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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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streckte sich ihm entgegen. Gaius hob den unverwundeten Arm, aber er hatte nicht die Kraft, die Hand zu umfassen.
    »Was ist los? Bist du verletzt?« fragte die Frau etwas freundlicher.
    Gaius brachte noch immer kein Wort über die Lippen. Er sah, daß auch die andere Frau, die ebenfalls sehr jung war, sich über die Grube beugte und ihn anstarrte.
    »Sieh nur, Dieda! Er blutet! Lauf und hole Cynric. Nur er kann ihn hier rausholen.«
    Eine grenzenlose Erleichterung erfaßte Gaius mit solcher Macht, daß er beinahe wieder das Bewußtsein verlor. Er sank zurück auf den Boden und stöhnte, da die Bewegung stechende Schmerzen auslöste.
    »Du darfst nicht ohnmächtig werden… «, hörte er die klare Stimme über sich. »Meine Worte werden wie ein Seil sein, an das du dein Leben bindest. Hast du mich verstanden?«
    »Ich kann dich hören… «, flüsterte er, »bitte, sprich weiter… «
    Vielleicht lag es daran, daß Rettung nahte und er sich erlauben konnte, wieder etwas zu fühlen; jedenfalls begannen seine Wunden von diesem Augenblick an heftig zu schmerzen. Gaius hörte die klare Stimme der jungen Frau über sich, aber ihre Worte verstand er nicht. Sie strömten durch sein Bewußtsein wie sanft plätscherndes Wasser und halfen ihm, sich von seinem Schmerz zu lösen.
    Es wurde dunkel. Aber erst als Gaius den Fackelschein zwischen den Bäumen sah, begriff er, daß die Nacht anbrach und daß ihm nicht seine Augen den Dienst versagten.
    Das Gesicht der Frau verschwand, und er hörte sie rufen: »Vater, ein Mann ist in die alte Fallgrube gestürzt!«
    »Keine Angst, wir holen ihn schon raus«, antwortete eine tiefe Stimme. »Hmm… «« Gaius sah undeutlich mehrere Gestalten über sich, »mir scheint, er muß getragen werden. Cynric, spring hinunter und sieh ihn dir genauer an.«
    Im nächsten Augenblick kam ein junger Mann in die Grube. Er musterte Gaius und fragte freundlich: »Was hast du dir denn dabei gedacht? Es gehört schon viel Dummheit dazu, in diese Fallgrube zu geraten, die jeder hier in der Gegend seit vielen Jahren kennt!«
    Gaius mußte schlucken und kämpfte mit seinem Stolz. Er wollte dem Mann sagen, man werde ihn großzügig belohnen, wenn er ihn aus der Grube herausholte, aber schon kurz darauf war er froh, geschwiegen zu haben. Seine Augen gewöhnten sich an den Fackelschein. Der junger Römer sah, daß sein Retter ungefähr in seinem Alter war, jedenfalls nicht viel älter als achtzehn. Aber er war ein wahrer Riese. Das blonde lockige Haar fiel ihm frei auf die Schulter und ins Gesicht. Er hatte keinen Bart und wirkte so ruhig und heiter, als sei er es gewohnt, Tag für Tag halbtote Fremde zu retten. Er trug eine karierte Tunika und eine enganliegende weiche Lederhose. Eine goldene Fibel mit einem stilisierten Raben in einem Rand aus roter Emaille hielt den bestickten Wollmantel zusammen. Die Kleidung verriet, daß er aus einem vornehmen Haus stammte. Aber er gehörte eindeutig nicht zu denen, die sich vor ihren Siegern beugten und die römischen Sitten nachahmten.
    Gaius erwiderte leise in der Sprache der Stämme: »Ich bin ein Fremder. Ich kenne eure Warnzeichen nicht.«
    »Na ja, das ist alles nicht so schlimm. Zuerst holen wir dich hier raus, dann können wir darüber reden, wie du in die Grube geraten bist.«
    Der junge Mann legte Gaius einen Arm um die Hüfte, zog ihn hoch und stützte den jungen Römer so mühelos, als sei er ein Kind.
    »Wir haben diese Grube für Eber, Bären und Römer ausgehoben«, bemerkte er leise lachend. »Pech, daß du hineingeraten bist.« Er blickte nach oben und rief: »Wirf deinen Mantel herunter, Dieda. Das ist einfacher, als ihn auf eine Tragbahre zu legen. Sein Mantel ist völlig von Blut durchtränkt.«
    Der junge Mann fing Diedas Umhang mit der freien Hand auf. Geschickt schlang er Gaius das eine Ende um die Hüfte und knotete das andere um die eigene. Dann setzte er den Fuß auf den untersten Pfahl.
    »Schrei einfach, wenn ich dir weh tue! Ich habe schon Bären auf diese Weise aus der Grube geholt. Aber sie waren tot und konnten sich nicht mehr beschweren.«
    Gaius biß die Zähne zusammen und klammerte sich an den Mann. Er wurde beinahe ohnmächtig, als er mit seinem geschwollenen Knöchel gegen eine Wurzel stieß. Jemand beugte sich über den Rand der Grube, packte Gaius an den Händen und zog ihn nach oben. Gaius blieb schwer atmend auf der Erde liegen, bis er die Kraft fand, die Augen aufzuschlagen.
    Ein älterer Mann musterte ihn aufmerksam. Vorsichtig

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