Die Weisheit des Feuers
die Ra’zac, verloren geglaubte Familienangehörige und geheimnisvolle magische Angriffe. Diese Dinge gleichen hungrigen Wieseln, und du bist der Hase, der nichts ahnend in ihren Bau hineinhoppelt.
Und was ist mit der Zeit, die du in Galbatorix’ Gewalt verbringen musstest? War das nichts Unerwartetes?
Das zählt nicht. Da war ich noch nicht geschlüpft,
sagte sie.
Der Unterschied zwischen uns beiden ist, dass dir Dinge widerfahren, während ich sie willentlich verursache.
Mag sein,
entgegnete Eragon,
aber das liegt daran, dass ich noch immer lerne. Gib mir ein paar Jahre Zeit, dann werde ich die Dinge genauso gut im Griff haben wie Brom früher. Du kannst nicht behaupten, dass ich bei Sloan nicht die Initiative ergriffen hätte.
Hm. Darüber müssen wir auch noch reden. Wenn du mich noch einmal so überrumpelst, werde ich dich auf dem Boden festnageln und von Kopf bis Fuß abschlecken.
Eragon schauderte. Ihre Zunge war mit feinen Widerhaken besetzt, die einem Bären auf einen Schlag das Fell abziehen konnten.
Ich war mir einfach nicht sicher, ob ich Sloan töten oder freilassen sollte. Ich wusste es erst, als er dann vor mir lag. Und hätte ich dir verraten, was ich vorhabe, hättest du mich bestimmt davon abgehalten.
Er spürte ein feines Grollen durch ihren Brustkorb vibrieren.
Du hättest darauf vertrauen sollen, dass ich das Richtige tun würde. Wenn wir beide nicht offen miteinander reden können, wie sollen wir dann als Drache und Reiter unsere Aufgabe erfüllen?
Hätte »das Richtige tun« bedeutet, dass du mich ungeachtet meiner Wünsche vom Helgrind fortgebracht hättest?
Nicht unbedingt,
brummte Saphira.
Er lächelte.
Du hast ja recht. Ich hätte meinen Plan mit dir besprechen sollen. Tut mir leid. Ab sofort wende ich mich zuerst an dich, bevor ich etwas Unerwartetes tue. Abgemacht?
Nur wenn es um Waffen, Magie, Könige oder Familienmitglieder geht,
sagte sie.
Oder um Blumen.
Oder um Blumen,
stimmte sie zu.
Aber ich muss nicht wissen, wenn du mitten in der Nacht losgehst, um dir Brot und Käse zu holen, ja?
Außer wenn vor meinem Zelt ein Mann mit einem sehr langen Messer auf mich lauert.
Wenn du einen einzelnen Mann mit einem sehr langen Messer nicht besiegen könntest, wärst du ein Jämmerling von einem Drachenreiter.
Und ich wäre tot.
Nun
...
Eigentlich müsste es dich doch beruhigen, dass ich zwar mehr Ärger als die meisten Leute anziehe, aber in der Lage bin, Situationen zu überstehen, bei denen jeder andere sterben würde.
Selbst der größte Krieger hat einmal Pech,
sagte sie.
Erinnere dich an Zwergenkönig Kaga, der über einen Stein stolperte und deshalb von einem Anfänger im Schwertkampf getötet wurde. Man muss stets umsichtig sein, ganz gleich wie viel Geschick man besitzt. Man kann nicht jedes Unglück abwenden, das das Schicksal bereithält.
Stimmt. So, können wir dieses Thema jetzt mal ruhen lassen? Ich habe mir in den letzten Tagen genug düstere Gedanken gemacht. Sich mit philosophischen Fragen zu beschäftigen, kann einen weiterbringen, aber es kann einen ebenso leicht verwirren und deprimieren.
Eragon blickte zum Himmel und hielt nach Saphiras blauem Schimmern Ausschau.
Wo steckst du denn? Ich spüre, dass du in der Nähe bist, aber ich kann dich nirgends entdecken.
Ich bin direkt über dir!
Mit freudigem Gebrüll stieß Saphira aus einer mehrere tausend Fuß hohen Wolke herab und sauste mit angelegten Flügeln dem Erdboden entgegen. Aus dem aufgerissenen Maul spie sie einen Feuerball, der ihr wie eine brennende Mähne an Kopf und Hals entlangstrich. Lachend streckte Eragon ihr die Arme entgegen. Die Pferde der herangaloppierenden Patrouille scheuten, als sie Saphira sahen, und stoben in die entgegengesetzte Richtung davon. Hektisch versuchten die Reiter, sie zu zügeln.
»Ich hatte gehofft, dass wir ohne großes Aufsehen ins Lager kommen könnten«, sagte Arya. »Ich hätte wissen müssen, dass man mit einem Drachen in der Nähe niemals unbemerkt bleibt. Saphira übersieht man nicht.«
Das habe ich gehört,
sagte die Drachendame, breitete die Flügel aus und setzte krachend am Boden auf. Ein Windstoß schlug Eragon entgegen; die Erde unter seinen Stiefeln erbebte, und er musste in die Knie gehen, um sich auf den Beinen zu halten. Unterdessen faltete Saphira die Flügel zusammen, dass sie ihr flach am Rücken anlagen.
Wenn ich will, kann ich auch ganz leise sein,
sagte sie. Blinzelnd legte sie den Kopf schräg und wedelte
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