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Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Titel: Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Surowiecki
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Doch Buchmacher legen Wert darauf, die Startlinie so genau wie möglich festzulegen. Wird sie schlecht angesetzt, bleiben die Buchmacher nämlich mit einem Haufen schwacher Wetten sitzen. Sobald aber die Linie fixiert ist, ist sie der Kontrolle der Buchmacher entzogen; dann entspricht die Punktverteilung eines Glücksspiels zu guter Letzt dem kollektiven Urteil der Wettteilnehmer über das Endresultat der sportlichen Auseinandersetzung. Wie Bob Martin einmal bemerkte – während der siebziger Jahre der Wettguru in den USA: »Hat man erst einmal eine Zahl auf die Tafel notiert, so wird sie öffentliches Eigentum.«
    Und das Publikum erweist sich als ziemlich clever. Es verfügt über keine Kristallkugel: Ausgehend von der anfänglichen Punktverteilung der Wetten beispielsweise lassen sich etwaige Endergebnisse von Spielen der National Football League (NFL) kaum vorhersagen. Selbst für gut informierte Glücksspieler ist es schwer, die endgültigen Resultate laufend zu prognostizieren. Bei etwa der Hälfte der Spiele liegen die Favoriten am Ende über dem Anfangspunktstand; bei der anderen Hälfte schneiden die als schwächer geltenden Mannschaften besser ab. Genau das wollen die Buchmacher erreichen. Und es gibt im Urteil des Marktes auch keine offenkundigen Fehler – etwa dass Mannschaften bei Heimspielen häufiger gewinnen, als die Masse voraussagt, oder dass Teams mit schlechter Heimspielbilanz durchgehend unterbewertet werden. Das Urteil der Masse birgt zwar gelegentlich Schwächen, doch in solchen Fällen handelt es sich meist um Dinge, wie sie eine jüngst veröffentliche Studie dokumentiert: dass Teams mit schlechter Heimspielbilanz in der 16., 17. und 18. Woche der National-Football-League-Saison traditionell den Wetteinsatz lohnen. Es ist also schwierig, die Masse der Wettenden auszustechen. In drei Vierteln der Fälle stellt die Schlusswettlinie bei Mirage die verlässlichste Vorhersage der Ergebnisse der NFL-Spiele dar.
    Gleiches gilt für viele andere Sportarten. Weil die Sportwette so etwas wie ein Fertiglabor zur Erforschung des Verhältnisses von Vorhersagen und Endergebnissen bietet, haben Wissenschaftler scharenweise Wettmärkte auf ihre Effizienz überprüft, das heißt, um festzustellen, wie gut sie alle verfügbaren Informationen nutzen. Die Untersuchungen kommen zu einem übereinstimmenden Ergebnis: Bei allen Hauptsportarten agiert dieser Markt wirklich effizient. Es gibt Bereiche, in denen die Leistungen der Masse besonders gut ausfallen – so sagt beispielsweise der Schlussstand bei Pferderennwetten verlässlich die Reihenfolge der Sieger voraus (der Favorit gewinnt also am häufigsten, das am zweithöchsten gewettete Pferd wird am häufigsten Zweiter und so fort), und sie liefern auch, um den Wirtschaftswissenschaftler Raymond D. Sauer zu zitieren, »recht gute Schätzungen über die Wahrscheinlichkeit eines Sieges«. Mit anderen Worten: Ein auf drei zu eins gewettetes Pferd wird etwa bei einem Viertel der Rennen siegen. Es gibt Ausnahmen: In Sportarten und bei Spielen mit einem kleineren und weniger liquiden Wettmarkt sind Odds weniger zutreffend. (Hier können die Odds sich schon aufgrund einiger weniger Einsätze dramatisch verändern. Das gilt etwa für Hockey, Golf oder Basketballspiele zwischen Mannschaften unbekannterer Colleges.) Es sind solche Sportarten, bei denen professionelle Glücksspieler oft beträchtliche Beträge einheimsen können, und das entspricht unserer bereits gewonnenen Erkenntnis: Je größer die Gruppe, desto genauer ihr Urteil. Im Übrigen gibt es auch ein paar interessante Marotten: So neigen die Leute bei Pferderennwetten dazu, häufiger etwas zu riskieren und nicht auf Favoriten zu setzen, wie es gewöhnlich der Fall wäre. (Es scheint sich hier um ein Phänomen bewussten Risikoverhaltens zu handeln: Glücksspieler – in Sonderheit Glücksspieler, die verloren haben -, würden eher einen Außenseiter bevorzugen, um mit diesem als Sieger das große Geld abzuräumen, als sich mittels Einsätzen auf »todsichere« Favoriten mit entsprechend niedrigeren Gewinnen abzufinden.) Alles in allem ist jedoch festzuhalten: Wenn Wetter kollektiv schon nicht die Zukunft vorherzusagen vermögen, tun sie doch das nächstbeste Mögliche.

4
    Vor kurzem benötigte ich ganz dringend den genauen Wortlaut von Bill Murrays Song Caddyshack über einen »Caddy«, der dem Dalai Lama die Tasche mit den diversen Golfschlägern hinterherschleppt. Die refrainartig wiederholte Pointe

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