Die wahre Lehre - nach Mickymaus
nicht. Manchmal haben wir große Schwierigkeiten, den Unterschied zwischen einem Ungeheuer und einem Erlöser zu erkennen – und wenn Jimmie Dodd ein so besonderer Mensch war, dann waren wir einfach nicht in der Lage, es zu sehen. Wir können es einfach nicht. Was erwartet ihr von uns? Wir können doch nichts dafür, wenn wir nicht in Seelen blicken können, oder was ihr da tut.«
»Für uns«, kreischten Alien-Jimmies Tentakel, »ist die Erkenntnis am schlimmsten, daß die Kinder, die tatsächlich in Jimmies Seele blickten, nicht besser dran waren als die Kinder, die nie eine Chance dazu bekamen.« Er schauderte für einen Augenblick, und hinter ihm schauderte Alien-Tommy mit ihm. »Unsere jungen Leute, unsere Kinder – sie müssen alle eine schreckliche Phase durchmachen, ehe sie werden wie wir. Und in der letzten Zeit ist diese schlimme Phase aus Gründen, die wir nicht verstehen, immer länger geworden, und sie wird immer schlimmer. Wir sind sehr verzweifelt … unsere Kinder schließen sich zu Banden zusammen, sie strolchen herum, sie verwüsten Dinge, legen Brände, kämpfen untereinander … irgendwann wachsen sie da heraus, aber vorher richten sie großen Schaden an.«
»Wie Berserker«, sagte Pat interessiert. »Junge Wikinger, die so gewalttätig waren, daß man sie zum Wohle der Gesellschaft in die Schlacht schicken mußte. Gibt es denn nicht eine Richtung, in die diese Aggressivität gelenkt werden kann, so daß sie keinen Schaden anrichtet?«
Alien-Jimmie legte die Tentakel um sich und wiegte sich. »Diese Aggressivität richtet immer Schaden an! Viele Tausende von ihnen sind außer Kontrolle – es gibt keine sicheren Drogen, die wir ihnen geben könnten, es sind zu viele, um sie einzusperren. Nein, das einzige, was überhaupt funktionieren kann, ist, ihre Aufmerksamkeit zu fesseln, bevor ihre gewalttätige Phase beginnt, und die Energie auf das zu lenken, was Jimmie ›die kleinen guten Taten‹ genannt hat. Mit anderen Leuten gut zusammenleben, Dinge aufbauen und nicht zerstören, Dinge bewahren …«
Pat begann zu begreifen. »Und ihr dachtet, eine Rasse, die einen Jimmie Dodd hervorgebracht hat, könnte euch helfen, dies zu tun.«
Der Alien hörte allmählich auf, sich zu wiegen, bis er stand wie ein Stein. »Wir glaubten, Jimmie selbst könnte uns zeigen, wie wir die Aufmerksamkeit unserer Kinder fesseln müssen. Wir hofften sogar, daß er vielleicht bereit wäre, eine Weile zu uns zu kommen. Aber als wir eintrafen, erfuhren wir, daß er tot und vergessen ist, und die Kinder, die ihn am besten kannten, waren nicht besser fürs Leben gerüstet als jene, die ihn überhaupt nicht kannten. Und im Fernsehen nichts als verlogene Prediger, kaltschnäuzige Kriminelle und raffgierige Glücksritter. Wir haben die Reise umsonst gemacht.«
»Hört mal«, sagte Pat mit einer gewissen Strenge, »ihr seid nicht vernünftig und auch nicht fair. Ihr habt Tommy erwähnt – was ist mit ihm? Was ist mit Karen, Jay-Jay oder Cheryl und all den anderen? Sie haben sich doch nicht selbst vernichtet. Und ich kann euch versichern, daß Jimmies Lehren meine Aufmerksamkeit gefesselt haben, denn sie haben mein Leben verändert. Er hat meine frühe Jugend bereichert, und es muß noch viele wie mich geben. Vielleicht war es keine Wunderheilung, aber was will man erwarten?«
Niemand antwortete, aber Alien-Jimmies Tentakel ringelten sich unablässig, als bewegte ein Mensch stumm die Lippen.
»Meine Kollegen haben mir gesagt, daß die Kinder heute nicht mehr so sind wie in meiner Jugend, und das mag stimmen«, sagte Pat. »Das Fernsehen ist mit Sicherheit anders. Aber ich glaube, eure Idee war, ohne daß ihr es wußtet, gar nicht so falsch. Ich glaube, ihr solltet nach Hause fahren und selbst eine Fernsehshow produzieren – genau wie unsere, teilweise Unterhaltung und teilweise Botschaft, aber angepaßt auf eure eigenen Jugendlichen. Die Kinder meiner Generation – viele jedenfalls – erkannten Jimmie sehr wohl als das, was er war, auch wenn es die Eltern nicht wußten. Eure Kinder werden es wissen. Ihr braucht nur den zu finden, der Jimmies Rolle am besten spielen kann, und dann laßt ihr ihn die Botschaft übermitteln. Vielleicht erreicht ihr nicht alle, aber eine Menge werden sich darauf einlassen, wenn sie erkennen können, daß ihr es wirklich zu ihrem Besten tut und nicht nur, um eine lästige Störung zu beseitigen. So hat es im Grunde auch Jimmie gemacht. Er könnte euch keinen besseren Rat geben, wenn er
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