Die Wedding-Planerin
zwei-, dreimal pro Monat, um sie auf dem aktuellen Stand zu halten
und ihnen das Gefühl der Exklusivität zu geben. Nur sie bekommen «hinter dem Rücken des Paares» (wie aufregend!) exklusive
Infos von den Planungen hinter den Kulissen.
Die Hysterischen:
Tarnen sich meist als locker, drehen aber richtig auf, wenn sie ihren Willen nicht bekommen. Manchmal stellt sich in dieser
Konstellation die Frage, wer hier Kind und wer Eltern ist. Bei dieser Spezies hat man das Gefühl, mit einem Fünfjährigen
im Supermarkt |32| am Süßigkeitenregal zu stehen und soeben das Überraschungsei untersagt zu haben. Die Wutanfälle dieser Eltern haben sich gewaschen
– sie liegen sinnbildlich gesprochen auf dem Supermarktfußboden, brüllen und strampeln mit den Beinen, um endlich die Schokolade
zu bekommen, die sie wollen. Nur dass es sich bei der Schokolade um erheblich wichtigere Dinge handelt: die Gästeliste,
die Kleidung, der Rahmen, in dem die Feier stattfinden soll. Ihnen scheint egal, was die Kinder wollen, ihr eigener Wille
steht im Mittelpunkt, und wird diesem nicht stattgegeben, folgt emotionale Erpressung: «Wenn du deine Cousinen und Cousins
nicht einlädst, werden wir uns die kommenden Jahre auf keiner Familienfeier mehr blicken lassen können», «Wenn du ihren
Namen annimmst, bist du nicht mehr unser Sohn» usw.
Diese Art von Eltern ist für eine Trauzeugin eine echte Herausforderung. Schnell wird klar, was das eigentliche Problem ist:
Sie haben Angst vor dem Verlust des eigenen Kindes und meinen es «nur gut». Aber gut gemeint ist eben das Gegenteil von gut.
Da meist keine Zeit mehr für eine Familientherapie ist, ist auch hier das beste Gegenmittel die Ablenkung durch Arbeit. Ich
habe Hochzeiten vorbereitet, für die solche Eltern einfach alles machen durften: Gästeliste, Brautkleid aussuchen, Location
bestimmen etc. – und hintenrum haben wir mit dem Brautpaar dann doch die Vorstellungen umgesetzt, die das Paar hatte. Die
Eltern waren begeistert, da sie immer glaubten, das Ergebnis sei ihnen zu verdanken. Nach einer Hochzeit mit diesen Eltern
brauche ich Urlaub, um aus dem schizophrenen Zustand wieder in der Normalität anzukommen.
Spezies zwei – die Engagierten – waren anzutreffen auf der Hochzeit von Michael und Andrea. Nach dem Heiratsantrag in New
York sollte das Fest ein Dreivierteljahr später steigen. Alles war in Vorbereitung, Andrea lebte sich dabei voll aus, hatte
alles im Griff. Keine Planung entging ihrem wachsamen Auge, und Michael war |33| der Finanzminister. Ihre Eltern locker, seine eher zurückhaltend. Und dann der Eklat am Tag des Polterabends. Ihre Eltern
lieben Südeuropa – nicht nur zum Urlaubmachen, sondern vor allem, weil die südliche Sonne hervorragenden Wein hervorbringt.
Nichts lag näher, als dass der Vater der Braut – seit 30 Jahren ein exquisiter Weinkenner – sich um die Beschaffung eines edlen Tropfens für die Feiern kümmerte. Das tat er auch etwa
drei Monate sehr gewissenhaft. Er besuchte diverse Weingüter zwischen Bordeaux und der Bretagne und verkostete viele Sorten
Weiß- und Rotwein. Andrea und Michael hatten ihm ihre genauen Vorstellungen mit auf den Weg gegeben: eine Sorte Rot- und eine
Sorte Weißwein – genug Flaschen für 150 Personen auf der Hochzeitsfeier bitte.
Drei Tage vor der eigentlichen Feier veranstalteten die beiden einen Polterabend auf dem Hof ihrer Eltern. Nachbarn, Freunde
und Verwandte fanden sich zu dem Ereignis ein, warfen Geschirr zu Ehren des Paares auf einen großen Haufen. Als es schließlich
dämmerte und der Haufen der Scherben rund um den Container immer größer wurde, wurden die Gäste unruhig. An dieser Stelle
sollte das Paar auftauchen und die Scherben zusammenfegen, um so ihr Glück zusammenzuhalten. Aber von den beiden fehlte jede
Spur. Ich machte mich auf die Suche und fand das Paar samt Brautvater aufgelöst im Badezimmer. Andrea hielt eine offene Mascara
in der Hand – offenbar war sie gerade dabei gewesen, sich fertig zu machen. Ihre Augen waren rot geschwollen, und Tränen
zogen eine Spur über ihre geschminkten Wangen. Das Schweigen, das mich empfing, schwang voller Vorwürfe. Michael bedeutete
mir hineinzukommen und verließ samt Brautvater das Bad.
Ich schloss die Tür, die Mascara und den Klodeckel, um mich zu setzen. Keine drei Sekunden später platze es aus Andrea heraus
– sie weinte und konnte sich nicht wieder beruhigen. Mir blieb
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