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Die Weisheit des Feuers

Die Weisheit des Feuers

Titel: Die Weisheit des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini
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abgestreift hatte, unter dem er nichts trug außer einem ledernen Lendenschurz, sprang der dunkelhaarige Jüngling auf den Altar. Neben seinen Füßen spritzte das Blut auf. Er wandte sich zum Helgrind. Im Rhythmus der Eisenglocken zitterte und bebte er wie unter einem Anfall von schweren Krämpfen. Der Kopf schleuderte wild herum, Schaum sammelte sich in seinen Mundwinkeln, die Arme wedelten wie Schlangen. Schweiß rann ihm über den nackten Leib, bis er im schwindenden Licht glänzte wie eine Bronzestatue.
    Bald erreichte das Läuten ein rasendes Tempo und die Töne verschmolzen miteinander. Das war der Moment, als der Jüngling eine offene Hand hinter sich streckte, in die ein Priester den Knauf einer bizarren Waffe gleiten ließ: einschneidig, zweieinhalb Fuß lang mit einem geschuppten Heft, kurzer Parierstange und einer flachen Klinge, die sich zur Spitze hin verbreiterte und einen leichten Wellenschliff aufwies; sie erinnerte entfernt an eine Drachenschwinge. Es war ein Werkzeug, das nur zu einem einzigen Zweck geschaffen worden war: um durch Rüstungen, Knochen und Sehnen so leicht zu schneiden wie durch einen prall gefüllten Wasserschlauch.
    Der junge Mann hob die Waffe und zeigte damit auf den höchsten Gipfel des Helgrind. Dann sank er auf ein Knie nieder und ließ die Klinge mit einem irren Schrei auf sein rechtes Handgelenk herabschnellen.
    Blut bespritzte die Steine hinter dem Altar.
    Eragon zuckte zusammen und wendete sich ab, konnte den gellenden Schreien des Jünglings jedoch nicht entfliehen. Nicht dass Eragon Ähnliches nicht schon im Kampf gesehen hätte, aber es schien falsch zu sein, sich freiwillig zu verstümmeln, wo doch das Leben jeden Tag genug Gefahren für einen bereithielt.
    Grashalme raschelten, als Roran sein Gewicht verlagerte. Er stieß einen leisen Fluch aus, der in seinem Bart verhallte, dann verfiel er wieder in Schweigen.
    Während ein Priester die Wunde des jungen Mannes versorgte - er stillte die Blutung mit einem Zauber -, winkte ein Messdiener zwei Sklaven von der Sänfte des Hohepriesters heran und legte ihre Fußknöchel in Eisenschellen, die am Altar befestigt waren. Dann zogen alle Messdiener zahlreiche kleine Päckchen unter den Gewändern hervor und stapelten sie auf dem Boden, außerhalb der Reichweite der beiden Sklaven.
    Damit endete die Zeremonie. Die Priester und ihr Gefolge verließen den Helgrind in Richtung Dras-Leona, sangen den ganzen Weg über und läuteten ihre Glocken. Der nun einhändige Eiferer folgte gleich hinter dem Hohepriester. Ein seliges Lächeln lag auf seinem Gesicht.
     
    »Also«, sagte Eragon und stieß den angehaltenen Atem aus, als die Prozession hinter einem Hügel verschwand.
    »Was also?«
    »Ich habe lange Zeit bei Zwergen und Elfen verbracht, aber nie habe ich so etwas Absonderliches erlebt wie das, was diese Leute, diese
Menschen,
 tun.«
    »Sie sind so grausam wie die Ra’zac.« Mit dem Kinn deutete Roran auf den Helgrind. »Kannst du jetzt herausfinden, ob Katrina in dem Berg steckt?«
    »Ich versuche es. Aber halte dich bereit, auf der Stelle zu fliehen.«
    Eragon schloss die Augen und schickte nach und nach seinen Geist aus, ließ ihn von einem lebendigen Wesen zum nächsten wandern wie Wasser, das durch Sand sickert. Er berührte geschäftig wimmelnde Insektenstaaten, zwischen warmen Steinen verborgene Echsen und Schlangen sowie verschiedene Gattungen von Singvögeln und zahllose kleine Säugetiere. Eifrig bereiteten sich Insekten und Tiere auf die schnell herannahende Nacht vor, indem sie sich in ihre diversen Höhlen zurückzogen oder - dies galt für die nachtaktiven Geschöpfe - gähnten, sich streckten oder sonstwie anschickten, auf Jagd und Futtersuche zu gehen.
    Eragons Fähigkeit, das Bewusstsein anderer Lebewesen zu berühren, nahm mit zunehmender Entfernung ab wie seine anderen Sinne auch. Als seine geistige Erkundungstour den Fuß des Helgrind erreichte, konnte er nur noch die größten Tiere wahrnehmen, und selbst die nur schwach.
    Er ging mit allergrößter Behutsamkeit vor, stets darauf gefasst, sich in Sekundenschnelle zurückziehen zu müssen, falls er auf den Geist der Gesuchten stieß: den der Ra’zac und der Lethrblaka - der gigantischen Flugrösser, die gleichzeitig die Eltern der Finsterlinge waren. Eragon war nur deshalb bereit, sich auf diese Weise zu zeigen, da die Gattung der Ra’zac nicht über Magie verfügte und er nicht glaubte, dass sie Geistbrecher waren: Nicht-Magier, die mithilfe von

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