Die Wedding-Planerin
Andreas darüber, dass Karl und Lena gleich vorbeikommen werden und in welchem Zustand Lena sich befindet. Er verzieht
das Gesicht und bedauert Karl. «Dass ihr beide aber auch immer so einen Aufstand machen müsst», meckert er, bevor ich ihn
zum Zwiebelschneiden rekrutiere und kein Wort mehr hören will. Blödmann. «So ein Theater» ist eine infame Unterstellung,
bisher waren wir ruhig und gelassen – vor allem Lena.
Kurz darauf treffen Brautpaar und Karten ein. Ich sehe mir das Ergebnis an, drehe und wende die Karte. Mein Urteil: Alles
spitze, sie sehen gut aus. Lena bricht in Tränen aus. «Aber der Farbton sieht schlimm aus, so wollte ich das nicht, total
peinlich. Ich wollte Karten, von denen alle Gäste sich eingeladen fühlen, und nicht so ein Neunziger-Jahre-Türkis, bei
dem alle Augenkrebs bekommen», schnieft sie.
Karl scheint sich ihre Argumente schon länger anzuhören, verschwindet zu Andreas in die Küche und überlässt es mir, Lena
davon zu überzeugen, dass sie an dieser Stelle übertreibt. Die ist bereits reichlich genervt von ihrem zukünftigen Mann.
«Manno, ich war bisher total locker, nichts hat mich wirklich aufgeregt oder gestresst, ich habe alles mitgemacht und sogar
blöde Kleider anprobiert. Die Farbe hier regt mich nun richtig auf, und jetzt bin ich eben mal die panische Braut», erklärt
sie mir und lacht dabei schon wieder ein bisschen.
Die Karte liegt vor uns auf meinem Tisch, und Lena nimmt sie noch einmal zur Hand und sieht sie sich an: «Aber die Farbe
ist schon sehr grenzwertig, oder?», fragt sie mich. Das finde ich gar nicht und kann ihr in ihrer Wahrnehmung auch nicht
zustimmen. |145| Mir gefällt der Ton super, weder Neunziger noch Miami Vice.
«Je länger ich sie ansehe, desto mehr kann ich damit leben», versucht sie, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass dies
wirklich ihre Einladungskarten sind. Wir diskutieren noch eine weitere Viertelstunde die Farbe, und dann beschließt Lena,
dass sie die Karten nicht neu drucken lassen wird. Die Jungs haben das Essen inzwischen fertig, und Karl fällt ganz offensichtlich
ein Stein vom Herzen, dass das Thema abgehakt werden kann. Großzügig verzichtet Lena auch auf alle weiteren Aktionen bezüglich
der Karte, Karl hat sie davon überzeugt, dass sie sie einfach absenden kann und nicht noch jeden Gast anrufen und sich für
die «blöde Farbe» entschuldigen muss. Der Familienfrieden ist wiederhergestellt.
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Mittwoch, 26. Februar
Stimmung: rund
Sound: «Gewinner» von Clueso
Thema des Tages: Dinge, die ich nicht erledigen muss
Schön sind all die Themen, die ich als Trauzeugin nicht erledigen, entscheiden oder bezahlen muss. Ja genau, bezahlen.
Unterschätztes und tabuisiertes Thema in Trauzeugen-Kreisen. So eine Hochzeit kostet Geld. Viel Geld, das das Brautpaar für
Feier und alles Drumherum ausgeben muss und meistens ja auch will. Den Gästen verursachen Anreise, Kleidung und Geschenk
Kosten. So läuft das nun mal, das weiß jeder und kann sich darauf einstellen. Als Trauzeugin aber sollte man zum Extra-Urlaubsanspruch,
den |146| man braucht, um alles erledigen zu können, auch ein Extra-Gehalt bekommen. Eins, mit dem man alle guten Ideen problemlos
umsetzen kann.
Ich sehe ständig tolle Dinge, die ich sofort als notwendig für die perfekte Hochzeit erachte, aber dann nicht kaufe. Weil
ich nicht alles kaufen kann, was ich gern kaufen würde. Meine Erfahrung zeigt zudem, dass eine perfekte Hochzeit nicht von
Geld abhängt. Die kleinen Dinge, die kein Geld kosten, sondern von Herzen kommen, sind die wahren Perfektionierer: eine
schöne Rede, eine besondere Karte, eine tolle Überraschung, das besondere Engagement beim Tanzen, das Durchhalten bis
morgens um sechs, die Freundschaft.
Thorsten zum Beispiel, der Mann meiner Freundin Maja, hat früher Musik aufgelegt und tat sich schwer, einen DJ für seine
Hochzeitsparty zu engagieren. Unter den eingeladenen Gästen waren befreundete Musiker, die ihm anboten, für einige Zeit
die Plattenteller zu übernehmen. Selten gab es eine Feier, auf der so viel gute Musik gespielt wurde und wirklich jeder Gast
etwas für sich darunter finden konnte. Tolle Idee, die kein Geld kostet, aber voraussetzt, dass man ein entsprechendes
Hobby oder Fähigkeiten hat, die man einsetzen kann.
Habe ich nicht. Habe nichts zu bieten außer Organisationstalent. Gut, das ist ein Anfang, führt aber nicht unbedingt dazu,
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