Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
die Mamsell.
»Ich spüre nichts. Das Mahl Ihrer Erlaucht ist daher unbedenklich.«
»Warum probierst du nicht auch den Wein?«, fragte Klara, da Thomas die kleine Karaffe unberührt ließ.
»Ich habe den Wein bereits gekostet, als Anton ihn aus dem Fass gelassen hat«, antwortete er.
Klara erinnerte sich daran, dass die Kupferarbeiter nach ihren Mahlzeiten mit dem Trinken warten mussten, und wies auf den Wein.
»Trink!«, sagte sie leise, aber mit Nachdruck.
»Du hast mir gar nichts zu sagen!«, fuhr der Vorkoster sie an.
»Aber wenn ich es sage, wirst du es tun!« Nun schöpfte auch die Mamsell Verdacht, obwohl es ihr absolut widersinnig erschien.
»Nun ja.« Seufzend träufelte Thomas zwei Tropfen Wein auf seinen Löffel und steckte diesen in den Mund.
»Ist das nicht ein bisschen wenig?«, fragte Klara, zumal sie bei dem Mann keine Schluckbewegungen bemerkte.
»Seid ihr Weiber alle verrückt geworden?«, stieß Thomas hervor. »Ich habe dem gräflichen Geschlecht von Waldstein immer treu gedient und dabei sogar mein Auge eingebüßt! Außerdem habe ich mich als Einziger bereit erklärt, vorzukosten, als das Gerücht vom Gift die Runde machte.«
All das stimmte, und doch konnte Klara ihren Verdacht nicht einfach beiseiteschieben. Sie nahm jetzt den Löffel, den sie aus der Küche mitgenommen hatte, tauchte diesen in die Suppe und aß ein wenig davon.
»Was machst du da?«, rief Thomas erschrocken.
»Da ich vorhin bei den Zutaten kein Gift gespürt habe, will ich sehen, ob es jetzt noch immer so ist«, antwortete Klara und führte den Löffel zum Mund.
Thomas sah so aus, als wolle er ihn ihr aus den Händen schlagen, hielt dann aber still. Sein Blick flackerte jedoch, und er schob seinen Löffel verstohlen in das Etui.
»Die Suppe wird doch kalt«, sagte er knurrig.
Klara hatte auf einmal ein seltsames Gefühl und steckte sich einen Finger in den Mund, um zu erbrechen. Gerade noch rechtzeitig reichte die Mamsell ihr ein Tuch, so dass sie nicht den wertvollen Teppich beschmutzte.
»Gift?«, fragte sie.
Klara nickte. »Ich glaube, ja!«
»Wie willst du das merken? Das ist doch unmöglich! Ich habe die Suppe vorgekostet und fand sie völlig in Ordnung. Du solltest diese impertinente Hausiererin aus dem Schloss weisen«, riet der Vorkoster der Mamsell.
Diese sah ihn an, dann Klara, die sichtlich blass neben ihr stand, und wusste nicht so recht, was sie tun sollte.
Unterdessen musterte Klara den Vorkoster und kniff die Augen zusammen. Seine Haut war ebenso glatt und rein wie die der kranken Gräfin. Jetzt erinnerte sie sich auch, dass ihr Vater einmal gesagt hatte, Damen höheren Standes nähmen winzige Spuren von Arsen zu sich, weil es ihnen eine schöne Haut verleihen würde. Mit einer energischen Bewegung wandte sie sich an Thomas.
»Da du die Suppe für gut befunden hast, hast du gewiss auch nichts dagegen, sie ganz zu essen.«
»Bist du völlig übergeschnappt?«, rief der Vorkoster erschrocken.
»Und danach wirst du diese Karaffe leeren«, fuhr Klara ungerührt fort. Gleichzeitig fragte sie sich, was sein würde, wenn er es tatsächlich tat. Sie hatte sich dann vor der Mamsell fürchterlich blamiert und sich zudem den Hass dieses Mannes zugezogen. War es das wert?
Noch während sie zweifelte, versetzte der Vorkoster ihr einen Stoß. Klara taumelte gegen einen Tisch und riss diesen um. Eine Vase zerschellte auf dem Boden, und sie selbst schlug sich das Knie an.
Unterdessen hatte Thomas die Mamsell gepackt und schleuderte sie durch den Raum. Bevor eine von beiden wieder auf die Beine kam und ihm folgen konnte, stürzte er in das Schlafgemach der Gräfin, schlug Emma nieder und bedrohte die Kranke mit einem Messer, das er unter seiner Kleidung verborgen gehalten hatte.
Klara kam ihm als Erste nach, prallte aber zurück, als er die Klinge gegen die Kehle der Gräfin drückte.
»Verdammtes Weibsstück! Du hast mir gerade noch gefehlt!«, fluchte er.
Unterdessen hatte auch die Mamsell sich aufgerafft und das Schlafzimmer betreten. »Was soll das, Thomas? Lass Ihre Erlaucht in Frieden!«
Der Mann lachte. »Warum sollte ich? Ich werde ihr die Kehle durchschneiden und mir das Geld verdienen, das Baron Ludwig mir für den Tod der Grafenfamilie angeboten hat.«
»Er lügt!«, klang da Marthas Stimme auf.
Sie hatte die zerschellende Vase gehört und war trotz des Verbots in die Gemächer der Gräfin eingedrungen. »Baron Ludwig hat nichts mit dem Tod der Grafenfamilie zu tun.«
»Woher willst
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