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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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ein Augenblick von unbestimmter Dauer. Deborah Cooper und Travis starrten sich schweigend an: Sie wagte nicht, ans Telefon zu stürzen, er wagte nicht zu fliehen. Da knallte ein Schuss, und Deborah Cooper sank zu Boden. Chief Pratt stand in der Tür. Er hatte sie mit seiner Dienstwaffe erschossen.
    »Sie sind ja verrückt!«, schrie Travis. »Vollkommen verrückt! Warum haben Sie das getan?«
    »Ich hatte keine Wahl, Travis. Du weißt, was mit uns passiert wäre, wenn die Alte gequatscht hätte …«
    Travis zitterte. »Was machen wir jetzt?«, fragte der junge Officer.
    »Keine Ahnung.«
    Voller Todesangst und mit der Kraft der Verzweiflung nutzte Nola den Moment der Unentschlossenheit, um sich aus Travis’ Gewalt zu befreien. Bevor Chief Pratt reagieren konnte, stürzte sie durch die Küchentür ins Freie. Doch auf den Stufen verlor sie das Gleichgewicht und fiel hin. Sie rappelte sich sofort wieder auf, aber der Chief hatte sie an den Haaren zu fassen bekommen. Sie heulte laut auf und biss ihm in den Arm, der sich direkt vor ihrem Gesicht befand. Der Chief ließ sie los, doch ihr blieb keine Zeit zur Flucht: Travis verpasste ihr mit dem Gummiknüppel einen Schlag auf den Hinterkopf. Nola brach zusammen. Entsetzt wich Travis zurück. Überall war Blut. Sie war tot.
    Travis beugte sich über die Leiche. Fast hätte er sich übergeben. Pratt zitterte. Im Wald zwitscherten die Vögel. »Was sollen wir bloß tun?«, murmelte Travis verstört.
    »Immer mit der Ruhe! Jetzt bloß keine Panik.«
    »Jawohl, Chief.«
    »Wir müssen Caleb und Nola verschwinden lassen. Auf so was steht der elektrische Stuhl, kapierst du?«
    »Ja, Chief. Und was ist mit der alten Cooper?«
    »Wir lassen es wie einen Mord aussehen. Ein Raubüberfall, der böse geendet ist. Du tust genau, was ich dir sage.«
    Travis weinte. »Jawohl, Chief. Ich tue alles, was nötig ist.«
    »Du hast gesagt, du hast Calebs Wagen an der Route 1 gesehen?«
    »Ja. Die Schlüssel stecken.«
    »Sehr gut. Wir schaffen die Leichen ins Auto. Und du beseitigst sie, in Ordnung?«
    »Ja.«
    »Sobald du weg bist, fordere ich Verstärkung an, damit auf uns kein Verdacht fällt. Wir müssen uns beeilen, hörst du? Wenn die Kavallerie anrückt, bist du schon weit weg. In dem Durcheinander wird niemandem auffallen, dass du nicht hier bist.«
    »Ja. Chief … Aber ich glaube, die alte Cooper hat noch mal die Notrufzentrale angerufen.«
    »Scheiße! Dann müssen wir uns ranhalten!«
    Sie schleppten Luthers und Nolas Leichen zum Chevrolet. Danach ging Chief Pratt sofort durch den Wald zurück zu Deborah Coopers Haus und den beiden Polizeiautos. Er griff nach dem Mikro seines Bordfunkgeräts, um die Zentrale zu informieren, dass er Deborah Cooper erschossen aufgefunden hatte.
    Travis setzte sich hinters Steuer des Chevrolets und ließ den Motor an. Als er aus dem Unterholz rollte, begegnete er einem Streifenwagen des Sheriffs, den die Zentrale nach Deborah Coopers zweitem Anruf als Verstärkung losgeschickt hatte.
    Gerade wollte Pratt Kontakt mit der Zentrale aufnehmen, als er in der Nähe eine Polizeisirene aufheulen hörte. Über Funk wurde eine Verfolgungsjagd auf der Route 1 zwischen einem Einsatzfahrzeug des Sheriffs und einem schwarzen Chevrolet Monte Carlo gemeldet, der unweit der Side Creek Lane gesichtet worden war. Chief Pratt gab durch, dass er sofort zur Verstärkung eilen würde. Er schaltete die Sirene an und nahm den parallel zur Route 1 verlaufenden Waldweg. An der Einmündung zur Route 1 wäre er um ein Haar mit Travis zusammengestoßen. Voller Entsetzen starrten sich die beiden kurz an.
    Im Verlauf der Verfolgungsjagd gelang es Travis, den Wagen des Hilfssheriffs abzuschütteln. Anschließend folgte er der Route 1 Richtung Süden und nahm die Abzweigung nach Goose Cove. Pratt hielt sich dicht hinter ihm, als würde er ihn verfolgen. Über Funk gab er eine falsche Position durch und behauptete, er befände sich auf der Straße nach Montburry. Dann schaltete er die Sirene aus, bog nach Goose Cove ab und traf dort vor dem Haus auf Travis. Die beiden Männer stiegen aus. Sie waren geradezu hysterisch vor Angst, sie standen mit dem Rücken zur Wand.
    »Ist es nicht Wahnsinn, hier anzuhalten?«, fragte Pratt.
    »Quebert ist nicht zu Hause«, erwiderte Travis. »Ich weiß, dass er ein paar Tage nicht in der Stadt ist. Er hat es Jenny erzählt, und sie hat es mir erzählt.«
    »Ich habe angeordnet, sämtliche Straßen sperren zu lassen. Ich musste es tun.«
    »Scheiße!

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