Die Weisheit des Feuers
mich entschieden. Schwert, ich nenne dich Brisingr!«
Mit einem Rauschen ging das Schwert in Flammen auf und saphirblaues Feuer umhüllte die rasiermesserscharfe Klinge.
Eragon stieß einen Schrei aus, ließ das Schwert fallen und sprang zurück, aus Angst, sich zu verbrennen. Die Klinge loderte auf dem Boden weiter und die durchscheinende Flamme versengte die Grasbüschel dicht neben der Waffe. Endlich begriff Eragon, dass er dieses unnatürliche Feuer mit seiner Energie nährte. Er löste die Magie rasch, und als das Feuer um das Schwert erlosch, hob er die Waffe auf. Es verwirrte ihn, dass er unabsichtlich einen Zauber hatte wirken können. Er tippte vorsichtig mit dem Finger gegen die Klinge. Sie war nicht heißer als vorher.
Rhunön kam mit finsterer Miene auf ihn zu, nahm ihm das Schwert aus der Hand und untersuchte es von der Spitze bis zum Knauf. »Du hast Glück, dass ich es bereits mit Schutzzaubern gegen Hitze und Beschädigungen belegt habe, andernfalls hättest du gerade die Parierstange zerkratzt und die Härte der Klinge zerstört. Lass es nicht wieder fallen, Schattentöter, selbst wenn es sich in eine Schlange verwandelt! Sonst nehme ich es dir wieder weg und gebe dir stattdessen einen ausrangierten Schmiedehammer.« Eragon entschuldigte sich, und Rhunön gab ihm, offenbar besänftigt, das Schwert zurück. »Hast du es absichtlich in Brand gesetzt?«, erkundigte sie sich.
»Nein.« Er konnte sich auch nicht erklären, wie das passiert war.
»Sag es noch einmal«, befahl ihm Rhunön.
»Was?«
»Den Namen, den Namen des Schwertes. Wiederhole ihn.«
Eragon hielt das Schwert so weit von seinem Körper weg, wie er konnte. »Brisingr!«, rief er.
Sofort umhüllte eine flackernde Flammensäule die Klinge des Schwertes, die Hitze wärmte sein Gesicht. Diesmal bemerkte Eragon ein leichtes Schwinden seiner Kraft durch den Zauber. Nach einem Moment löschte er das rauchlose Feuer.
Dann rief er wieder »Brisingr!« und erneut umzüngelten gespenstische blaue Flammen die Klinge.
Na, das ist mal ein passendes Schwert für einen Drachenreiter und seinen Drachen,
meinte Saphira entzückt.
Es speit so leicht Feuer wie ich.
»Aber ich habe keinen Zauber gewirkt«, protestierte Eragon. »Ich habe nur
Brisingr
gesagt und...« Er jaulte auf und fluchte, als das Schwert erneut in Flammen aufging und er den Brand ein viertes Mal löschen musste.
»Darf ich?« Rhunön streckte Eragon die Hand entgegen. Er reichte ihr das Schwert.
»Brisingr!«, sagte die Elfe. Ein Zittern schien durch die Klinge zu gehen, aber ansonsten rührte sich nichts. Rhunön gab Eragon die Waffe nachdenklich zurück. »Ich habe zwei mögliche Erklärungen für dieses Wunder«, sagte sie. »Du warst an seiner Entstehung beteiligt und hast dabei womöglich einen Teil deiner Persönlichkeit in das Schwert fließen lassen, wodurch es auf deine Wünsche abgestimmt wurde. Das ist die eine Erklärung. Die andere lautet, dass du den wahren Namen des Schwertes entdeckt hast. Vielleicht trifft sogar beides zu. Auf jeden Fall hast du eine gute Wahl getroffen, Drachenreiter. Brisingr! Ja, das gefällt mir. Es ist ein guter Name für ein Schwert.«
Ein sehr guter Name,
stimmte Saphira zu.
Dann legte Rhunön ihre Hand auf die Mitte von Brisingrs Klinge und murmelte einen lautlosen Zauberspruch. Im nächsten Moment erschien das elfische Symbol für Feuer auf beiden Seiten der Klinge. Dasselbe wiederholte sie mit der Scheide.
Erneut verbeugte sich Eragon vor der Elfe, und sowohl er als auch Saphira versicherten der Schmiedin ihre Dankbarkeit. Ein Lächeln erschien auf Rhunöns betagtem Gesicht und sie berührte mit ihrem schwieligen Daumen beide an der Stirn. »Ich bin froh, dass ich den Drachenreitern noch dieses eine Mal helfen konnte. Geh, Schattentöter, geh, Schimmerschuppe. Kehrt zu den Varden zurück, und mögen eure Feinde die Flucht ergreifen, wenn sie das Schwert sehen, das du jetzt schwingst.«
So wünschten auch Eragon und Saphira ihr Lebewohl und verließen zusammen Rhunöns Haus. Eragon trug Brisingr in den Armen wie ein Vater sein neugeborenes Kind.
IN VORDERSTER FRONT
D as Innere des grauen Zelts wurde von einer einzelnen Kerze erhellt; ein armseliger Ersatz für das Strahlen der Sonne.
Roran stand mit ausgestreckten Armen da, während Katrina die Seiten des gepolsterten Wamses verschnürte, das sie ihm angepasst hatte. Als sie fertig war, zog sie den Stoff am Saum glatt. »Das wär’s. Ist es zu eng?«
Er
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