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Die wahre Lehre - nach Mickymaus

Die wahre Lehre - nach Mickymaus

Titel: Die wahre Lehre - nach Mickymaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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schartigen Brücken zwischen Teich und Teich.
    Irgendwann wandte sie sich dem Pavillon entgegen. Von dunkelrot bis gold glänzenden Magmasäulen und einem Gewirr herabstürzender Baumkronen umgeben, waren nur wenige seiner Pfeiler stehen geblieben, kaum genug, um das Dach zu tragen, das sich unter einer Last aufgefangener Zweige und versteinerten Blattwerks bog. Die Stufen und das Geländer waren während der Flut fortgerissen worden. In den Pfeilern hatten sich Risse gebildet. Nur die Skulptur mit dem Vogelkopf war unversehrt geblieben. Das Mädchen lächelte über dieses zweifelhafte Glück.
    Sie durchschritt den ehemals blühenden Garten. Die Metamorphose, die der sterbenden Landschaft über Nacht ein neues Gesicht verliehen hatte, war an keinem noch so peripheren Detail vorbeigegangen. Als das Mädchen den See erreichte, an dessen Ufer sie ungezählte Jahre gelebt hatte, überwältigte sie fassungsloses Staunen. Anstelle des leicht vom Wind bewegten Wasserspiegels war nun eine fugenlose Fläche metallisch schimmernden Gesteins. An den Holzverschlag dahinter erinnerten einige versteinerte Paneele.
    Sie sank zu Boden, barg die gefalteten Hände in ihren Schoß und begriff erst jetzt, wie hilflos sie war. Nichts von dem, was sie vormals gelernt und erfahren hatte, schien noch von Nutzen. Die Sehnsüchte eines jungen Lebens, all die Fragen, die sie über Jahre hin beschäftigt hatten, verloren jegliche Bedeutung. Mit einem Schlag war alles vergangen. Etwas anderes war an seine Stelle getreten, doch was sich aufgetan hatte, schien ins Nichts zu führen.
    Um der Verzweiflung vorzubeugen, wandte sie sich ab von diesem Trümmerfeld und begab sich dorthin zurück, wo sie in der Nacht der Katastrophe unversehrt geblieben war. Ein lauer Wind kam auf und trieb ihr schwefelig riechenden Dunst ins Gesicht.
    Im Laufe der nächsten Stunden klärte sich die Sicht. Die zerfurchten Bergketten tauchten aus den dichten Schleiern auf. Die Sonnenwärme löste die Wolken auf. Die Landschaft offenbarte ihre neue Beschaffenheit.
    Bis zu den Bergen schloß sich ein Magmasee dem nächsten an. Wo vereinzelte Ströme aufeinandergetroffen waren, hatten sie sich beim Erkalten zu verschlungenen Gebilden hochgetürmt. Nun war die Ebene weithin von diesen goldfarbenen Stalagmiten übersät. Ihnen zu Füßen verkarstete der Fels von den Gasen, durchsiebt zu bimssteinhafter Leichtigkeit. Es schien, als strebe all dies einem Endstadium zu, das fast erreicht war, wenn auch nicht endgültig sein mochte. Offenbar gab es – zumindest was den von hier aus sichtbaren Teil der Welt anging – außer dem Mädchen nichts mehr, was noch lebte.
    Sie fand keinen Anlaß, darüber verzweifelt zu sein. Ihre tiefverwurzelte Neugier, die zum Tragen kam, wann immer sich ihr ein Geheimnis offenbarte, lenkte ihre Gedanken fort von sich selbst zu dem Ursprung dieser Katastrophe. Es gab keinen Zweifel: dieser mußte jenseits der Berge zu suchen sein. Irgendwo dort hatte es – was immer es auch sei – seinen Anfang genommen.
    Da sie hier ohnehin nichts mehr hielt, kostete es ihr kaum Überwindung, den Entschluß zu fassen. Mit bemüht festen Schritten wagte sie sich langsam vor. Ein weitgezogener Hang führte in die Ebene hinab, und von dort schien der Weg sich unter dem unabänderlichen Glühen einer im Zenit verharrenden Sonne endlos zu dehnen.
     
    Zu Anfang fiel der Marsch ihr leichter, als sie zu hoffen gewagt hatte. Nach einigen Meilen gewann sie die nötige Geschicklichkeit, um leichtfüßig von einer Felsfläche zur nächsten zu gelangen, war ihr Blick noch scharf genug, um in dem Gewirr Wege auszumachen, die begehbar waren. Es war weder zu heiß noch ließ der auffrischende Wind sie frieren. Ihre Sinne erfreuten sich an der aufblühenden Farbenfülle dieser mineralisierten Landschaft, deren Leblosigkeit einem neuen Paradies Gestalt verlieh. Nun dankte das Mädchen dem Himmel für dieses unverhoffte Geschenk. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich frei. Der Wächter war fort, niemand hielt sie auf. Ihr war freigestellt, wohin sie gehen mochte, und angesichts der Fülle an Neuem, das sie umgab, fiel es ihr nicht leicht, bei der Wahl ihres Ziels auf den fernen Gipfeln zu beharren.
    Es schien steinerne Tränen geregnet zu haben, so ließ der Anblick sich am ehesten beschreiben. Aus der Entfernung waren die Magmaseen und -tümpel noch wie flache Becken erschienen, als wäre dort Wasser aus dem Untergrund hervorgequollen. Aus der Nähe entpuppten sie sich

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