Die Wedding-Planerin
schleierhaft wie ihr. Zeit, streng zu werden.
«So geht das nicht», kläre ich Lena auf. «Du kannst nicht nur sagen, was du nicht willst. An dieser Stelle weiß ich keinen
Rat mehr, ich habe keine Vorstellung davon, was genau du dann überziehen willst», reiche ich ihr meine Kapitulationserklärung
zu dem Thema. Etwas verstört sieht sie mich an.
|154| «Wir finden schon etwas Passendes.» Das habe nicht ich gesagt, das kam aus Lenas Mund. Ich hoffe, sie glaubt mehr daran,
als ich es tue.
[ Navigation ]
Montag, 3. März
Stimmung: streng
Sound: «Klar» von Jan Delay
Thema des Tages: Grenzen setzen
Schmerzen. Beim Treppensteigen, beim Hinsetzen, beim Laufen. Nein, ich war nicht beim Sport. Dieser Muskelkater ist die
Erinnerung an unseren samstäglichen Einkaufsmarathon. Wir waren geschlagene zehn Stunden unterwegs. Aber wir haben unser Ziel
erreicht: Es ist alles besorgt. Hübsche und bequeme Schuhe. Nach diversen Versuchen, etwas anderes zum Warmhalten der Braut
zu finden, ist es schließlich doch ein leichtes Tuch für Lenas Kleid samt antiker Brosche, die es an Ort und Stelle halten
soll, geworden. Ohrringe haben wir gefunden, ebenso Strumpfhosen. Ein Kleid für Lena sowie Hemd und Krawatte für Karl,
das sie beim Standesamt tragen werden. Das Brautpaar ist ausstaffiert. Zwar habe ich selbst noch kein einziges Kleidungsstück,
aber das Drama muss ich allein erleben und verschiebe es auf später. Mein Bedarf an Entscheidungen dieser Sorte ist vorerst
mehr als gedeckt.
Für heute steht ein wirklich wichtiger Punkt auf meiner Liste: Mailing an die Gäste. Die Gästeliste habe ich ja bereits einige
Wochen vorliegen und die Zeit genutzt, alle Mailadressen zusammenzusuchen. |155| Ich habe einen Mailverteiler namens «Hochzeit Lena» angelegt. Ordnung muss sein. Nachdem sie am Wochenende erzählt hat, dass
mittlerweile alle Einladungen versendet sind, kann ich die Gäste endlich anschreiben. Wochenlang war ich mir nicht sicher,
ob ich nun wirklich eine Aktion starten soll, daher habe ich alle mir zur Verfügung stehenden Ideen gesammelt:
Kochbuch: Alle Eingeladenen senden Rezepte ein, und ich fasse diese als Kochbuch zusammen.
Pro:
Lena wird es freuen/viele neue Ideen
Kontra:
Karl kann nichts damit anfangen/ein Aufwand, den ich kurz vor der Feier nicht mehr leisten kann
Gästebuch: Texte, Bilder, Geschichten, die ich mir vorher schicken lasse
Pro:
schön
Kontra:
langweilig
Ding mitbringen: Zum Beispiel selbstgestaltete Weinflaschen, die in einer gemeinsamen Aktion übergeben werden
Pro:
Wein bis ans Lebensende
Kontra:
Wein bis ans Lebensende/Karl trinkt keinen Wein
All diese Dinge habe ich mindestens schon einmal gemacht, und keine Idee schafft es, meine interne Qualitätskontrolle zu
überstehen. Ebenso hat mich mein Lieblingshelfer, das Internet, im Stich gelassen. Offenbar nutzen sich Ideen mit der Zeit
ab, oder ich bin weniger begeisterungsfähig. Vielleicht bin ich mittlerweile auch nur abgestumpft, oder meine eigenen Erwartungen
liegen so hoch, dass ich selbst sie nur noch schwer erfüllen kann. Schweren Herzens entscheide ich mich also gegen eine Aktion
dieser Art.
Gleichzeitig muss ich den Eingeladenen mitteilen, dass es keine klassischen Hochzeitsspiele geben wird. Ich kann Hochzeitsspiele
nicht ausstehen, und den meisten Brautpaaren, auch Lena und Karl, geht das ähnlich. Dennoch werde ich bei jeder Hochzeitsvorbereitung
wieder mit spielwütigen Gästen konfrontiert. Den Drang zu spielen kann ich nicht nachvollziehen. Wann macht man Spiele |156| auf Feiern? Richtig, als Kind bei Kindergeburtstagen. Dort sind «Topfschlagen», «Verstecken» und «Schnapp die Wurst» eine
echte Attraktion: Spiel, Spaß und Gewinner sein können – prima Sache, solange man fünf bis zehn Jahre alt ist.
Bei uns waren Spiele mit elf oder zwölf Jahren nicht mehr gewünscht: Wir wollten Partys feiern; tanzen und Musik zu hören
war eindeutig cooler. Umso rätselhafter ist mir der Drang, infantile Riten auf Hochzeiten wieder aufleben zu lassen. Offenbar
ist aber der Schlüsselreiz «Gewinner sein» bei einigen Menschen hängengeblieben. Das Brautpaar will meist keine unnötigen
Unterbrechungen seiner Feier, die wollen essen, trinken, tanzen. Aber, wie in vielen Bereichen der Hochzeit, ist es eigentlich
egal, was das Paar will, wenn Freunde und Verwandte eine andere Vorstellung haben. Und Traditionalisten sterben offenbar
nicht aus. Freunde des
Weitere Kostenlose Bücher