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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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murmelte Gorman ernst. Sein Blick glitt prüfend über Ainwas Gestalt. »Du trägst deinen Bogen nicht bei dir«, stellte er leise fest.
    Er machte ein paar Schritte auf Ainwa zu.
    »Schön dich zu sehen, Häuptling«, erklärte Ainwa und wich einen Schritt vor ihm zurück.
    Eine Weile standen sie sich schweigend gegenüber.
    Ainwa stieß ein hohles Lachen aus. »Suchst wohl nach den richtigen Worten.«
    Gorman starrte ihr schweigend entgegen.
    »Ich werd‘ dir aber nicht helfen«, meinte Ainwa abfällig. »Du musst es schon selbst tun.«
    Gorman senkte den Blick.
    »Du bist so ein verdammter Feigling«, rief Ainwa und spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie drängte sie mit aller Macht zurück.
    »Sag es«, murmelte sie und machte einen Schritt auf Gorman zu.
    Ainwa konnte sehen, wie sich Gormans Miene unter ihren Worten verkrampfte.
    »Sag es«, wiederholte Ainwa leiser und ging einen weiteren Schritt auf Gorman zu.
    Gormans Miene zitterte.
    »Sag es«, brüllte Ainwa.
    »Ich liebe dich«, flüsterte er.
    Gorman packte sie und drückte sie fest an sich. Ehe Ainwa begriff, was geschah, spürte sie Gormans warme Lippen auf den ihren …
    Alles war wie hinweggefegt. Ainwa spürte, wie sich ihr zusammengepresster Mund unter Gormans Kuss entspannte. Gorman löste sich langsam, beinahe widerwillig, von ihr.
    »Ich möchte, dass du mit mir fortgehst, Ainwa …«, hauchte er und strich durch ihr dichtes Haar. »Ich konnte vor dem Rat nicht sagen, was ich vorhatte. Ich … ich hatte Angst, sie würden dir etwas antun …«
    Ainwa starrte ihn völlig entgeistert an.
    »Wir gehen fort von hier, Ainwa. In ein neues Leben, hörst du? Wir kommen nie wieder zurück.«
    »Aber … du«, es fiel Ainwa immer noch schwer, ihre Gedanken zu ordnen. »Du würdest alles wegwerfen«, flüsterte sie. »Deine Eltern, deine Freunde, du würdest sie niemals wiedersehen. Du wärst ein Ausgestoßener … so wie ich.«
    Gorman beugte sich vor und küsste Ainwa noch einmal.
    »Ich weiß«, flüsterte er und schmiegte seine Wange an Ainwas. »Aber das alles ist grau … ohne dich.« Er wich ein kleines Stück zurück. Ein warmherziges Lächeln breitete sich auf seiner Miene aus. »Wirst du mitkommen?«
    Ainwa erwiderte sein Lächeln. »Ja«, flüsterte sie. »Ja, natürlich.«
    »Gut«, murmelte Gorman mit einem freudigen Lachen und drückte seine Stirn gegen Ainwas. »Gut…«
    »Lass uns nicht mehr zurückkehren«, flüsterte Ainwa. »Lass uns gleich fortgehen. Ich will nie wieder zurück.«
    »Doch, Ainwa«, flüsterte Gorman und küsste sie auf die Stirn. »Ein einziges Mal noch kehren wir ins Dorf zurück. Einmal noch in Alfangers Hütte.
    Hol deinen Eibenbogen und den Köcher mit den Pfeilen. Ataheim wird fast leer sein. Die Jäger stellen gerade einem verwundeten Elchbullen nach. Die Frauen sind mit den Kindern im Wald, um Pilze zu sammeln. Niemand darf dich sehen. Du darfst niemandem sagen, wo du hingehst.« Gorman lächelte. »Schau nicht zurück.«
     
    Die Erinnerung verblasste. Ich spürte wieder die Kälte der Winternacht um mich herum. Der Erlkönig schloss die Augen und stieß ein leises Knurren aus. Er berührte seine Lippen mit den Fingerspitzen.
    »Ich kann dich noch immer spüren«, murmelte er mit seiner dröhnenden Stimme. Wenn er seine Augen geschlossen hielt, konnte ich mir beinahe einreden, dass er wieder mein Gorman war. Die Tätowierung auf seiner Schläfe, die drei kurzen Zöpfchen in seinem Nacken. Ich wünschte, er würde sie nie wieder öffnen.
    »Es war ein Traum«, flüsterte ich. »Der Kelpi hätte uns gefunden so oder so. Nur hätte er mir antun müssen, was er dir angetan hat.«
    Gorman lachte leise.
    »Denkst du denn noch immer, es war Zufall, dass wir genau in dieser Nacht das Elchenband geschlossen haben?«
    »Was soll das heißen?«, fragte ich leise.
    Gorman grinste. »Komm zu mir und es wird keine Geheimnisse mehr zwischen uns geben.«
    Ein kalter Schauder lief mir über den Rücken.
    »Ich bin nicht allein gekommen. Ich würde dir nicht raten, mich anzugreifen.«
    Gorman fixierte einen Punkt irgendwo hinter mir. Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter.
    »Ach, Ainwa.« Er seufzte. »Hatte ich dir nicht gesagt, ich würde mich für dein mächtiges Geschenk erkenntlich zeigen? Du hast immer noch nicht begriffen, was das bedeutet.«
    Gorman machte ein paar langsame Schritte auf mich zu.
    »Bleib stehen«, rief ich ihm zu.
    »Und wenn nicht?«, fragte er lächelnd und näherte sich mir

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