter. Sie hat schon immer so gedacht, wie sie jetzt denkt; manche Leute erkennen die Wahrheit sofort. Deine Grandma ist auch so, und sie gab es an deine Mutter weiter, und deine Mutter hilft mir, klar zu sehen, wenn ich es nicht will. Es ist leicht zu hassen. Es ist leicht zu sagen, dieses und jenes passiert nur, weil die Farbigen dieses oder jenes tun oder nicht tun, aber das Leben ist nicht so einfach. In diesem Job als Constable habe ich ein paar von den übelsten menschlichen Wesen gesehen, die es gibt, Weiße und Schwarze. Die Farbe sagt nichts über Bösartigkeit aus. Oder besondere Güte. Merk dir das.«
    »Ja, Sir, das werde ich.«
    »Weißt du, Harry, so, wie es hier ist, kann es nicht weitergehen. Es muss sich etwas verändern, wenn die Leute in diesem Land miteinander leben wollen. Der Bürgerkrieg ist siebzig Jahre oder so her, und es gibt immer noch Leute, die andere hassen, weil sie im nördlichen oder südlichen Teil der Vereinigten Staaten geboren sind.
    Und die einzige Veränderung für die Farbigen ist, dass sie nicht mehr verkauft werden können. Mose ist der Sklaverei gerade so entgangen, aber er ist trotzdem sein Leben lang von Weißen herumgetreten worden. Deswegen hat er sich auch entschlossen, in den Wäldern zu leben: um von den weißen Leuten wegzukommen. Und weißt du was? Er vertraut mir. Oder jedenfalls scheint es so. Wenn ich rübergehe und nach ihm sehe, ist er froh, mich zu sehen. Er glaubt, ich beschütze ihn.«
    »Tust du das denn nicht?«
    »Er wäre besser beschützt, wenn ich ihn in Ruhe gelassen hätte. Ich glaube, ich habe ihn festgenommen, weil er farbig ist und die Geldbörse der weißen Frau hatte. Ein Teil von mir – kein guter Teil – war darüber sehr aufgebracht. Er ist farbig, und er hatte die Börse. Auch wenn er sie nur gefunden hat. Als ich ein Kind war, zeigte er mir, wie man den Köder so auf den Haken steckt, dass er nicht abgeht. Wie man Welse mit einer Zange häutet. Wie man sich im Wald zurechtfindet, wo die guten Stellen zum Angeln sind und wie man nach neuen sucht. Niemals hatte ich auch nur im Entferntesten den Eindruck, dass er jemanden umbringen könnte – und trotzdem habe ich ihn auf der Stelle festgenommen.«
    »Du hast dich nur nach der Beweislage gerichtet, Daddy.«
    Jetzt lächelte Daddy – so sehr, dass es aussah, als wollten seine Mundwinkel nach beiden

Weitere Kostenlose Bücher