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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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es nicht besser so, als das nie erlebt zu haben?
    Sie bedauerte Caillean jetzt noch mehr, die als Kind durch die brutale Mißhandlung ihre Unschuld verloren hatte. Caillean schreckte verständlicherweise vor allen Männern zurück und vor dem, was sie »Liebe« nannten.

    Ein Tag folgte dem nächsten, und Eilan empfand eine nicht nachlassende wohltuende Ausgeglichenheit. Ihre Ruhe und Zufriedenheit strahlte auch auf die Umgebung aus. Ohne viele Worte konnte sie anderen helfen. Alles ging ihr leicht von der Hand, und sie erfüllte ihre Pflichten mit einer stillen Freude.
    Beim nächsten Vollmondritual stand Eilan zwar innerlich zitternd an Lhiannons Seite, aber kein strafender Blitz der zürnenden Göttin erschlug sie. Das Orakel enthüllte weder ihre Sünde noch drohte es ihr mit einem unheilvollen Zeichen.
    Und so behielt Eilan das Geheimnis der Liebesnacht für sich und lernte das geheime Wissen, das den eingeweihten Priesterinnen vorbehalten blieb. Ihre Lehrerinnen waren mit ihr zufrieden, denn sie machte große Fortschritte, ihre Fähigkeiten als Priesterin nahmen zu.

    Mit den länger werdenden Tagen fand der Unterricht in einem der Gärten oder im heiligen Hain statt.
    Dort standen dreizehn uralte Eichen - zwölf in einem weiten Kreis, die dreizehnte und älteste in der Mitte. Sie breitete ihre dicken knorrigen Äste über den Steinaltar.
    Eilan blickte in die Wipfel der majestätischen Eichen und glaubte, selbst in der warmen Nachmittagssonne etwas von dem Zauber zu spüren, den der Mond in den Nächten hier gewirkt hatte.
    Cailleans Stimme rückte in immer weitere Ferne, während Eilan den Blick nicht von den Baumkronen wenden konnte. Die Stille, die sie umgab, schien nicht mehr von dieser Welt, und das Licht auf den Blättern wurde zu spielenden Farben, deren Glanz sie verzauberte. Eilan fühlte sich einswerden mit den Kräften der Natur. Sie war so glücklich wie damals als Kind, wenn sie im hohen Gras lag und den langsam dahinziehenden Wolken nachblickte und nicht mehr wußte, in welcher der Welten sie sich befand. Jetzt war es der Liebeszauber, der in ihr wirkte und eine Brücke zu anderen Ebenen schlug. Wieder wurde ihr bewußt, daß seit dem letzten Beltane alle ihre Sinne durchlässiger für die andere Welt geworden waren. Nein, die Göttin bestrafte sie nicht, sondern schien ihr das zu erschließen, wovon sie schon immer geträumt hatte - im Einklang mit ihrem Wesen war sie Teil aller Welten, der sichtbaren und der unsichtbaren.
    »In alter Zeit«, plötzlich drang Cailleans Stimme wieder in ihr Bewußtsein, »gab es in allen Wäldern von Albion Heiligtümer der Göttin mit einer Schwesternschaft von neun Hohenpriesterinnen, eine für jedes Gebiet in diesem Land. Und jede stand hinter der jeweiligen Königin der neun Stämme. Sie war die Ratgeberin der Königin und unterstützte sie in allen Dingen.«
    Eilan lehnte sich an den dicken Stamm der Eiche. Sie ließ die wunderbar gleichmäßig strömende Kraft durch ihren Körper fließen und versuchte, die Augen offenzuhalten. Seit ungefähr einer Woche stellte sie fest, daß sie am frühen Nachmittag das Bedürfnis hatte zu ruhen.
    »Sie waren selbst keine Königinnen?« fragte Dieda.
    »Ihre Aufgabe war weniger sichtbar und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, obwohl sie oft aus königlichem Blut stammten. Aber die Hohepriesterin hat die Könige gekrönt. Wenn ein König geweiht wurde, erschien er als Bittsteller im heiligen Hain, um die Prüfung abzulegen, mit der seine Wahl erst Gültigkeit erlangte. Nur die Hohepriesterin konnte seine Vermittlerin bei der Göttin sein. SIE mußte seine Macht bestätigen und ihm die Kraft verleihen, die er dann seiner Königin und seinem Volk schenkte.
    »Sie waren also keine Jungfrauen… «, sagte Miellyn, und es klang bitter.
    Plötzlich war Eilan hellwach und dachte an die Worte des Merlin.
    Bin ich also für Gaius die Göttin gewesen? Wenn das wirklich so ist, welches Schicksal erwartet ihn dann?
    »Die Priesterinnen schliefen mit Männern, wenn es der Dienst an der Göttin verlangte«, antwortete Caillean sachlich. »Aber sie heirateten nicht, und sie bekamen nur dann Kinder, wenn das königliche Geschlecht auf keine andere Weise erhalten werden konnte. Die Priesterinnen behielten immer ihre Freiheit.«
    »In Vernemeton heiraten wir zwar auch nicht, aber ich finde nicht, daß wir frei sind«, stellte Dieda stirnrunzelnd fest. »Auch wenn die Hohepriesterin des Orakels ihre Nachfolgerin bestimmt, muß der Rat

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