Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
Vom Netzwerk:
Behutsam führte der Mönch das Mädchen durch die schwierigen Passagen des Liedes.
    Doch dann hielt Arigund unvermutet inne.
    »Pater David, ich bitte um Entschuldigung, aber ich glaube, wenn ich diese Stelle etwas tiefer singe, dann würde sie noch besser klingen. Und vor dem ›Ave Maria‹ sollten wir eine kleine Pause einlegen. Der Lobpreis der Jungfrau fände dann mehr Beachtung.«
    Lächelnd nickte der Mönch.
    »Nun dann, versuche es. Ich werde lauschen und dir sagen, was ich darüber denke.«

*
    Während Arigund sang, öffnete sich leise die Türe. Ein kleiner Mann trat vorsichtig in den Raum. Obwohl er sich schlicht kleidete, konnte niemand Zweifel an seinem Wohlstand hegen. Das Tuch war von einem Könner gewebt und von feiner Wolle. Und auch das Wohnhaus des Antonio DeCapella zeugte von Reichtum. Erst im letzten Jahr war der neue Turm seiner Residenz in der Wahlenstraße fertiggestellt worden. Fast wagemutig zog er so mit der Familie Zandt auf gleiche Höhe.
    Der Kaufmann wartete, bis seine Tochter geendet hatte und begrüßte den Mönch dann freundlich: »Gott zum Gruße, Pater David. Wie ich höre, studiert ihr gerade mit meiner Tochter ein neues Lied ein.«
    Der Mönch vernahm den etwas missbilligenden Unterton. In letzter Zeit schien der Kaufmann zunehmend unzufrieden mit den Fortschritten seiner Tochter, so als ginge ihm alles nicht schnell genug. Dabei lernte das Mädchen fleißig. Aber schließlich war sie noch ein Kind.
    »Wir sind gerade mit den Übungsstunden fertig geworden. Arigunds Griechisch verbessert sich. Sie liest es flüssig und macht nur noch wenige Fehler beim Schreiben.«
    »Das Griechische, aha, und wie steht es mit dem Rechnen?«
    Wieder war der Tonfall bohrender, als es der Mönch von DeCapella gewohnt war.
    »Eure Tochter, Herr, scheint mir ungewöhnliches Talent fürs Kaufmännische zu haben. Die Anzahl von Regensburger Pfennigen in einem Krug könnte sie allein an seinem Gewicht bestimmen.«
    Zufrieden strich der Kaufmann seiner Tochter über den Lockenkopf. »Mia cara, deine Übungsstunden sind für heute beendet. Lass mich kurz mit dem Prior allein.«
    Gehorsam packte das Mädchen seine Utensilien zusammen, knickste kurz und schloss dann die Türe hinter sich.
    Antonio DeCapella wartete, bis er hörte, wie sich die Schritte seiner Tochter entfernten.
    »Mein lieber Pater David«, hob er dann an, »ich möchte Euch um einen Dienst bitten.«
    Der Pater runzelte die Stirn. Es kam nicht oft vor, dass ihn einer der reichen Kaufleute um etwas bat. Meistens war es eher umgekehrt.
    DeCapella nagte an seiner Unterlippe, studierte fahrig das Pergament, in dem der Pater vorhin gelesen hatte, und meinte dann: »Ich werde mich erneut vermählen und möchte die Einsegnung gern in Eurer Klosterkirche vollziehen.«
    Die Falten auf der Stirn des Paters glätteten sich. Eine Hochzeit – wie erfreulich!
    »Es soll der Schaden der Bruderschaft nicht sein«, setzte der Kaufmann eilig hinzu.
    Das klang nach einer großzügigen Spende. Im Geiste ging der Pater die notwendigen Renovierungsarbeiten an der Kapelle durch. Ihm fiel da so manches ein. »Selbstverständlich, Herr, wenn Ihr den Segen des Herrn wünscht, so werden wir ihn gern für Euch erbitten! Wann soll die Hochzeit denn stattfinden?«
    »Im nächsten Jahr.«
    »Und darf ich fragen, wen Ihr Euch zur Frau erkoren habt?«
    Diesmal schien der Patrizier herumzudrucksen. Der Mönch wunderte sich. Ein Mann wie DeCapella würde sicher keine Ehe eingehen, die nicht standesgemäß wäre. Da gab es andere Möglichkeiten, sich die Gunst einer Frau zu erwerben. Selbst ein Bischof ging ins Frauenhaus, um sich seiner unguten Säfte zu entledigen. Pater David ließ dem Kaufmann Zeit und hob einen Becher frisches Brunnenwasser an die Lippen. Schließlich stieß DeCapella den Namen hervor: »Katharina Thundorf.«
    Der Mönch hätte um ein Haar das Wasser wieder ausgespuckt. Das war wahrlich eine Überraschung.
    »Katharina Thundorf?«, wiederholte Pater David ungläubig. Er hätte weit eher angenommen, dass DeCapella sich erneut ein Weib aus der Familie Zandt suchen würde, was aus Sicht des Familienfriedens geschickter gewesen wäre. Eine Thundorferin zu heiraten, das war mutig, nein, waghalsig. Die Zandts und Thundorfs, obwohl beide im Rat vertreten, waren schon seit Generationen verfeindet.
    DeCapella knetete nervös seine Finger. »Ja.«
    Es entstand eine weitere Pause. »Wisst Ihr, Pater, es ist eine gute Frau, eine Witwe.«
    »Sicher. Sie ist das

Weitere Kostenlose Bücher