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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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geflochten. Wie oft hatte ich mir gewünscht, mehr zu sein wie er. Und wie oft hatte ich mich gewundert, dass er überhaupt etwas mit jemandem wie mir zu tun haben wollte.
    Gorman sah auf, als er meinen Blick bemerkte.
    »Ainwa, ich wollte dir sagen …«
    Ein gespenstischer Schrei erschallte in der Dunkelheit. Gorman sprang auf und blickte sich beunruhigt um.
    »Was war das?«
    Ich zitterte. Kein Tier stieß so einen fast schon menschlich klingenden Schrei aus.
    »Er kommt hierher«, murmelte ich. »Er sucht mich!«
    Alfanger hatte die Wahrheit gesagt, mit jedem Wort! Dieses Ding war da draußen – und es hatte begonnen, mich zu jagen.
    »Ainwa, beruhig dich, das war nur ein Tier«, erklärte Gorman und legte mir die Hand auf die Schulter.
    »Nein, ich muss gehen, Gorman«, rief ich und sprang auf. »Du darfst nicht mitkommen. Es ist zu gefährlich!«
    Gorman schien für eine Weile krampfhaft nach Worten zu ringen. Der große Jäger, der Sohn des Häuptlings …
    »Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache«, flüsterte er. »Ich glaube, wenn ich dich gehen lasse … verlier ich dich.«
    »Ich muss allein gehen, Gorman«, murmelte ich mühsam beherrscht. »Auch … auch wenn ich mir wünschte, du könntest mitkommen.«
    Gorman setzte sich wieder ans Feuer und blickte zu mir auf.
    »Setz dich«, bat er mich leise. »Nur für einen Moment. Ich versprech dir, dann lass ich dich gehen.«
    Zögernd hockte ich mich zu ihm an die wärmenden Flammen.
    »Ich möchte, dass wir das Elchenband schließen.«
    »Das Elchenband?«, flüsterte ich. »Erinnerst du dich, was Alfanger darüber erzählt hat? Es verbindet die Seelen zweier Menschen, ihren Geist … ihr Blut.«
    Gorman nickte.
    »Ich weiß nicht. Es heißt, es ist ein sehr mächtiger Zauber. Die letzten beiden sind …«
    »Ainwa«, unterbrach mich Gorman und ergriff meine Hand. Sein Blick wirkte beinahe flehend. »Bitte!«
    Ich starrte ihn verständnislos an.
    »Vielleicht kann ich nicht mitkommen«, meinte Gorman. »Aber wir werden verbunden sein. Unser Schicksal wird eins. Ich werde dich finden, wo immer du auch bist, meine Kleine!«
    Ich fühlte Dankbarkeit in mir aufsteigen, dachte nicht weiter nach und nickte. Wir wussten, wie man das Elchenband schloss, auch wenn keiner der Ata über viele Generationen hinweg es getan hatte.
    Ich erinnerte mich noch genau an die Nacht, in der Alfanger uns die Legende des Elchenbands am großen Feuer erzählt hatte. Es war ein altes Ritual, das unser Volk vor vielen Menschenaltern vor dem Angriff eines feindlichen Stamms rettete. Ein Jäger und eine Jägerin hatten das Elchenband damals geschlossen.
    Danach, so hieß es, verschmolzen ihre Seelen zu einer und sie wussten immer, wo der andere sich aufhielt, sogar, was er dachte …
    Selbst wenn das alles stimmte, es ängstigte mich nicht, dieses Ritual mit Gorman durchzuführen. Ich hatte oft das Gefühl, ich wusste genau, was in ihm vorging, ganz ohne Elchenband.
    Gorman begann. Mit seinem Feuersteinmesser ritzte er sich in die Unterseite seines Armes und führte die Klinge langsam in wellenförmigen Linien hinunter bis zur Ellenbogengrube. Tiefrotes Blut quoll aus der Wunde und formte das verschlungene Zeichen des Elchenbands.
    »Jetzt du.«
    Vorsichtig nahm ich ihm das Messer aus der Hand. Ich fürchtete mich ein bisschen vor den Schmerzen, doch als ich meine Angst überwand und die Spitze der Klinge in meine Haut bohrte, spürte ich fast nichts, auch nicht, als Bluttropfen über meine Haut rannen. Ich führte die Schneide über meinen Unterarm, bis das blutrote Zeichen des Elchenbands erschien.
    Gorman lächelte und hob seinen Arm. Er schloss die Augen.
    Unsere Hände umschlossen einander, dann pressten wir die Unterarme fest zusammen, bis unser Blut ineinander floss. Mir fiel auf, wie viel größer seine Hand war. Ich versank förmlich in ihr.
    »Zwei Seelen, ein Blut«, sagte Gorman.
    »Zwei Seelen, ein Blut«, wiederholte ich. Das Pulsieren meines Blutes und gleichzeitig das Schlagen von Gormans Herz zu spüren, fühlte sich merkwürdig an. Sie glichen sich einander an, bis nur noch ein Puls fühlbar war. Für einen Augenblick fiel es leicht, die Schrecken dieser Nacht zu vergessen. Meine Gedanken, meine Hoffnungen, meine Ängste, all das war für diesen einen, endlosen Moment mit denen Gormans verschmolzen.
    Ich stieß ein überraschtes Keuchen aus und drückte mich von ihm weg.
    »Was war das?«
    Gorman saß mir nachdenklich gegenüber und betrachtete seinen

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