Die Wälder von Albion
verleiten können, ihre Gelübde zu brechen. Doch vielleicht würde sie Eilan und ihre Entscheidung verstehen.
Andererseits hatte Caillean ihre Wahl nicht verstanden. Selbst wenn sie jetzt die Tat billigte, dann änderte das nichts an der Kritik an Gaius. Vielleicht war es deshalb besser, auch mit ihr nicht darüber zu sprechen.
»Eilan, geh nicht zurück.« Gaius stützte sich auf einen Ellbogen und sah sie an. »Ich habe Angst um dich.«
»Ich bin die Enkeltochter des höchsten Druiden. Was glaubst du, was sie mit mir tun würden?« erwiderte sie.
Ihr Vater hatte einmal gesagt, er werde sie mit den eigenen Händen erwürgen, wenn sie sich von Gaius verführen ließ. Damals war sie noch ein Kind gewesen, jetzt aber war sie eine Frau und eine geweihte Priesterin. Sie schuldete nur ihren Schwestern und den Göttern Rechenschaft. Ihr Vater besaß keine Macht mehr über sie.
»Wenn ich dich schützen könnte, dann würden sie nicht wagen, dir etwas anzutun«, murmelte er finster.
»Wäre ich in Sicherheit, wenn wir fliehen? Wohin sollten wir uns wenden? Die wilden Stämme im Norden würden mich vielleicht aufnehmen, aber dann wärst du in Gefahr. Wohin sonst könnten wir gehen, um Roms Macht zu entkommen? Du bist ein Offizier, Gaius. Dich bindet wie mich ein Eid. Ich habe mein Gelübde gebrochen, um einem höheren Gesetz zu dienen, aber das befreit mich nicht von meinen Aufgaben und Pflichten. Ich muß der Göttin dienen und darauf vertrauen, daß sie für mich sorgt, was auch geschehen mag… «
»Das ist mehr, als ich kann… «, sagte er und rieb sich die Augen.
»Unsinn. Wenn du deinen Dienst in den Legionen nicht aufgibst, dann bist du in größerer Gefahr als ich… «
Eilan drückte ihn fest an sich und schauderte bei dem Gedanken, daß sein Herz von einem Schwert durchbohrt werden könnte. Er küßte sie, und alle Gedanken an die Zukunft waren wieder vergessen - für eine Weile.
15. Kapitel
Trotz der Behauptungen, die unter den Novizinnen flüsternd verbreitet wurden und an die sich Eilan noch gut erinnern konnte, schien sie keine ihrer besonderen Fähigkeiten als Priesterin verloren zu haben, obwohl sie mit einem Mann geschlafen hatte. Zumindest schützte sie der Zauber, den Eilan murmelte, als sie durch die Küchenpforte in das Heiligtum zurückkehrte, den Weg zur Halle der Priesterinnen entlang und in ihre Kammer eilte, vor unerwünschten Blicken. Die wenigen Leute, die in der Nähe waren, schienen sie jedenfalls nicht zu bemerken.
Eilan zog das Gewand aus und wusch sich. Sie verbarg das Unterkleid, bis sie Zeit finden würde, das Blut ihrer verlorenen Jungfernschaft auszuwaschen. Dann streifte sie schnell das Nachthemd über und zündete ein Feuer an, denn sie schien vor Kälte fast erfroren zu sein. Außerdem knurrte ihr Magen, und ein schrecklicher Hunger plagte sie - kein Wunder, denn wann hatte sie das letzte Mal etwas gegessen?
Dem Drängen ihres Magens nach hätte sie auf der Stelle in die Küche gehen müssen, aber sie brauchte noch etwas Zeit. Sie mußte zuerst darüber nachdenken, was sie und Gaius erlebt hatten.
Vielleicht möchte ich aber auch nur die Augen schließen und mir die Liebesnacht noch einmal in allen Einzelheiten ins Gedächtnis rufen…
Es hatte sie nicht überrascht, daß Gaius leidenschaftlich und stürmisch gewesen war, aber mit seiner Zärtlichkeit hatte sie nicht gerechnet. Er hielt sich zurück, bis er wie ein zum Zerreißen gespannter Bogen vibrierte, um ihr Zeit zu lassen und sie nicht zu verletzen. Ihr Körper mochte zwar noch jungfräulich gewesen sein, aber die Initiation durch den Merlin hatte bereits alle Bahnen der Leidenschaft geöffnet. Der Genuß und die Wonne, die sie bei der Vereinigung empfand, standen deshalb seinen Gefühlen in nichts nach. Und beim Höhepunkt schien es Eilan, daß die Göttin noch einmal gegenwärtig war und das Geschenk der Kraft ebenfalls empfing.
Eilan seufzte, als sie sich des ungewohnten Wundseins und der süßen Schwere ihrer Glieder bewußt wurde. Aber noch nie hatte sie sich so leicht und innerlich gelöst gefühlt. Sie glaubte, die ganze Welt umarmen zu können.
Wird die Göttin mich bestrafen, weil ich mein Gelübde gebrochen habe? Wird sie sich damit an mir rächen, daß ich nachts weine, wenn ich daran denken muß, was ich nie wieder haben kann?
Eilan lächelte bei dem Gedanken und wollte sich das Glücksgefühl der Erinnerung an diese Nacht nicht durch irgendwelche Befürchtungen nehmen lassen.
Und wenn schon! Ist
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