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Die Wahlverwandtschaften

Die Wahlverwandtschaften

Titel: Die Wahlverwandtschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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sie fallen, ich in die ihrigen, und was bedarf es weiter als diese Gewißheit!
    Alles war still um ihn her, kein Lüftchen regte sich; so still wars, daß er das wühlende Arbeiten emsiger Tiere unter der Erde vernehmen konnte, denen Tag und Nacht gleich sind.
    Er hing ganz seinen glücklichen Träumen nach, schlief endlich ein und erwachte nicht eher wieder, als bis die Sonne mit herrlichem Blick heraufstieg und die frühsten Nebel bewältigte.
    Nun fand er sich den ersten Wachenden in seinen Besitzungen.
    Die Arbeiter schienen ihm zu lange auszubleiben.
    Sie kamen; es schienen ihm ihrer zu wenig und die vorgesetzte Tagesarbeit für seine Wünsche zu gering.
    Er fragte nach mehreren Arbeitern; man versprach sie und stellte sie im Laufe des Tages.
    Aber auch diese sind ihm nicht genug, um seine Vorsätze schleunig ausgeführt zu sehen.
    Das Schaffen macht ihm keine Freude mehr; es soll schon alles fertig sein, und für wen?
    Die Wege sollen gebahnt sein, damit Ottilie bequem sie gehen, die Sitze schon an Ort und Stelle, damit Ottilie dort ruhen könne.
    Auch an dem neuen Hause treibt er, was er kann; es soll an Ottiliens Geburtstage gerichtet werden.
    In Eduards Gesinnungen wie in seinen Handlungen ist kein Maß mehr.
    Das Bewußtsein, zu lieben und geliebt zu werden, treibt ihn ins Unendliche.
    Wie verändert ist ihm die Ansicht von allen Zimmern, von allen Umgebungen!
    Er findet sich in seinem eigenen Hause nicht mehr.
    Ottiliens Gegenwart verschlingt ihm alles; er ist ganz in ihr versunken, keine andre Betrachtung steigt vor ihm auf, kein Gewissen spricht ihm zu; alles, was in seiner Natur gebändigt war, bricht los, sein ganzes Wesen strömt gegen Ottilien.
    Der Hauptmann beobachtet dieses leidenschaftliche Treiben und wünscht den traurigen Folgen zuvorzukommen.
    Alle diese Anlagen, die jetzt mit einem einseitigen Triebe, übermäßig gefördert werden, hatte er auf ein ruhig freundliches Zusammenleben berechnet.
    Der Verkauf des Vorwerks war durch ihn zustande gebracht, die erste Zahlung geschehen, Charlotte hatte sie der Abrede nach in ihre Kasse genommen.
    Aber sie muß gleich in der ersten Woche Ernst und Geduld und Ordnung mehr als sonst üben und im Auge haben; denn nach der übereilten Weise wird das Ausgesetzte nicht lange reichen.
    Es war viel angefangen und viel zu tun.
    Wie soll er Charlotten in dieser Lage lassen!
    Sie beraten sich und kommen überein, man wolle die planmäßigen Arbeiten lieber selbst beschleunigen, zu dem Ende Gelder aufnehmen und zu deren Abtragung die Zahlungstermine anweisen, die vom Vorwerksverkauf zurückgeblieben waren.
    Es ließ sich fast ohne Verlust durch Zession der Gerechtsame tun; man hatte freiere Hand; man leistete, da alles im Gange, Arbeiter genug vorhanden waren, mehr auf einmal und gelangte gewiß und bald zum Zweck.
    Eduard stimmte gern bei, weil es mit seinen Absichten übereintraf.
    Im innern Herzen beharrt indessen Charlotte bei dem, was sie bedacht und sich vorgesetzt, und männlich steht ihr der Freund mit gleichem Sinn zur Seite.
    Aber eben dadurch wird ihre Vertraulichkeit nur vermehrt.
    Sie erklären sich wechselseitig über Eduards Leidenschaft, sie beraten sich darüber.
    Charlotte schließt Ottilien näher an sich, beobachtet sie strenger, und je mehr sie ihr eigen Herz gewahr worden, desto tiefer blickt sie in das Herz des Mädchens.
    Sie sieht keine Rettung, als sie muß das Kind entfernen.
    Nun scheint es ihr eine glückliche Fügung, daß Luciane ein so ausgezeichnetes Lob in der Pension erhalten; denn die Großtante, davon unterrichtet, will sie nun ein für allemal zu sich nehmen, sie um sich haben, sie in die Welt einführen.
    Ottilie konnte in die Pension zurückkehren, der Hauptmann entfernte sich wohlversorgt; und alles stand wie vor wenigen Monaten, ja um so viel besser.
    Ihr eigenes Verhältnis hoffte Charlotte zu Eduard bald wiederherzustellen, und sie legte das alles so verständig bei sich zurecht, daß sie sich nur immer mehr in dem Wahn bestärkte: in einen frühern, beschränktern Zustand könne man zurückkehren, ein gewaltsam Entbundenes lasse sich wieder ins Enge bringen.
    Eduard empfand indessen die Hindernisse sehr hoch, die man ihm in den Weg legte.
    Er bemerkte gar bald, daß man ihn und Ottilien auseinanderhielt, daß man ihm erschwerte, sie allein zu sprechen, ja sich ihr zu nähern, außer in Gegenwart von mehreren; und indem er hierüber verdrießlich war, ward er es über manches andere.
    Konnte er Ottilien flüchtig

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