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Die Washington-Akte

Die Washington-Akte

Titel: Die Washington-Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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hatte er einmal jemanden im Namen der Ehre getötet. Er hatte vor niemandem Angst. Und gewiss nicht vor diesem Dummkopf, dessen bleiche Lippen genauso zitterten wie die Hand, die mit der Waffe zielte.
    Der junge Mann drückte ab.
    Der Hahn schnappte nach vorn.
    Das Zündhütchen explodierte.
    Ein Knall hallte von den Steinwänden der Rotunde wider. Aber kein Funke entzündete das Pulver im Lauf.
    Ein Rohrkrepierer.
    Der Angreifer wirkte bestürzt.
    Jackson wusste, was geschehen war. Kalte, feuchte Luft. Er hatte genug Schlachten im Regen geschlagen und wusste, wie wichtig es war, das Pulver trocken zu halten.
    Zorn ergriff ihn.
    Er packte seinen Gehstock mit beiden Händen wie einen Speer und stürzte sich auf den Angreifer.
    Der junge Mann warf die Waffe weg.
    Eine zweite messingbeschlagene Pistole kam zum Vorschein, diesmal war die Mündung nur Zentimeter von Jacksons Brust entfernt.
    Der Schütze drückte ab.
    Wieder knallte das Zündhütchen, wieder blieb der Funke aus.
    Ein zweiter … Versager.
    Bevor Jackson dem Angreifer seinen Stock in den Bauch rammen konnte, packte ihn Woodbury am einen Arm, sein Marineminister am anderen. Ein Mann in Uniform stürzte sich auf den Schützen, und mehrere Kongressmitglieder taten es ihm gleich, darunter auch Davy Crockett aus Tennessee.
    »Lassen Sie mich los«, schrie Jackson. »Lassen Sie mich zu ihm. Ich weiß, woher er kommt.«
    Aber die beiden Männer lösten ihren Griff nicht.
    Die Hände des Attentäters ragten wild um sich schlagend über ein Meer von Köpfen hinaus; dann wurde der Mann zu Boden geworfen.
    »Lassen Sie mich los«, sagte Jackson erneut. »Ich kann selbst auf mich aufpassen.«
    Polizei tauchte auf, und der Mann wurde auf die Füße gerissen. Crockett übergab ihn den Beamten mit den Worten: »Ich wollte einmal den schlimmsten Schurken auf dieser Welt sehen, und das habe ich jetzt.«
    Der Schütze faselte etwas, er sei der König von England und werde mehr Geld haben, wenn Jackson erst tot sei.
    »Wir müssen aufbrechen«, flüsterte Woodbury Jackson zu. »Dieser Mann ist offensichtlich geistesgestört.«
    Diese Entschuldigung wollte Jackson nicht gelten lassen. »Darum geht es hier nicht. Es gab einen Plan, und dieser Mann war das Werkzeug.«
    »Kommen Sie, Sir«, sagte sein Finanzminister und führte ihn in den nebligen Vormittag zu seiner wartenden Kutsche hinaus.
    Jackson leistete keinen Widerstand mehr.
    Aber seine Gedanken waren in Aufruhr. Er stimmte dem zu, was Richard Wilde, ein Kongressabgeordneter aus Georgia, ihm einmal gesagt hatte: In der Gerüchteküche sind hundert Zungen am Werk, die mindestens ebenso viele Geschichten erzählen. Nun, das hoffte er doch. Er hatte sich dem Attentäter ohne eine Spur von Furcht entgegengestellt. Selbst zwei Pistolen hatten ihn nicht eingeschüchtert. Jeder, der dabei gewesen war, würde seinen Mut bezeugen können.
    Und – Gott, dem Allmächtigen, sei Dank! – die Vorsehung hatte ihn beschützt.
    Offenbar schien er tatsächlich zu dem Schicksal bestimmt, den Ruhm des Landes zu mehren und weiter für die Sache des Volks einzutreten.
    Er bestieg die Kutsche. Woodbury folgte ihm, und die Pferde trabten durch den Regen los. Ihm war nicht mehr kalt, und er fühlte sich nicht länger alt oder müde. Ein Gefühl von Kraft durchströmte ihn. Wie beim letzten Mal, vor zwei Jahren. Während eines Dampfschiffausflugs nach Fredericksburg. Ein geisteskranker ehemaliger Marineoffizier, den er entlassen hatte, hatte ihm das Gesicht blutig geschlagen und war damit für den ersten körperlichen Angriff auf einen amerikanischen Präsidenten verantwortlich. Hinterher hatte Jackson es abgelehnt, den Mann vor Gericht zu bringen, und sich auch der Mahnung seiner Berater widersetzt, sich ständig von einem militärischen Wächter begleiten zu lassen. Die Presse stellte ihn auch so schon als König dar, der im Weißen Haus Hof hielt. Er würde nicht noch mehr Wasser auf diese Mühle gießen.
    Und jetzt hatte tatsächlich jemand versucht, ihn zu ermorden.
    Auch dies war etwas noch nie Dagewesenes für einen amerikanischen Präsidenten.
    Diese Handlung ließ eher an Europa und das alte Rom denken. Attentate galten normalerweise Despoten, Monarchen und Aristokraten, nicht vom Volk gewählten Staatenlenkern.
    Er starrte Woodbury finster an. »Ich weiß, wer das hier befohlen hat. Diesen Leuten fehlt der Mut, sich mir selbst entgegenzustellen. Stattdessen schicken sie einen Geistesgestörten, der nach ihrer Pfeife tanzt.«
    »Von

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