Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
lieblich. Mit dem pompösen Ding auf dem Kopf sah sie nach Klaras Ansicht jedoch unmöglich aus. Der Eindruck verstärkte sich noch, als Emma das Gesicht ihrer Herrin weiß puderte, die Lippen rot nachzog und auf die Wangen zwei rötliche Kreise malte, die etwa so groß waren wie eine Talermünze.
»Klara, du kannst nun Herrn Ludwig ausrichten, dass ich bereit bin, ihn zu empfangen«, erklärte die Gräfin.
»Sehr wohl, Euer Erlaucht!« Klara knickste kurz und verließ das Schlafzimmer in der Hoffnung, Ludwig von Triberg würde so lange bei Gräfin Griselda bleiben, dass sie an diesem Abend nicht mehr gebraucht wurde.
9.
S o ging es etwa zwei Wochen lang. Der Appetit der Gräfin kehrte zurück, und sie aß nach Klaras Dafürhalten mittlerweile viel zu viel für eine schwangere Frau, die den ganzen Tag im Bett ruhte. Mittlerweile benötigte Gräfin Griselda auch kein spezielles Nachthemd mehr, um den Busen zu betonen. Ihr Schwangerschaftsbauch nahm ebenfalls an Umfang zu, und so hofften alle, dass sie ihr Kind vielleicht doch lebend zur Welt bringen könnte.
Klara wusste nicht, wie Baron Ludwig darüber dachte. Wenn Gräfin Griselda einen Sohn gebar, war dieser der Erbe und würde ihn an die zweite Stelle verweisen. Vielleicht bemühte er sich auch deshalb um die werdende Mutter, überlegte Klara. Als deren Ehemann und Stiefvater des Sohnes würde er trotzdem der Herr hier sein.
An diesem Tag saß Ludwig von Triberg wieder einmal neben dem Bett der Gräfin. Während er berichtete, was er untertags für den Besitz derer von Waldstein geleistet hatte, übersah er, dass das Gesicht der Gräfin einen gequälten Ausdruck annahm, bis sie einen leisen Schrei ausstieß.
Erschrocken sah der Baron sie an. »Was ist geschehen, meine Liebe?«
»Ich … es tut so weh!« Gräfin Griselda zeigte auf ihren Unterleib. »Ruft bitte Emma und die Mamsell. Klara soll ebenfalls kommen!«, keuchte sie und stieß einen weiteren Schrei aus.
Der Baron sprang auf und eilte zur Tür hinaus. »Rasch, du musst zu deiner Herrin!«, rief er Emma zu, die im Nebenzimmer dabei war, die Kleider der Gräfin zu ordnen.
»Was ist geschehen?«, fragte die Zofe besorgt.
»Ich weiß es nicht. Ihre Erlaucht verspürt Schmerzen in der Leibesmitte. Die Mamsell und die Apothekerin sollen ebenfalls kommen!«
Da Klara gerade ins Zimmer trat, hörte sie es und ging sogleich weiter in das Schlafgemach der Gräfin. Diese lag wimmernd auf ihrem Bett und hatte die Finger in die Laken gekrallt.
»Es tut so weh!«, rief sie verzweifelt.
Klara war zunächst hilflos, doch die Mamsell, die wenig später in den Raum kam, erfasste die Situation mit einem Blick.
»Ihre Erlaucht steht vor der Niederkunft!«, rief sie. »Eile in die Küche! Man soll dort Wasser heiß machen. Der Küchenjunge kann es in die Nebenkammer stellen. Wir brauchen Rita, damit sie es hereinbringt. Beeil dich!«
Das ließ Klara sich nicht zwei Mal sagen und rannte davon. Wenig später kehrte sie mit einer Schüssel warmen Wassers und der Küchenmagd im Schlepptau zurück. Im Schlafzimmer hatten die Mamsell und Emma unterdessen das Hemd der Gräfin bis zum Bauch hochgezogen und standen mit sorgenvollen Mienen neben dieser.
»Heilige Jungfrau im Himmel, gib, dass unsere Herrin ihr Kind gesund zur Welt bringt und sie die Niederkunft übersteht«, flehte die Mamsell.
Dann krempelte sie die Ärmel auf und tastete den Leib der Schwangeren ab. »Das Kind hat sich gesenkt. Wenn es nur schnell kommen würde!«
Die Gräfin stieß einen noch lauteren Schrei aus, und Klara wich unwillkürlich bis zur Tür zurück.
Die Mamsell sah es und winkte sie zu sich. »Du musst mir helfen! Emma ebenfalls. Es ist schrecklich, dass wir keinen Arzt mehr im Schloss haben.«
»Gibt es denn keine Hebamme?«, fragte Klara.
»Das schon, aber die wohnt zwei Reitstunden von hier entfernt. Zudem ist sie eine hässliche, alte Vettel, deren Anblick ich meiner Herrin ersparen will.«
Da die Mamsell sich allzu ablehnend anhörte, verzichtete Klara darauf, sie zu bitten, die Hebamme trotzdem zu holen. Allerdings fragte sie sich, was sie hier bewirken konnte. Mit ihren siebzehn Jahren hatte sie noch bei keiner Geburt mithelfen dürfen. Ihre Mutter aber hatte anderen Gebärenden geholfen, und so versuchte sie, sich zu erinnern, was diese darüber erzählt hatte. Viel war es nicht, und so hoffte sie, dass die Mamsell wusste, was zu tun war.
Zu ihrer Erleichterung behielt diese den Überblick. Sie gab Befehle, die Klara,
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