Die Wedding-Planerin
sehen, über den Wärmetauscher seiner neu angeschafften Heizung oder die Vorzüge eines Reihenendhauses im Vergleich zu einem
Fertighaus mit eigenem Grundstück. Na ja, eigentlich spricht er, und ich wundere mich, was der Typ mit meinem besten Freund
angestellt hat. Wo versteckt sich Jan?
Ich weiß, man kann nur sehr bedingt etwas zur Partnerwahl seiner Freunde sagen. Das ist schon schwierig, wenn zwei Menschen |25| einfach zusammen sind. Wenn ein solches Paar aber verkündet, heiraten zu wollen, und somit die eigenen Hoffnungen auf ein
Ende der absurden Beziehung zunichtegemacht werden, sollte man seine Reaktionen im Griff haben. Ich verstehe allerdings bis
heute nicht, wie die beiden darauf kamen, mich zu ihrer Brautführerin zu machen. Man, nein, ich kann kaum nein zu so einem
Amt sagen – außer man will sich auf einen Schlag all seiner Freunde entledigen, die Feier verderben oder plant seine eigene
Auswanderung. In diesem Fall hatte ich die Frage kommen sehen und mich lange damit beschäftigt, wie ich ein Nein diplomatisch
verpacken könnte. «Jan, du heiratest die Falsche, und ich werde das nicht auch noch unterstützten», schien sogar mir eine
eher undiplomatische Antwort zu sein. Ebenso fielen «Ich habe schon etwas anderes vor», «Ich habe keine Lust» oder «spontane
Sturzblutungen» aus. Rettung aus dem Dilemma kam von meiner überaus feinfühligen und mich sehr gut kennenden Mutter. Mit dieser
hatte ich die Situation bereits mehrfach besprochen. Als ich eines schönen Abends einen Termin mit dem angehenden Hochzeitspaar
nach mehreren Verschiebungen tatsächlich wahrnahm, stand ich kurz vorher verzweifelt in ihrer Küche. Meine Mutter nahm mich
in den Arm und meinte: «Mädchen, du kennst Jan so lange, und ihr habt so viel zusammen erlebt. Nun heiratet er in deinen
Augen vielleicht die falsche Frau, und ihr habt euch entfremdet – aber dennoch verbindet euch sehr viel. Sei für ihn da,
wenn er dich braucht – und jetzt braucht er dich. Sag auf die Frage heute Abend ‹Ja›, zieh es durch, und dann kannst du
dir das die kommenden Jahre ansehen. Wahre Freunde überstehen auch eine Durststrecke.»
Ich wurde also doch Jans Brautführerin und die Hochzeit … ganz nett. Gut, einige Dinge gingen gar nicht klar, wie zum Beispiel die Freundinnen der Braut, die etwas zu betrunken
mit Sonnenbrillen auf den roten Schnapsnasen andauernd im Kreis zu dem Song «Ein Stern» tanzten. Zu allem Übel hatte Jan sich
außerdem vorgenommen, auf seiner eigenen Feier nüchtern zu bleiben, und |26| fand weder die richtigen Worte noch wirklich ins Feiern hinein. Und dann versäumte es das Paar, sich bei seinen Helfern zu
bedanken. Erst anderthalb Jahre später flatterte eine allgemeine Danksagung in die Briefkästen der Gäste und Helfer. Die Durststrecke
unserer Freundschaft hält an.
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Dienstag, 10. September
Stimmung: auf 180
Sound: «Kids» von MGMT
Thema des Tages: Mütter!
«Mama!», rufe ich empört und lenke damit die Blicke der mit mir in der U-Bahn fahrenden Menschen auf mich. Egal, manche Dinge kann man einfach nicht später diskutieren. Das muss jetzt sein. Ich setze
an, etwas zu sagen, als die Stille meines Handys mich irritiert. Toll, kein Empfang im U-Bahn -Tunnel – wann kriegen die das eigentlich mal in den Griff? Ich ärgere mich heute über jeden und alles. Dafür gibt es eigentlich
keinen ersichtlichen Grund – an der Hochzeitsfront ist es ruhig, und ich bin an sich gelassen. Soeben hat meine Mutter dennoch
die volle Packung genervte Tochter abbekommen. So ganz unschuldig daran ist sie nicht – ihr Thema heute: Was passiert, wenn
Katarina einmal heiratet. Diese Art von Gespräch ist eine Nebenwirkung, wenn Hochzeiten im eigenen Leben dauerpräsent sind:
Plötzlich rückt das Thema in den Fokus der eigenen Eltern. Dabei ist es völlig unerheblich, ob ein zu heiratender Partner
vorhanden ist oder, sofern dies gegeben ist, ob beide derlei Pläne schmieden. Sobald man die 30 passiert |27| hat, ist man vor diesem Thema nicht mehr sicher. Meine Mutter hat tausend Ideen für eine perfekte Hochzeit: zum Beispiel,
wie so ein Junggesellinnenabschied aussehen kann. Oder die Feier. Oder die Gästeliste. Oder dass eine Hochzeit auf alle Fälle
vor einem Kind kommen sollte.
Ich verstehe sie: Da heiraten alle, die man bereits seit dem Kindergarten kennt, man trifft andere Eltern, die von Vorbereitungen
und tollen Festen
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