Die Weisheit des Feuers
mit dem Schwanz.
Aber heute möchte ich gar nicht leise sein! Heute bin ich ein Drache, kein verschrecktes Täubchen, das den Blicken eines Falken entgehen will.
Wann bist du denn kein Drache?,
rief Eragon und stürmte ihr entgegen. Leichtfüßig sprang er von ihrem Vorderbein auf ihre Schulter und von dort aus in die Kuhle am Nacken, wo er immer saß. Er ließ sich nieder, legte die Hände an ihren Hals und spürte das Heben und Senken der gewaltigen Muskeln bei jedem ihrer Atemzüge. Wieder lächelte er selig.
Hier gehöre ich hin, hier zu dir.
Seine Beine vibrierten, während Saphira zufrieden eine kleine Melodie brummte, die er nicht kannte.
»Sei gegrüßt, Saphira«, sagte Arya, drehte die Hand und legte sie auf die Brust; die elfische Geste der Ehrerbietung.
Tief heruntergebeugt und den langen Hals vorgereckt, berührte Saphira mit der Maulspitze Aryas Stirn, genau wie sie es in Farthen Dûr bei der kleinen Elva getan hatte, um sie zu segnen.
Sei gegrüßt, Älfa-kona. Willkommen. Möge der Wind deine Schwingen beflügeln.
Sie sprach im gleichen liebevollen Ton zu Arya, der bis jetzt Eragon vorbehalten gewesen war. Es schien, als würde sie die Elfe inzwischen als Teil ihrer kleinen Familie betrachten; sie brachte ihr die gleiche Hochachtung und Vertrautheit entgegen wie Eragon. Es überraschte ihn, aber nach einem kurzen Anflug von Eifersucht billigte er es. Saphira fuhr fort:
Ich danke dir, dass du geholfen hast, Eragon wohlbehalten zurückzubringen. Hätte man ihn gefangen genommen, weiß ich nicht, was ich getan hätte.
»Dein Dank bedeutet mir viel«, erwiderte Arya und verbeugte sich. »Aber ich weiß, was du getan hättest. Du wärst losgezogen, deinen Reiter zu befreien, und ich wäre mit dir geflogen, selbst bis nach Urû’baen.«
Ja, ich möchte gerne glauben, dass ich dich befreit hätte, Kleiner,
sagte Saphira.
Aber ich fürchte, ich hätte mich eher dem Imperium ergeben, um dich zu retten, und hätte nicht an die Folgen für Alagaësia gedacht.
Sie schüttelte den Kopf und grub die Klauen ins Erdreich.
Ach, es ist sinnlos, über diese Dinge nachzugrübeln. Du bist wohlbehalten zurück, nur das zählt. Lass uns diesen glücklichen Tag nicht mit trüben Gedanken verderben
...
In dem Moment traf die Patrouille ein. Wegen der nervösen Pferde blieben die Männer ein Stück entfernt stehen. Man bot ihnen an, sie zu Nasuada zu eskortieren. Einer der Männer stieg ab und überließ Arya sein Pferd. Dann setzte die Gruppe sich in Richtung des Zeltmeeres in Bewegung. Saphira bestimmte das Tempo: Sie stelzte ganz gemächlich voran, damit sie und Eragon noch eine Weile die Gesellschaft des anderen genießen konnten, bevor sie in das lärmende Chaos des Lagers eintauchten.
Eragon fragte nach Roran und Katrina und sagte dann unvermittelt:
Isst du genug Feuerkraut? Dein Atem riecht ganz schön stark.
Natürlich esse ich es. Mein Atem fällt dir bloß auf, weil du so lange fort warst. Ich rieche so wie immer. Und ich wäre dir dankbar, wenn du dir jede weitere Bemerkung darüber verkneifen würdest. Sonst muss ich dich doch abschlecken. Außerdem braucht ihr Menschen den Mund nicht so voll zu nehmen; verschwitzt und schmutzig wie ihr seid. Die einzigen Geschöpfe, die so stinken wie ihr, sind Ziegenböcke und Bären im Winterschlaf. Verglichen mit euch duftet ein Drache wie eine Lichtung voller Bergblumen.
Komm, übertreib nicht. Obwohl,
sagte er naserümpfend,
seit der Blutschwur-Zeremonie habe ich festgestellt, dass Menschen wirklich stark riechen. Aber wirf mich nicht in einen Topf mit ihnen, ich bin nämlich nicht mehr ausschließlich menschlich.
Mag sein, aber du brauchst trotzdem ein Bad!
Während sie die Ebene überquerten, scharten sich immer mehr Leute um Eragon und Saphira und gaben ihnen ein völlig überflüssiges, aber beeindruckendes Ehrengeleit. Nach der Ruhe und Abgeschiedenheit der Wildnis Alagaësias fühlte sich Eragon von den vielen aufgeregt durcheinanderredenden Menschen, von ihren auf ihn einstürmenden Gedanken und Gefühlen, ihrem Drängen und Schieben und den tänzelnden Pferden förmlich erdrückt.
Er zog sich in sich zurück, wo das Stimmengewirr nicht lauter war als ein fernes Meeresrauschen. Doch selbst durch die vielen Schichten seines Schutzwalls spürte er, dass von der anderen Seite des Lagers zwölf Elfen im Gleichschritt herübergelaufen kamen, schlank und geschmeidig wie gelbäugige Bergkatzen. Eragon strich sich rasch das Haar glatt
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