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Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Titel: Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Surowiecki
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Diese ist – wie der Preis einer Aktie oder die Punkteverteilung bei den Wetten über Spiele der National Football League auch – kein einfacher Mittelwert, so wie es der Schätzwert des Ochsengewichts war, sondern ein »gewichteter Durchschnitt«. Die starken Seiten, die von besonderem Einfluss auf die definitive Entscheidung der Masse sind, verdanken diesen Enfluss freilich den Stimmen, die ihnen die unwichtigeren Seiten gegeben haben. Wenn die unwichtigeren Websites falschen Websites zu große Bedeutung verliehen, würden die Google-Suchergebnisse nicht korrekt ausfallen. Schlussendlich regiert also noch immer die Masse. Damit oben ein kluges Resultat aufscheint, muss das System durchgängig klug sein.

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    Wenn die Ermöglichung von Sportwetten zum Aufbau einer Maschinerie führt, die dann brauchbare Ergebnisvoraussagen für Sportereignisse zeitigt, stellt sich natürlich die Frage: Würden Leute beim Wetten auf andere Ereignisse diese nicht kollektiv ebenso gut prognostizieren? Warum sollten wir uns darauf beschränken zu erfahren, welche Chancen für einen Sieg von Bayern München über Real Madrid bestehen, wenn es auch möglich wäre herauszubekommen, wie beispielsweise die Aussichten von Angela Merkel gegen Gerhard Schröder sind?
    Nun gibt es freilich bereits ein bewährtes Instrument, um die Chancen Angela Merkels zu ermitteln: die Wahlumfrage. Wenn man wissen will, wie die Bevölkerung abstimmen wird, braucht man sich bloß an die demoskopischen Institute zu wenden. Wahlumfragen sind relativ genau. Die Institute arbeiten mit einer soliden Methodologie und halten sich an die strengen Regeln der Statistik. Dennoch besteht Anlass zu fragen, ob ein Markt wie der Wettmarkt – einer, der es den Teilnehmern erlaubt, sich auf viele unterschiedliche Formen von Information einschließlich, aber nicht ausschließlich, Wahlumfragen zu stützen – nicht vielleicht eine Alternative zu Infratest bieten könnte, eine Alternative, die mindestens ebenso leistungsfähig wäre. Aus diesem Grunde ist in den USA das Projekt der Iowa Electronics Markets (IEM) gegründet worden.
    Ins Leben gerufen wurde IEM 1988, durchgeführt wird es vom College of Business der Universität von Iowa, und es unterhält eine Fülle von Märkten, die sich auf den Ausgang von Wahlen beziehen – US-Präsidentschafts-, Kongress- und Gouverneurs-, aber auch ausländische Wahlen. Mitmachen kann jeder, der will – das IEM macht es möglich, mit Anteilen an »Termingeschäften« zu handeln, die darauf basieren, wie nach ihrer Meinung irgendein bestimmter Kandidat in einer bevorstehenden Wahl abschneiden wird. Es bietet viele verschiedene Arten von Ausschreibungen an, von denen zwei besonders wichtig sind. Die erste bezweckt, den Sieger einer Wahl vorherzusagen. So hat man beispielsweise 2003 anlässlich der Abstimmung zur Absetzung des Gouverneurs in Kalifornien ein Vertragspapier mit der Voraussage »Arnold Schwarzenegger wird siegen« kaufen können, für das man bei einem tatsächlichen Wahlsieg »Arnies« einen Dollar ausbezahlt, bei seiner Niederlage jedoch nichts bekommen hätte. Der jeweils aktuelle Kaufpreis eines solchen Kontrakts reflektiert die Erwartung des Marktes hinsichtlich der Chancen des Kandidaten. Wenn das Papier eines Kandidaten 50 Cent kostet, so heißt das etwa, dass der Markt dem Kandidaten eine fünfzigprozentige Siegeschance einräumt; beträgt der Preis 80 Cents, so wird ihm eine achtzigprozentige Chance zugebilligt und so fort.
    Die zweite stark genutzte Form einer IEM-Ausschreibung zielt auf die Vorhersage des Prozentsatzes der Wählerstimmen, die ein Kandidat auf sich vereinigen wird. In diesem Fall werden die Auszahlungen durch die jeweiligen Wählerprozente bestimmt: Hätte man beispielsweise im Jahr 2000 ein George-W.-Bush-Papier erworben, so wäre man nach der damaligen US-Präsidentschaftswahl um 48 Cents reicher gewesen. (George W. Bush erhielt damals nämlich 48 Prozent der Stimmen.)
    Sind die Vorhersagen des IEM korrekt, so werden die Preise für solche Papiere dem realen Abstimmungswert annähernd entsprechen. Auf dem Markt der Vorhersagen von Wahlsiegern sollte der Favorit stets gewinnen; je höher er in der Gunst des Wahlvolks steht, desto klarer müsste er hier gewinnen.
    Und wie hat sich das IEM geschlagen? Nun, die Resulate des IEM für 49 verschiedene Wahlgänge im Zeitraum von 1988 bis 2000 sind Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung gewesen, die zu folgendem Resultat gelangte: Die Preise für

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