Die Wanifen
war so verblüfft, dass ich den Bogen sinken ließ.
Für einen Augenblick spiegelte sich Überraschung auf Gormans Miene, gefolgt von einem höhnischen Lächeln.
»Endlich eine Herausforderung!«
»Kauket, nicht«, sagte ich verzweifelt.
»Ich weiß, was ich tue, Ainwa«, erklärte Kauket, ohne sich zu mir umzudrehen.
Ich zweifelte entschieden an seinen Worten. Er konnte sich ja kaum aufrecht halten. Und Gorman hatte beim Kampf gegen Sphincos nicht einmal einen Kratzer abbekommen. Es reichte schon, dass Rainelf wegen mir ein aussichtsloses Duell begonnen hatte. Nicht auch noch Kauket.
»Vertrau mir«, murmelte Kauket mit einem leichten Kopfnicken. »Lauf nach Hause, Ainwa.«
Ich wollte gerade entschieden protestieren, als ich Gormans Lachen vernahm.
»In dem Augenblick, in dem du wegläufst, Ainwa, reiß ich seinen Seelengeist in Stücke.«
Ich hob meinen Bogen wieder und richtete ihn auf Gorman. »Wenn du das tust, töte ich dich«, sagte ich leise.
Gorman warf mir einen lauernden Blick zu. »Selbst wenn du das wirklich wolltest, glaubst du wirklich, du würdest mich treffen?«
»Genug geredet, Erlkönig. Heute kämpfst du gegen mich«, rief Kauket.
Gorman neigte leicht den Kopf zur Seite.
»Ganz, wie du willst.«
Während eines Wimpernschlags verwandelte sich Gorman in einen Schatten und rauschte auf Kauket zu. Ich schrie auf.
Kauket riss seinen Stab in die Höhe. Ich glaubte, der Schnee vor seinen Füßen würde zum Leben erwachen, dann schoss ein blühender Holunderbusch unmittelbar vor Kauket in den Himmel. Gorman rammte den Strauch mit voller Geschwindigkeit und brüllte auf, als wäre er in ein loderndes Feuer hineingelaufen. Er prallte zurück und besah sich seine Arme mit aufgerissenen Augen. Ich konnte riesige Blasen auf seiner Haut erkennen. Holunder schützte vor den Geistern und Gorman trug so viel vom Kelpi in sich, dass er ihn auch abwehrte.
Gorman stieß ein wütendes Knurren aus. Fassungslos erkannte ich, wie die Blasen auf seiner Haut in Windeseile zuheilten. Er grinste und stürzte sich erneut mit Todesverachtung auf Kauket.
Kauket ließ seinen Stab durch die Luft sausen, tippte mit seiner Spitze kurz auf die Erde und warf vier Eicheln über den Holunderbusch.
Plötzlich zitterte der Boden unter dem Kraftplatz. Mir stockte der Atem. Unmittelbar vor Gorman wuchs mit unfassbarer Geschwindigkeit ein Eichenbaum in den Himmel und zwang ihn zum Anhalten. Kaum war das geschehen, schossen um ihn herum drei weitere Eichenbäume in die Höhe und mauerten ihn ein. Wie war das nur möglich? Die ganze Zeit war Kauket zu solchen Dingen fähig gewesen? Er musste tatsächlich ein Meister des Wachsens sein.
Kauket hob seinen Stab und neigte seine Spitze nach vor. Die vier Bäume bogen sich zueinander, schlossen sich immer enger um Gorman, bis keine Lücke mehr zwischen den Stämmen erkennbar war.
»Gorman«, flüsterte ich erschrocken. War es wirklich vorbei? Hatte Kauket ihn besiegt?
Ein ohrenbetäubendes Krachen zerriss die Stille. Eine riesige Baumkrone stürzte auf mich zu. Ich brachte mich mit einem verzweifelten Hechtsprung in Sicherheit. Der Baum schlug wenige Schritte hinter mir mit einem dumpfen Poltern auf. Sofort stemmte ich mich wieder in die Höhe und hob meinen Bogen auf, den ich in der Hitze des Gefechts fallen gelassen hatte.
Gorman trat triumphierend zwischen den zersplitterten Baumstümpfen hervor, deren Würgegriff er mit seiner schieren Kraft aufgebrochen hatte. »Wie viele Tricks kennst du noch, Uruku?«, fragte er mit glühenden Augen, dann raste er ein drittes Mal in einer Wolke aus schwarzem Nebel auf Kauket zu. Der Holunderbusch würde ihn erneut verbrennen, aber er würde ihn diesmal nicht mehr aufhalten.
Kurz bevor Gorman Kauket erreichte, schlug Kauket auf den Wechselstein neben ihm und verschwand, genau als Gorman ihn erreichte. Kurze Zeit später tauchte er unversehrt neben dem gegenüberliegenden Wechselstein wieder auf.
Genau, wie er es mich gelehrt hatte, dachte ich beeindruckt. Ein wahrer Wanife nutzte immer alle vier Fähigkeiten, niemals nur eine.
Gorman brüllte wütend auf. »Du denkst, du kannst mich von ihr trennen mit deinem Versteckspiel?«
Er fuhr herum und fixierte mich. Jede Selbstbeherrschung in seiner Miene war wie weggefegt.
Mein Elchenband meldete sich mit einem schmerzhaften Stechen zu Wort. Für einen Augenblick sah ich mich durch seine Augen, fühlte die verzehrende Gier, die in ihm wütete. Ich stöhnte auf.
»Gorman …«
»Du wirst
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