Die Wahrheit
bei Sergeant James Stanley gewesen, nicht wahr? Die Army hat ihm einen Brief geschickt. Nur deshalb hat Stanley erfahren, daß die Army ihm LSD verabreicht hat. Nun, wir nehmen an, daß einige Militärangehörige Harms im Gefängnis unter Zwang PCP injiziert haben, was aber nichts mit einem Testprogramm zu tun hatte. Wir glauben vielmehr, daß man Harms mit dieser Droge töten wollte. Doch er konnte sich befreien und hat unter dem Einfluß des PCP den Mord an dem Mädchen begangen.«
»Augenblick mal«, sagte Jansen. »Warum hat die Army Harms einen Brief geschickt und behauptet, er habe an einem Testprogramm teilgenommen, wenn dem gar nicht so war?«
»Wir vermuten, daß diejenigen, die Harms das PCP verabreichten, ihn einfach als Testperson bei dem Programm eingetragen haben.«
»Und warum?«
»Wäre Harms an diesem Teufelszeug gestorben, hätte es eine Autopsie gegeben, bei der die Substanz wahrscheinlich in seinem Blut nachgewiesen worden wäre.«
»Ja, logisch«, sagte Jansen langsam. »Also haben sie die Unterlagen gefälscht und Harms als Testperson eingetragen, um das zu vertuschen. Hätte ein Arzt die Leiche obduziert, hätte er als Todesursache eine Überreaktion auf die Droge genannt. Das ist doch nicht zu fassen.«
»So ein Programm hat es also gegeben?«
»Ja«, gestand Jansen ein. »Die Geheimhaltung wurde mittlerweile aufgehoben, die Information ist allgemein zugänglich. In den siebziger Jahren hat die Army gemeinsam mit der CIA eine solche Versuchsreihe durchgeführt. Man wollte feststellen, ob man mit PCP besonders leistungsfähige Soldaten >erschaffen< könnte. Wenn Harms in den Unterlagen des Programms aufgeführt war, wird er vor kurzem die Aufforderung bekommen haben, sich zu einer Nachuntersuchung einzufinden.« Jansen hielt kurz inne. »Was haben Sie und John jetzt vor?«
»Wenn wir das nur wüßten.« Sara bedankte sich bei Jansen und beendete das Gespräch.
Sie wartete noch eine Zeitlang, stieg dann aus der Maschine und ging über die Rollbahn zum Terminal. Prompt wurde sie von den beiden FBI-Agenten aufgehalten.
»Wo ist Fiske?« fragte der eine.
»John Fiske?« gab Sara sich ahnungslos.
»Nun kommen Sie schon, Miss Evans.«
»Er ist schon eine ganze Weile weg.«
Die Agenten blickten sie verblüfft an. »Weg? Wie denn?«
»Mit dem Wagen gefahren, soviel ich weiß. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden.«
Sara lächelte, als die beiden Männer zum Flugzeug rannten. Sie hatten keine legale Handhabe, sie festzuhalten. Sara nutzte die Gelegenheit, in den Shuttlebus zum Parkhaus zu springen und in ihren Wagen zu steigen. Sie fuhr vom Flughafengelände und in Richtung Süden. Plötzlich kam ihr ein Gedanke, und sie hielt an einer Tankstelle. Sie öffnete Fiskes Aktenkoffer und nahm die Dokumente heraus, die er aus St. Louis bekommen hatte. Sie war sich nicht sicher, wie eingehend Fiske die Unterlagen studiert hatte, doch es war ja möglich, daß die Army eine Kopie ihres Briefes an Rufus Harms seiner Personalakte hinzugefügt hatte - auch wenn diese Akte genaugenommen nach dem Verfahren vor dem Kriegsgericht geschlossen worden war. Doch einen Versuch war es wert.
Eine halbe Stunde später lehnte Sara sich enttäuscht zurück. Sie wollte die Unterlagen wieder im Aktenkoffer verstauen, als ihre Hand sich um die Personalliste von Fort Plessy schloß. Sie blätterte die Seiten durch, sah die Namen Victor Tremaine und Frank Rayfield. Dann fiel Saras Blick auf den Namen Rufus Harms, und Trauer spiegelte sich in ihren Augen. So viele Jahre seines Lebens hatte man diesem Mann geraubt.
Gedankenverloren blätterte sie die Akte durch, überflog die anderen Namen auf der Personalliste. Sie bemerkte einen weiteren - und erstarrte. Als sie endlich ihre Benommenheit abschüttelte, war ihre Reaktion dermaßen heftig, daß sie sich den Kopf am Fenster stieß. Sie ließ die Akte wie eine heiße Kartoffel fallen, drehte den Zündschlüssel, legte den Gang ein und fuhr so schnell los, daß die Reifen auf dem glatten Fahrbahnbelag der Tankstelle laut kreischten.
Die Liste war auf die Fußmatte aus Gummi gefallen, und als Sara hinunterschaute, schien der Name Warren McKenna ihren Blick höhnisch zu erwidern. Sie sah nicht in den Rückspiegel und bemerkte deshalb auch nicht den Wagen, der ihr vom Flughafen gefolgt war.
KAPITEL 57
Harold Ramsey lehnte sich im Sessel zurück. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war ernst. »Ich hätte mir nie träumen lassen, daß so etwas hier je passieren
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