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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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In vielen Leben hast du mir gedient. Adsartha, meine Tochter, wann wirst du die Gelübde erneuern, die dich an mich binden?«
    Von den Augen der Göttin schien ein so helles Leuchten auszugehen, daß es bis in ihre Seele drang. Oder waren es nur die Sonnenstrahlen? Denn als Eilan wieder zu sich kam, blinzelte sie benommen und starrte ins Licht, das durch die Bäume drang.
    »Eilan… «, sagte Dieda, und es klang vorwurfsvoll, als habe ihre Nichte sie beim ersten Mal nicht gehört. »Was ist denn heute nur los mit dir?«
    »Dieda!« rief Eilan, »hast du SIE nicht gesehen? Hast du die Göttin im Wasser nicht gesehen?«
    Dieda schüttelte den Kopf. »Du redest schon wie diese verrückten Frauen in Vernemeton, die auch immer von Visionen sprechen!«
    »Wie kannst du so etwas sagen? Du bist die Tochter des höchsten Druiden von ganz Albion. Im Heiligtum in Vernemeton könnte man dich zur Sängerin ausbilden!«
    Dieda runzelte die Stirn. »Ich eine Sängerin? Ardanos würde das niemals erlauben. Außerdem habe ich keine Lust, den Rest meines Lebens im Kreis geschwätziger Frauen zu verbringen. Dann möchte ich lieber wie dein Ziehbruder Cynric zu den Raben gehören und gegen Rom kämpfen!«
    »Still!«
    Eilan blickte sich erschrocken um, als hätten die Bäume Ohren.
    »Du weißt doch, daß wir nicht darüber reden dürfen, auch hier nicht! Außerdem kannst du mir nicht erzählen, daß du an Cynrics Seite kämpfen möchtest. Du willst in seinen Armen liegen… ich habe sehr wohl gesehen, wie du ihn geradezu mit den Augen verschlingst!«
    Eilan lachte, und diesmal wurde Dieda rot.
    »Du weißt überhaupt nichts!« rief sie wütend. »Aber die Zeit wird kommen, wo du verrückt nach einem Man bist. Und dann werde ich über dich lachen.« Sie legte energisch das Tuch zusammen.
    »Niemals!« widersprach Eilan heftig, »ich möchte der Göttin dienen!«
    Erneut verschwamm ihr alles vor den Augen, und wieder überkam sie das fremde Bewußtsein. Das Plätschern des Wassers schien lauter zu werden; und als habe die Göttin ihre Worte gehört, fühlte sich Eilan in diese unwirkliche Stille entrückt. Aber dann drückte ihr Dieda entschlossen den Korb in die Hand.
    »Komm, gehen wir zurück.«
    Sie drehte sich um und lief den Pfad hinauf. Aber Eilan blieb wie angewurzelt stehen, denn sie hatte etwas gehört, das nicht von der Quelle und nicht aus dem Teich kam.
    »Warte! Hörst du nichts? Es kommt von dort drüben, von der alten Fallgrube. Es klingt, als ob jemand ruft!«
    Dieda blieb stehen und drehte sich um. Die beiden lauschten mit angehaltenem Atem, und dann hörten sie den Schrei noch einmal. Diesmal klang er schwächer und wie von einem verwundeten Tier.
    »Ich glaube, wir gehen besser hinüber und sehen nach, was es ist«, sagte Dieda schließlich. Sie seufzte und fügte ärgerlich hinzu: »Jetzt kommen wir ganz bestimmt zu spät nach Hause. Aber wenn ein Tier in die Grube gefallen ist, dann müssen die Männer kommen und es von seinen Qualen erlösen.«

    Der junge Mann lag zitternd und blutend auf dem Boden der Grube und wußte, seine Hoffung auf Rettung schwand mit der untergehenden Sonne.
    Die Falle, die zu seinem Gefängnis geworden war, stank nach Verwesung und war naß. Auf der Erde lag in dicken Schichten der Kot der Tiere, die im Laufe der Zeit in diese Grube geraten waren. In den Boden und in die Seiten hatte man spitze Holzpflöcke gerammt. Ein solcher Pflock hatte ihm die Schulter durchbohrt.
    Es ist keine gefährliche Wunde, dachte er, und bis jetzt habe ich noch nicht einmal große Schmerzen. Die verletzte Schulter war nach dem Sturz noch immer völlig gefühllos. Doch diese Wunde, wie leicht sie auch sein mochte, würde ihn wahrscheinlich das Leben kosten.
    Er fürchtete sich natürlich nicht zu sterben. Gaius Macellius Severus Siluricus war neunzehn Jahre alt und hatte als römischer Offizier seinem Kaiser den Eid der Treue und der Tapferkeit geleistet. Die erste Schlacht lag bereits hinter ihm, noch ehe der Flaum sein Kinn bedeckte. Jetzt zu sterben, weil er wie ein dummer Hase in eine Falle geraten war, machte ihm keine Angst, es machte ihn wütend.
    Es ist meine eigene Schuld, dachte Gaius bitter. O ja, hätte er auf Clotinus Albus gehört, säße er jetzt am warmen Feuer, würde Bier trinken und mit Gwenna, der Tochter seines Gastgebers, flirten.
    Gwenna hielt nichts von dem tugendsamen Leben der ländlichen Britonen, sondern hatte die freien Sitten der Frauen in den römischen Städten wie Londinium

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