Die Weisheit des Feuers
anfühlte. Es schien fast lebendig. Dann packte er es mit beiden Händen und stellte entzückt fest, dass sie problemlos um das längere Heft passten. Er sprang vor und stach auf einen imaginären Feind ein. Zufrieden trat er zurück: Der Stich hätte sicherlich jeden Gegner auf der Stelle getötet.
»Hier.« Rhunön deutete auf drei Eisenstangen, die vor der Schmiede senkrecht in der Erde steckten. »Probier es daran aus.«
Eragon konzentrierte sich einen Moment, dann machte er einen langen Satz, schlug mit einem lauten Schrei zu und durchtrennte alle Stangen sauber in der Mitte. Die Klinge erzeugte einen einzelnen reinen Ton, der langsam verhallte. Eragon untersuchte die Schneide an der Stelle, wo sie die Stangen getroffen hatte, fand jedoch keinerlei Spuren von dem Aufprall.
»Findet die Waffe deine Zustimmung, Drachenreiter?«, fragte Rhunön.
»Mehr als das, Rhunön-Elda«, gab Eragon mit einer Verbeugung zurück. »Ich weiß nicht, wie ich dir für dieses Geschenk danken soll.«
»Danke mir, indem du Galbatorix tötest. Wenn es einem Schwert bestimmt ist, diesen wahnsinnigen König niederzustrecken, dann diesem hier.«
»Ich werde mein Bestes geben, Rhunön-Elda.«
Die Elfe nickte, offensichtlich zufrieden. »Nun hast du endlich dein eigenes Schwert, so wie es sein soll. Jetzt bist du ein wahrer Drachenreiter.«
»Ja.« Eragon hob das Schwert bewundernd in die Höhe. »Jetzt bin ich ein wahrer Drachenreiter.«
»Vor deiner Abreise bleibt dir nur noch eine letzte Sache zu tun«, meinte Rhunön.
»Welche?«
Sie deutete mit einem Finger auf das Schwert. »Du musst ihm einen Namen geben, damit ich Klinge und Scheide mit dem entsprechenden Symbol versehen kann.«
Eragon ging zu Saphira.
Was meinst du?
Nicht ich trage dieses Schwert. Nenne es, wie du es für richtig hältst.
Sicher, aber du hast doch bestimmt einen Vorschlag!
Sie senkte den Kopf, schnupperte an dem Schwert und sagte dann:
Blauer-Edelstein-Zahn würde ich es nennen. Oder Blaue-Klaue-Blut.
Das klingt lächerlich für Menschenohren.
Wie wäre es dann mit Schnitter oder Eingeweideschneider? Oder vielleicht Schlachtklaue oder Glitzerdorn oder Gliedhacker? Du könntest es auch Terror oder Schmerz oder Armbeißer oder Immerscharf oder Kräuselschuppe nennen: wegen des Musters im Stahl. Dann wären da noch Zunge des Todes oder Elfenstahl oder Sternenmetall.
Ihre plötzliche Redseligkeit verblüffte Eragon.
Du hast wirklich ein Talent dafür,
meinte er.
Beliebige Namen zu ersinnen, ist einfach. Doch den richtigen Namen zu finden, kann selbst die Geduld eines Elfs auf die Probe stellen.
Wie wäre es mit Königsmörder?,
schlug er vor.
Und wenn es uns tatsächlich gelingt, Galbatorix zu töten? Was dann? Willst du danach nichts Bedeutsames mehr mit deinem Schwert vollbringen?
Hm.
Er hielt das Schwert neben Saphiras linkes Vorderbein.
Es hat dieselbe Farbe wie deine Schuppen... Ich könnte es nach dir benennen.
Ein tiefes Knurren rollte durch Saphiras Brust.
Nein.
Eragon verkniff sich ein Grinsen.
Wirklich nicht? Stell dir vor, wir wären mitten im Kampf und...
Sie grub ihre Klauen in die Erde.
Nein. Ich bin kein Ding, mit dem du herumfuchteln und über das du dich lustig machen kannst.
Ja, du hast recht. Entschuldige.... Wenn ich es in der alten Sprache »Hoffnung« nenne? Zar’roc bedeutet »Kummer«. Wäre es da nicht passend, wenn ich ein Schwert führte, das schon dem bloßen Namen nach den Kummer vertreibt?
Ein nobler Gedanke,
sagte Saphira.
Aber willst du deinen Feinden wirklich Hoffnung schenken? Willst du Galbatorix mit Hoffnung durchbohren?
Es wäre ein amüsantes Wortspiel,
erwiderte Eragon lachend.
Einmal vielleicht, dann nicht mehr.
Ratlos verzog Eragon das Gesicht und rieb sich das Kinn, während er beobachtete, wie sich das Licht auf der Klinge brach. Als er sich in den Stahl vertiefte, fiel sein Blick zufällig auf das flammenartige Muster, das den Übergang zwischen dem weichen Kern des Schwertes und dem harten Metall der Schneide markierte. Das Wort fiel ihm ein, das Brom in Saphiras Erinnerung benutzt hatte, um seine Pfeife anzuzünden. Dann dachte er daran, wie er in Yazuac zum ersten Mal Magie angewendet hatte, und an sein Duell mit Durza in Farthen Dûr. Und in diesem Moment wusste er ohne jeden Zweifel, dass er den richtigen Namen für sein Schwert gefunden hatte.
Er beriet sich kurz mit Saphira, und als sie ihm zustimmte, hob er das Schwert in Schulterhöhe und sagte: »Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher