Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
nach dem Feuerzeug, schlug einen Funken und schaffte es gerade noch rechtzeitig, die kleine Öllampe zu entfachen, der Pulver den Vorzug vor Kerzen gab.
Fast gleichzeitig wurde die Tür geöffnet, und ein mittelgroßer Mann in einem sauberen braunen Rock und gleichfarbigen Kniehosen schaute herein. »Ich dachte mir doch, dass ich Stimmen gehört habe«, sagte er und bedachte Tobias mit einem prüfenden Blick.
»Das ist mein Freund Tobias Just, Herr Pulver. Er war auf der Suche nach mir!«
Dies erschien Gerold die einfachste Erklärung für Tobias’ Anwesenheit.
Tobias erhob sich und deutete vor Pulver eine Verbeugung an. »Ich danke Euch von Herzen, dass Ihr Euch meines Freundes angenommen habt. Sollten dabei Ausgaben auf Euch zugekommen sein, werde ich sie selbstverständlich ersetzen.«
Mit einer nachlässigen Handbewegung winkte der Apotheker ab. »Man soll Mitleid und Hilfsbereitschaft nicht mit Geld aufwiegen, Herr Just. Gerold brauchte Hilfe, und meine Tochter und ich gaben sie ihm gerne!«
Jetzt sah Tobias auch Lisa. Sie spähte nun über die Schulter ihres Vaters, um zu sehen, wer Gerolds Gast war. Im ersten Augenblick kam sie ihm gewöhnlich vor. Mittelgroß und von draller Gestalt, hatte sie ein rundliches Gesicht mit Sommersprossen und blondem Haar. Doch als er in ihre blauen Augen blickte, las er darin so viel Sanftmut und Liebe, dass er sich seines ersten Eindrucks schämte. Lisa Pulver mochte keine Schönheit sein, doch sie war eine Frau, wie ein Mann sie sich zur Gefährtin nur wünschen konnte.
»Ich danke auch Euch, mein Fräulein«, wandte Tobias sich nun an sie.
»Lasst bitte das Fräulein weg«, antwortete Lisa lächelnd. »Ich bin des Pillendrehers Tochter, wie Burghauptmanns Brigitte zu spotten pflegt. Doch ich liebe meinen Vater gewiss mehr als sie den ihren!«
Unterschätzen sollte man das Mädchen nicht, fuhr es Tobias durch den Kopf. Trotz ihrer Sanftmut wusste sie die, die sie liebte, auch zu verteidigen. Er lachte leise, bevor er Antwort gab. »Da haben wir etwas gemeinsam, Jungfer Lisa. Ich bin eines Salbenmischers Sohn, und Gerold hat drei Jahre jeden Winter bei uns mitgeholfen, diese Salben herzustellen.«
»Er versteht einiges von Heilpflanzen«, warf der Apotheker anerkennend ein.
Tobias sah, wie Lisas Gesicht mit liebevollem Stolz auf Gerold ruhte, und sagte sich, dass das Mädchen seinen Vater mit sanfter Hartnäckigkeit irgendwann davon überzeugen würde, Gerold als Schwiegersohn zu akzeptieren. Und er selbst würde dafür Sorge tragen, dass der Freund nicht mit leeren Händen dastand.
Vor allem anderen aber musste er Klara finden, bevor sie ihrem mörderischen Onkel zum Opfer fallen konnte. Tobias dachte an die beiden Räuber, die Klara überfallen hatten. Laut ihren Aussagen hatten sie von Alois Schneidt erfahren, dass seine Nichte viel Geld bei sich tragen würde. Bisher hatte er dies für eine Unbedachtsamkeit von Schneidt gehalten, doch nun begriff er, dass es mit Absicht geschehen war. Schneidt hatte Klara auf diese Art und Weise loswerden wollen, doch sie hatte sich als zu gewitzt für den Galljockel und den Knüppelpeter erwiesen. Diese zwei Halunken würden nun niemanden mehr bedrohen und ausrauben, denn der Richter hatte sie kurzerhand zum Tode verurteilt und aufhängen lassen.
Tobias richtete seine Gedanken wieder auf Klara. Da durchfuhr es ihn wie ein Schlag. Auch sie hatte ein Anrecht auf einen Teil des Schatzes. Wenn er sie dazu bewegen konnte, ihn zu heiraten, würde sein Vater nachgeben müssen.
Mit neu erwachtem Selbstvertrauen klopfte Tobias seinem Freund auf die Schulter. »Ich werde daheim in deinem Sinne tätig werden, mein Guter. Doch bis dorthin werde ich dir eine kleine Summe hierlassen, damit du nicht ohne Geld bist. Du wirst deine Dankbarkeit für Herrn Pulver und Jungfer Lisa gewiss einmal mit einem kleinen Geschenk zeigen wollen.«
»Aber das ist doch nicht nötig!«, wehrte das Mädchen ab, und das meinte sie nach Tobias’ Einschätzung ernst. Für sie war das schönste Geschenk, dass der junge Mann, den sie dem Tode nahe in einer Schlucht gefunden hatte, am Leben geblieben war.
Der Apotheker hingegen nickte zufrieden. »Es wäre nicht schlecht, wenn Gerold ein wenig Geld besitzt. Es können ruhig Münzen aus seiner Heimat sein. Die Leute sollen sehen, dass er kein simpler Landstreicher ist, sondern ein wohlerzogener junger Mann! Bislang habe ich ihn nicht ins Gasthaus mitgenommen, um ihn nicht dadurch zu beschämen, dass ich auch
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