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Die Wanderapothekerin 1-6

Die Wanderapothekerin 1-6

Titel: Die Wanderapothekerin 1-6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Mal vernahm sie seitlich vor sich ein Geräusch und blieb, schier zur Salzsäule erstarrt, stehen. Es war ein tiefes Brummen, das die vier Jagdknechte nicht hören konnten, weil ihr Gebet alles übertönte. Klara fiel stumm in das Gebet mit ein und schloss die Augen, um die Bestie nicht sehen zu müssen, wenn diese auf sie zukam.
    Die nächsten Minuten dehnten sich zu Stunden. Immer wieder hörte Klara Geräusche, die von dem Bären stammen konnten. Zu rühren wagte sie sich nicht, und selbst für ein lautes Gebet, wie es bei Not und Gefahr gesprochen werden sollte, fand sie nicht den Mut.
    Mittlerweile merkten auch die vier Jagdknechte und deren Gefangene, dass sich im Wald etwas tat. Während die von den Fackeln hell erleuchtete Frau einen entsetzten Schrei ausstieß, nahm Gangolf eine Fackel und leuchtete in die Richtung, aus der die Geräusche drangen.
    »Wie es aussieht, ist das Biest heute eher gekommen. Wahrscheinlich will es die Hexe befreien. Seid mannhaft, Gesellen! Jetzt gilt es: die Teufelskreatur oder wir!«
    Er blickte sich kurz zu seinen Kameraden um, von denen jeder eine Fackel in der Rechten hielt und mit der Linken zitternd nach dem Jagdmesser griff.
    »Wir hätten Spieße mitnehmen sollen – und die Jagdflinte des Herrn«, rief Veit.
    »Narr! Die Flinte dürfen wir nicht einmal berühren, geschweige denn benutzen. Jetzt macht euch nicht in die Hosen. Auch ein Geisterbär ist nur ein Bär und nicht der Teufel selbst«, wies ihn sein Anführer zurecht.
    »Aber wenn es der Teufel selbst in Gestalt eines Bären ist?«, fragte der andere.
    »Dann fahren wir eben jetzt zur Hölle und nicht irgendwann später!« Gangolf hatte es kaum gesagt, als der Schein seiner Fackel auf den Bären fiel. Dieser richtete sich auf und brummte auf eine Weise, die allen durch Mark und Bein ging.
    Seinen mutigen Worten zum Trotz wich Gangolf zurück, und der Bär verschwand wieder in der Dunkelheit.
    »Narr!«, fuhr sein Anführer ihn an. »Jetzt wissen wir nicht, wo das Vieh ist. Du hättest es im Licht der Fackel behalten müssen!«
    »Glaubst du, ich will als Erster gefressen werden?«, brüllte Gangolf, als spürte er schon die Zähne des Bären in seinem Fleisch.
    Klara fand endlich den Mut, die Augen zu öffnen. Die vier Kerle standen etwa vierzig Schritte von ihr entfernt im Fackelschein, während drei weitere Fackeln die an den Baum gefesselte Frau in flackerndes Licht tauchten. Martha hielt jetzt still, um nicht die Aufmerksamkeit des Bären auf sich zu lenken. Im Gegensatz zu den Jagdknechten wusste sie, dass das Tier kein Bote des Satans war, der sie befreien sollte. Es würde sie genauso umbringen wie die Schafe des Grafen.
    Klara stand ebenfalls Todesängste aus. Am liebsten wäre sie zu den Männern gelaufen, um sich von ihnen beschützen zu lassen, gleichgültig, was diese hinterher als Dank von ihr fordern würden. Doch als sie den ersten Schritt tun wollte, sagte sie sich, dass die Jagdknechte fast noch mehr Angst hatten als sie und nur ihre eigene Haut retten würden.
    Plötzlich erklang das Brummen des Bären ganz nahe. Während Klara erschrocken zusammenzuckte, wichen die Männer des Grafen immer weiter zurück.
    »Wo ist er? Hat ihn einer gesehen?«, rief Veit.
    »Er muss dort sein«, antwortete Gangolf und wies bebend in eine unbestimmte Richtung.
    »Nein, eher dort«, korrigierte sein Anführer ihn und deutete auf die brennenden Fackeln vor Marthas Baum.
    »Ich sehe ihn nicht! Er kann überall sein!« Einer der Männer verlor die Nerven und rannte los.
    »Bleib stehen, du Narr!«, schrie ihm sein Anführer nach, konnte ihn aber nicht mehr aufhalten.
    Klara vernahm ein klapperndes Geräusch aus Marthas Richtung und erinnerte sich an den Honigeimer, den der Graf weggeworfen hatte. Anscheinend hatte dieser den Bären als Erstes angelockt. Der Lärm der Jagdgehilfen störte das Tier jedoch. Es fuhr mit einem zornigen Brüllen auf und stürmte auf die Kerle los.
    Als Veit ihn kommen sah, ließ er die Fackel fallen und rannte, so schnell er konnte. Im Licht der anderen Fackeln sah Klara, wie der Bär aufholte und den Mann mit einem einzigen Prankenhieb niederstreckte. Nun gab es auch für die beiden anderen Jagdgehilfen kein Halten mehr. Der Bär setzte ihnen nach und holte den Nächsten ein. Verzweifelt fuchtelte der Mann mit seiner Fackel vor der Schnauze des Bären herum. Ein kurzer Wischer mit der Pranke fegte diese beiseite, dann schoss die andere Pranke heran, und der Jagdknecht verstummte für

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