Die Wedding-Planerin
mit
Ästhetik einhergehen werden, ist uns beiden klar, so etwas kann nicht funktional sein und gleichzeitig hübsch aussehen.
Zudem habe ich Lena darauf vorbereitet, dass sie heute voraussichtlich sehr viel mehr Geld dafür ausgeben wird, als dies
sonst der Fall ist.
Gerade arbeiten wir uns durch die Wäscheabteilung, leicht überfordert, welche der unendlichen B H-Formen für Lena und das Kleid passend sein könnten, oder ob ein Body vielleicht besser wäre und was man dann noch darunter für
ein Wäscheteil benötigen würde. Immer wieder verrenke ich mir den Hals auf der Suche nach einer der Verkäuferinnen, die immer
dann da sind, wenn ich sie nicht gebrauchen kann, aber ohne die wir in dieser Abteilung hilflos sind. Die Damen in den dunklen
Uniformen sehen uns zwar suchen, das ist für sie jedoch offenbar kein Anlass, sich aus ihrer Pausen-Position in den Bedien-Modus
zu versetzen. Zielgerichtet steuere ich auf eine Gruppe von Uniformierten zu, die zehn |152| Schritte vor meinem Eintreffen in alle Richtungen auseinanderstrebt.
«Toll, dann halt nicht, ihr blöden Kühe», denke ich, wir haben heute noch viel vor und ich keine Zeit, hinter unmotivierten
Angestellten herzulaufen.
Ich schnappe mir Lena, drei Push-ups, vier Bodys und einen trägerlosen BH und steuere auf die Umkleiden zu. Dann machen
wir es eben selbst. Während Lena sich von einem BH in den nächsten quält, warte ich vor der Kabine darauf, das Ergebnis
betrachten zu können. Das geht jedes Mal sehr schnell: Daumen nach unten. Keines der Wäschestücke passt richtig. «Das hat
hier keinen Sinn», stelle ich fest, «wir brauchen professionelle Beratung.»
Auf dem Weg zu einem echten Wäschegeschäft, mit Verkäuferinnen, die 30 Jahre Berufserfahrung haben und sich von uns ebenso ahnungs- wie lustlosen Frauen nicht aus der Ruhe bringen lassen, passieren
wir noch schnell drei Schuhläden, scannen das Angebot an weißen Schuhen und verlassen mangels Masse die Läden im Eiltempo.
Im Wäschegeschäft unserer Wahl werden wir von einer zierlichen Dame in den Fünfzigern in Empfang genommen. Lena erklärt ihr
Anliegen, schildert, was sie bisher probiert hat, und wartet auf ein Urteil.
«Kein Problem, wir finden etwas für Sie», beruhigt sie uns professionell. Sie zückt ihr Maßband, vermisst Lena, spreizt
dann Zeigefinger und Daumen und fasst meiner Freundin fix unter die Brüste. Entsetzt erstarrt diese und sieht mich fragend
an. Ich muss mir das Lachen verkneifen – das ist «der Griff». Mit seiner Hilfe können erfahrene Verkäuferinnen die exakte
B H-Größe ihrer Kundinnen bestimmen – das kann heute eigentlich niemand mehr, aber daran erkennt man die echten Profis.
«75 C», verkündet unsere Verkäuferin nach der Prozedur, und Lena ist sichtlich verwundert, dass sie bisher eine ganz andere |153| Größe getragen hat. Binnen einer Viertelstunde haben wir zwanzig verschiedene Wäscheoptionen gesehen und uns für drei davon
entschieden. Wir wissen, dass ein Body ungünstig ist, weil er sich unter dem zarten Kleid zu stark abzeichnen würde, haben
gelernt, dass eine Miederhose für eine gute Figur am Bauch sorgt und nichts mehr mit den Miederhosen der sechziger Jahre
zu tun hat und dass ein Push-up unterm Brautkleid keine gute Idee ist, da er zu wenig Halt und zu viel Gefahr fürs Heraushüpfen
bei heftigem Tanz birgt.
Lena steht mal wieder in einer Kabine, allerdings zusammen mit der Dame, die ihr beim Umziehen hilft. Nach weiteren zwanzig
Minuten haben wir, was wir brauchen: einen perfekt sitzenden, dem Ausschnitt des Kleides angepassten, farblich unauffälligen
und gut gepolsterten Balconette-BH, eine Miederhose, die wesentlich besser aussieht, als wir befürchtet hatten, und das
Wissen, dass sich der Besuch eines Fachgeschäftes lohnt, denn er spart Zeit und Nerven, auch wenn das Konto dabei wesentlich
stärker beansprucht wird, als wenn wir im Kaufhaus geblieben wären. Aber das ist jetzt egal. Nun fehlen noch Schuhe und etwas
zum Überziehen.
Bräute tragen klassischerweise Tücher irgendwie drapiert über dem Kleid oder Bolero-Jäckchen oder, wenn es richtig kalt ist,
einen eigenen Mantel. Fällt alles aus. Boleros generell, Mantel wäre zu viel des Guten, und gegen ein zu drapierendes Tuch
hat Lena ganz eigene Einwände: «Das rutscht, sitzt nie da, wo es soll, und ich müsste die ganze Zeit dran ziehen», meint
sie. Was genau sie dann überziehen will, ist mir ebenso
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