Die Wahrheit
auch der hatte nichts von seinem Sohn gehört. Sara ließ die Handtasche auf den Küchentisch fallen, ging nach oben, schlüpfte aus ihren nassen Sachen und zog Jeans und ein T-Shirt an. Sie wußte nicht, was sie tun sollte, war ratlos, hilflos, der Panik nahe. Du lieber Himmel! Dellasandro war in die Sache verwickelt, was schlimm genug war, denn er war über den Stand der Ermittlungen genau informiert. Aber daß FBI-Agent Warren McKenna ebenfalls beteiligt war, kam möglicherweise einer Katastrophe gleich. McKenna leitete praktisch die verdammte Ermittlung! Nun erkannte Sara, auf welche Weise dieser Mann zu jedem Zeitpunkt die Fäden in der Hand gehalten und die weitere Entwicklung manipuliert hatte. McKenna hatte Fiske belastet und sie selbst gezwungen, beim Gericht zu kündigen - und das alles nur, um John ein Motiv für den Mord an seinem Bruder unterzu schieben. McKennas Anschuldigungen waren an den Haaren herbeigezogen, und doch hörte alles sich völlig logisch an, wenn man lediglich die reinen Fakten betrachtete.
Sara versuchte, Chandler in seinem Büro zu erreichen. Sie wollte genau wissen, ob Agent McKenna in Fort Plessy stationiert gewesen war oder es sich nur um eine andere Person gleichen Namens gehandelt hatte. Sie glaubte nicht an einen solchen Zufall, mußte aber völlige Gewißheit haben. Sara fluchte leise, als auch Chandler nicht abhob. Wen konnte sie noch anrufen? Wer konnte ihr diese Information verschaffen? Jansen vielleicht, aber der würde bestimmt eine ganze Weile dafür brauchen. Plötzlich fiel Sara die Lösung ein. Sie wählte die Nummer. Nach dreimaligem Klingeln hob eine Frau ab. Es war die Haushälterin.
»Ist er da? Hier spricht Sara Evans.«
Kurz darauf kam Jordan Knight an den Apparat. »Sara?«
»Ich weiß, es ist ein sehr unpassender Zeitpunkt, Senator ...«
»Ich habe gehört, was heute passiert ist.« Sein Ton war kalt.
»Ich weiß, was Sie jetzt denken. Und ich fürchte, es wird Ihre Meinung nicht ändern, egal was ich Ihnen jetzt sage.«
»Da haben Sie wahrscheinlich recht. Doch was immer davon zu halten ist, Beth tut die Sache schrecklich leid. Sie hat Sie bis zuletzt unterstützt.«
»Und ich bin Ihrer Frau sehr dankbar dafür, aber ...« Sara bemühte sich, ihre Nerven im Zaum zu halten. Jetzt zählte jede Sekunde. »Könnten Sie mir einen Gefallen tun?«
»Einen Gefallen?« Jordans Stimme klang verblüfft.
»Eine Information über eine bestimmte Person.«
»Das halte ich für höchst unpassend, Sara.« »Ich werde Sie nie wieder anrufen, Senator, aber ich benötige diese Information dringend, sehr dringend, und in Anbetracht Ihrer Verbindungen und Ihrer Möglichkeiten sind Sie der einzige Mensch, den ich darum bitten könnte. Senator? Um der alten Zeiten willen.«
Jordan dachte kurz darüber nach. »Tja, Sara, ich bin nun mal nicht in meinem Büro. Eigentlich wollte ich gerade mit Beth zu Abend essen.«
»Aber Sie könnten doch in Ihrem Büro anrufen, oder vielleicht beim FBI.«
»Beim FBI?« sagte er laut.
Sara sprach rasch weiter. »Mehr als ein Anruf ist nicht erforderlich. Ich bin zu Hause. Die Person, bei der Sie sich erkundigen, könnte mich direkt zurückrufen. Dann müßten Sie nicht mehr mit mir sprechen.«
Schließlich gab Jordan nach. »Na schön, was wollen Sie wissen?«
»Es geht um Agent McKenna.«
»Was ist mit ihm?«
»Ich muß wissen, ob er in der Army gedient hat. Genauer gesagt, in den siebziger Jahren in Fort Plessy.«
»Warum, in aller Welt, interessiert Sie das?«
»Senator, es würde viel zu lange dauern, um Ihnen das zu erklären.«
Er seufzte. »Also gut. Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann. Ich lasse es von einem Mitarbeiter meines Büros nachprüfen. Er wird Sie dann anrufen. Sie sind zu Hause?«
»Ja.«
»Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun, Sara.«
»Sie werden mir wahrscheinlich nicht glauben, Senator, aber ich weiß es sehr wohl.«
»Wenn Sie es sagen«, erwiderte er. Er klang nicht gerade überzeugt.
Als Jordan Knight nach etwa fünfzehn Minuten wieder ins
Eßzimmer kam, blickte Elizabeth zu ihm auf. »Was in aller Welt hat Sara denn gewollt?«
»Es ist wirklich seltsam. Du kennst doch diesen FBI-Agenten? Den Mann, über den du dich beklagt hast?«
Elizabeth setzte sich auf. »Warren McKenna? Was ist mit ihm?«
»Sara wollte wissen, ob er in der Army gedient hat.«
Elizabeth Knight ließ ihre Gabel fallen.
Jordan musterte sie neugierig. Er hatte ihre Anspannung bemerkt. »Ist alles in Ordnung mit
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