Die Waffenhändler von Hamor
Achttag ist vergangen, seit Lorn seine Berichte verschickt hat. Das Hauptquartier in Assyadt hat seitdem nichts mehr von dieser Angelegenheit gehört; nur die üblichen Berichte über die laufenden Angelegenheiten sind eingetroffen, wie etwa über die Beschaffung von Pferden – verschickt, bevor Lorns Bericht angekommen sein kann –, eine weitere Bekanntmachung über die reduzierte Zahl der Feuerlanzen und verfügbaren Ladungen, und leicht besorgt klingende Briefe aus dem Außenposten von Pemedra, dass es dort bislang keine barbarischen Attacken gegeben hat und auch keine Barbaren gesichtet wurden.
Lorn hat den Posten als Ikynds Stellvertreter angetreten und in dieser Eigenschaft Schriftrollen zur Anforderung von Lebensmitteln verfasst, die Kaserne inspiziert, den Antrag auf Ersatzoffiziere für Inividra gestellt, einige Zeit damit verbracht, die Waffenübungen zu beaufsichtigen, die er für seine Lanzenkämpfer angesetzt hat, und er hat sogar, so schwer es ihm auch gefallen ist, einen Brief aufgesetzt, um Dettaurs Familie von dessen Tod während der Ausübung seiner Dienstpflichten zu benachrichtigen. Aber trotz der vielfältigen Aufgaben findet er dazwischen noch immer Zeit, sich Sorgen über das zu machen, was wohl auf ihn zukommen mag, und seine Augen wandern von der Tür zum Fenster und wieder zurück.
Es klopft.
Lorn blickt auf, als Kommandant Ikynd in sein vorübergehendes Arbeitszimmer tritt, dann steht er auf. »Ja, Ser.«
»Ihr seid so förmlich.« Ikynd lacht laut auf, bevor seine Stimme den gewohnt freundlichen Ton annimmt. »Hier seid Ihr der Befehlshaber.«
»Nein, Ser. Ihr seid der Befehlshaber. Ich lasse Euch nur nichts tun, was den Lanzenkämpfern in den Außenposten oder draußen auf Patrouille schaden könnte, bis wir etwas vom Major-Kommandanten hören.«
Ikynd schüttelt den Kopf. »Zuerst wurde meine Kommandantur von einem intriganten Stadt-Lanzenkämpfer bestimmt, der in der Gunst des Hauptmann-Kommandanten stand, und nun werde ich von einem in Cyad aufgewachsenen, als Magier geborenen Patrouillen-Kommandanten kontrolliert, der genau das Gegenteil von Dettaur ist. Man könnte denken, Ihr wärt in Assyadt aufgewachsen und nicht in Cyad.«
Lorn zuckt nur mit den Schultern und wartet darauf, dass der Kommandant fortfährt.
»Was werdet Ihr tun, wenn der Major-Kommandant zehn Kompanien schickt?«, fragt Ikynd, der noch immer in der offenen Tür steht.
»Aufgeben«, meint Lorn schlicht.
»Ihr würdet nicht versuchen, am Ende mit Glanz und Gloria zu triumphieren?«
»Das wäre den Männern gegenüber nicht gerecht. Ich habe immer versucht, die Risiken selbst zu tragen. Sie haben ihre Aufgabe erfüllt. Ich wollte nicht getötet werden und sie nicht sterben lassen, nur weil jemand wie Dettaur entschlossen war, mich in eine Lage zu bringen, in der entweder ich oder sie sterben würden.« Lorn runzelt die Stirn und fügt hinzu: »Was völlig unnötig gewesen wäre.«
Der Kommandant lacht. »Wenn Euch keiner in die Quere gekommen wäre, dann wärt Ihr vermutlich irgendwann bei der Ausübung Eurer Pflichten gestorben.«
»Ich war nicht auf Schwierigkeiten aus«, erwidert Lorn, »aber ich konnte die Lanzenkämpfer nicht ohne triftigen Grund sterben lassen. Und ich konnte auch Dettaur nicht gewähren lassen. Wenn ich es nicht getan hätte, dann – früher oder später – ein anderer.«
Ikynd wendet sich zur Tür. »Wie dem auch sei, es wird nicht mehr lange dauern. Der Hauptmann-Kommandant trifft seine Entscheidungen für gewöhnlich schnell.« Er macht eine kurze Pause. »Nun, da Ihr mich zum Helden gemacht habt«, meint Ikynd, »wie lange wagt Ihr Inividra und die armen Bauern noch schutzlos zu lassen?«
Lorn reibt sich das Kinn. »Nicht mehr lange. Ich habe darüber nachgedacht. Ich denke, Ihr solltet eine Kompanie hierher abkommandieren, und der Rest geht zurück nach Inividra, zusammen mit einem erfahrenen Hauptmann, der zum Oberst befördert wird, bis der Hauptmann-Kommandant entschieden hat.«
»Neben Sub-Major Uflet?«
»Ich glaube nicht, dass der Sub-Major nach Inividra zurückkehren wird. Wir haben von Nesmyl nichts dergleichen gehört.«
»Das ist schon der zweite hohe Offizier, der in Eurer Nähe verschwindet.«
Lorn lächelt wissend. »Reiner Zufall, da bin ich mir sicher. Ich werde eine Empfehlung für die Beförderung vom Hauptmann zum Oberst entwerfen.«
»Das kann ich selbst tun.«
»Die Vorschriften besagen, dass Kommandanten vorübergehende Beförderungen
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