Die Weisheit des Feuers
sich trägt, könnte ich ein ganzes Schloss mit einem einzigen Zauber niederreißen.«
»Als Saphira schlüpfte, wusste er, dass er die Energie brauchen würde, um den neuen Drachenreiter zu schützen«, erklärte Arya. »Außerdem bin ich sicher, dass der Ring auch ihn beschützt hat, wenn er mit einem Schatten oder einem ähnlich mächtigen Gegner kämpfen musste. Es war kein Zufall, dass er fast ein ganzes Jahrhundert lang seine Feinde abwehren konnte... An deiner Stelle würde ich mir die Energie, die er dir hinterlassen hat, für die Stunde der größten Not aufheben und sie mehren, wann immer ich kann. Das ist ein unglaublich wertvoller Schatz, den du nicht verschwenden solltest.«
Nein,
dachte Eragon,
das werde ich auch nicht.
Er drehte den Ring hin und her und erfreute sich an seinem Glanz im Feuerschein.
Seit Murtagh Zar’roc gestohlen hat, sind der Ring, Saphiras Sattel und Schneefeuer die einzigen Dinge, die ich noch von Brom habe. Und obwohl die Zwerge Schneefeuer aus Farthen Dûr mitgebracht haben, reite ich ihn inzwischen kaum noch. Aren ist wirklich das Einzige, was mich an ihn erinnert... mein einziges Erbstück. Ich wünschte, er wäre noch am Leben! Ich hatte nie Gelegenheit, mich mit ihm über Oromis, Murtagh oder meinen Vater zu unterhalten oder
...
ach, die Liste ist endlos. Was würde er wohl von meinen Gefühlen für Arya halten?
Eragon schnaubte.
Ich weiß, was er sagen würde. Dass ich ein verliebter Narr bin und meine Zeit mit einer hoffnungslosen Angelegenheit verschwende
...
Und damit hätte er wohl recht, aber was soll ich machen? Sie ist die einzige Frau, mit der ich zusammen sein möchte.
Das Feuer knisterte und ein Funkenregen schoss empor. Er schaute mit halb geschlossenen Augen zu und dachte über Aryas Worte nach. Dann kehrten seine Gedanken zu einer Frage zurück, die ihn schon seit der Schlacht auf den Brennenden Steppen beschäftigte. »Arya, wachsen männliche Drachen eigentlich schneller als weibliche?«
»Nein. Warum fragst du?«
»Wegen Dorn. Er ist erst ein paar Monate alt und schon fast so groß wie Saphira. Das verstehe ich nicht.«
Arya pflückte einen vertrockneten Grashalm und fing an, gewundene Schriftzeichen aus der Elfensprache, der Liduen Kvaedhí, in den losen Sand zu malen. »Wahrscheinlich hat Galbatorix sein Wachstum beschleunigt, sodass er mit Saphira mithalten kann.«
»Ach so... Aber ist das nicht gefährlich? Oromis hat mir erklärt, dass wenn er mich auf magische Weise mit Kraft, Geschwindigkeit, Ausdauer und allem anderen ausstatten würde, was ich brauche, ich diese Fähigkeiten nie so gut beherrschen würde, als wenn ich sie auf dem normalen Weg erlange: durch harte Arbeit. Und er hatte recht. Noch heute irritieren mich manche Veränderungen, die die Drachen beim Agaetí Blödhren an meinem Körper durchgeführt haben.«
Arya nickte und fuhr fort, Schriftzeichen in den Sand zu kratzen. »Es ist möglich, die unerwünschten Nebenwirkungen zu reduzieren, aber das ist eine lange und anstrengende Prozedur. Wenn du deinen Körper zu wahrer Meisterschaft formen willst, ist es immer noch am besten, sie mit gewöhnlichen Mitteln zu erreichen. Der Wandel, den Galbatorix Dorn aufgezwungen hat, muss für den Drachen ungeheuer verwirrend sein. Er hat jetzt den Körper eines fast ausgewachsenen Tieres, aber sein Verstand ist immer noch der eines Welpen.«
Eragon betastete die neuen Höcker an seinen Fingerknöcheln. »Weißt du vielleicht auch, warum Murtagh so mächtig ist... viel mächtiger als ich?«
»Wenn ich es wüsste, würde ich zweifellos auch verstehen, wie es Galbatorix gelungen ist, seine eigene Kraft auf ein so unnatürliches Ausmaß zu steigern. Aber leider weiß ich es nicht.«
Oromis weiß es,
dachte Eragon. Zumindest hatte der Elf so etwas angedeutet. Aber er musste es Eragon und Saphira erst noch verraten. Sobald sie nach Du Weldenvarden zurückkehren konnten, wollte er den älteren Drachenreiter danach fragen.
Er muss es uns jetzt sagen! Murtagh konnte uns nur besiegen, weil wir es nicht wussten, und er hätte uns leicht zu Galbatorix verschleppen können.
Fast hätte er Arya von Oromis’ Andeutung erzählt, aber er hielt den Mund. Er hatte gerade begriffen, dass der Elf diese entscheidende Information nicht über hundert Jahre für sich behalten hätte, wenn Verschwiegenheit hier nicht von allergrößter Wichtigkeit wäre.
Arya setzte jetzt ein Schlusszeichen an das Ende des Satzes, den sie auf den Boden
Weitere Kostenlose Bücher